Technik > Tech-Talk Design & Konzepte
Phasenumkehrstufe - Bedeutung des Eingangs-Cs auf der Masseseite
darkbluemurder:
Liebe Röhrenfans,
wie es das Thema schon sagt, geht es mir um den selten diskutierten Eingangs-C auf der Masseseite.
Valve Wizard schreibt hierzu:
The decoupling capacitor for the second grid (Cg2) must pass all frequencies to ground (down to 1Hz ideally), and can be found in exactly the same way as the input capacitor, although the fairly universal value of 100nF is usually suitable. In this case it will decouple down to 1.7Hz, which is sufficient.
Eine Begründung, warum das so sein muss, fehlt leider.
Randall Aiken schreibt hierzu:
A 0.1uF cap should be used on the second input, the grounded grid side for best low frequency balance, and the "standard" 1Meg resistors can be used for the grid bias resistors.
Auch hier leider keine Begründung. Insbesondere ist mir nicht klar, wie sich das auf die low frequency balance auswirkt, wenn er dann im nächsten Satz als Eingangs-C auf der Signalseite nicht mehr als 0,005uF vorschlägt.
Die beiden zitierten Aussagen erklären zwar, wieso dieser C bei fast allen Amps, die eine Gegenkopplung in der Endstufe haben, einen Wert von 100nF hat. Schaut man sich dagegen viele Amps ohne Gegenkopplung an (insbesondere Vox und Matchless), fällt auf, dass dieser C immer mit dem Eingangs-C auf der anderen Seite (der Signalseite) identisch ist.
Wie sind da die Zusammenhänge? Und vor allem: was ist die Auswirkung, wenn ich den C auf der Masseseite größer oder kleiner mache?
Für weiterführende Hinweise wäre ich sehr dankbar.
Viele Grüße
Stephan
Michim1:
Hallo Stephan,
ich hab mal als Beispiel die PI-Stufe eines Hotcat-30 simuliert -> mit/ohne Grounding Cap (C3 im angehängten Schematic).
Im correct-Fall (mit C3) teil sich die Eingangsspannung nahezu gleichmässig über die beidem Gitter-Kathodenstrecken bzw die beiden 1Meg-Widerstände die das Gitterpotential
festlegen auf. Dies führt dazu das sich das gemeinsame Kathoden-Potential (vk) praktisch nicht ändert. Man sprcht hier davon das hier eine virtuelle Masse entsteht.
Der Grund ist, dass wenn beide Röhren gleichmässig aber phasenverdreht (was eben durch die Spannungsaufteilung über den beiden 1M-Widertänden passiert-> vg1-vm = vm-vg2) ausgesteuert werden,
eine Stromerhöhung durch eine Triode durch eine gleichgrosse Stromverminderung durch die andere Triode kompensiert wird. Der Strom durch den gemeinsamen Kathodenwiderstand (R6 und auch R5),
bleibt also einigermassen konstant. Für die Verstärkung hat diese virtuelle Masse den Effekt, das dadurch, dass die Kathoden jetzt quasi auf Mass liegen, man eine recht hohe Verstärkung hat, weder R6 noch R5 wirken für das Signal als Gegenkopplung.
Im wrong-Fall (ohne C3) hängt das Gitter der Triode 2 in der Luft, es kommt nicht zur Aufteilung der Signalspannung über die beiden Gitter-Kathoden-Strecken. Die rechte Triode bekommt kaum Eingangssignal, dementsprechen kommt an ihrer Anode kaum Signal raus. Aber auch an der ersten Triode kommt jetzt nur noch sehr wenig Spannung raus, denn da durch die rechte Triode kein Signal-Strom mehr fliesst,
kann keine virtuelle Masse mehr entstehen, und dadurch wirkt jetzt R6 und vor allem R5 als starke Gegenkopplung für die linke Triode, was dazu führt dass hier die Verstärkung stark abgenommen hat.
Der Grounding -Cap muss also für alle Eingangsfrequenz ausreichend niederohmigen Blindwiderstand (d.h. ausreichend hohe Kapazität) haben, dass es immer zur halbwegs gleichmässigen Signal-Spannungsaufteilung über beide Gitter-Kathoden-Strecken kommt. O0
Gruss
Michael
Ramarro:
Hallo Stefan,
ich versuch's mal etwas einfacher.
Die Schaltung ist im Prinzip ein Differenzverstärker, was bei der Anwendung als Phasensplitter/teiler (jede Katodenbasisschaltung ist auch eine Phasenumkehrstufe ...) aber in dieser Funktion nicht genutzt wird und auch gar nicht werden soll. Daher darf am "anderen" Eingang keinerlei Signal stehen (hochohmige Eingänge fangen sich ja ganz gern irgendwas ein), da dieses das Nutzsignal durch besagte Differenzbildung verfälschen würde, daher muss der Kondensator also ausreichend groß bemessen werden, damit das auch noch bis zu tiefsten Frequenzen hin gewährleistet ist.
Am eigentlichen Signaleingang dagegen können 500 pF für Gitarre schon durchaus reichen (ohne das jetzt genau nachrechnen zu wollen), denn wegen der Stromgegenkopplung durch den hohen Rk ist der Eingangswiderstand deutlich höher als bei üblichen Katodenbasisschaltungen, so dass man beim Koppel-C mit kleineren Werten auskommt. Was ja auch für Anodenbasisschaltung und Katodynschaltung gilt.
Grüße,
Rolf
Michim1:
Hallo Ramarro ,
Wie du richtig bemerkst handelt es sich um einen Differenzverstärker.
Der Kondensator am unbenutzten Eingang dient aber keineswegs dazu irgendlwelche Einstreuungen abzuwehren, sondern ist wie schon beschrieben dazu da, dass sich das Eingangssignal einigermassen gleichmässig auf die beiden Gitter-Kathodenstrecken aufteilen kann (wie man in den Simu-Bildern sehen kann). Man kann rechnerisch zeigen dass beide Teilspannungen nicht exakt gleich gross sind.
Fehlt dieser Kondansator, ist die Signalspannung an den beiden Gittern praktisch identisch, man könnte jetzt sogar die rechte Triode rausnehmen, ohne dass sich am Signal der linken Triode gross was ändern würde (Ausgangsspannung nimmt noch etwas ab, da der DC-Strom durch die rechte Triode fehlen würde). :)
Grüsse
Michael
Ramarro:
Hallo Michael,
es ist einzusehen, dass Erklärungen nicht beliebig kurz ausfallen dürfen, da dann doch irgendwas auf der Strecke bleibt. :)
Die Einstreugefahr war als zusätzlicher Hinweis zu verstehen, den Kondensator nicht beliebig weit von der Röhre entfernt anzuordnen, nicht als eigentlicher Grund. Da es sich bei dem rechten System ja um eine Gitterbasisschaltung handelt, war ohnehin (wohl zu) klar, dass das Gitter wechselspannungsmäßig auf Masse liegen muss.
Grüße,
Rolf
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
Zur normalen Ansicht wechseln