Technik > Tech-Talk Amps
19 Watt aus einer EL34
Martin M:
Moinmoin zhusammen,
irgendwie ist gestern ein direkt nach meinem Posting erstellter Text verlorengegangen:
Die theoretische Betrachtung oben gilt so für Leistungsanpassung (Innenwiderstand der Röhre = transformierte Lautsprecherimpedanz). Durch die genau deshalb angewandte Unteranpassung kann der Wirkungsgrad theoretisch auf 0,5 gesteigert werden, wenn entweder der Lautsprecher unendliche Impedanz, oder die Röhre einen Innenwiderstand von 0Ohm hat. Beides ist in der Praxis unmöglich, Wirkungsgrade von runden 40% so aber realisierbar. Die inzwischen erfolgten Postings haben dahingehend Recht.
Über die Art des aktiven Schaltelementes ist dabei übrigens nichts ausgesagt. Diese Betrachtungen sind vollkommen unabhängig von Steilheit, Ansteuerung, Schaltung etc. Sie gelten sogar für jedes Bauteil, das an einer transformatorischen Last analog verstärkt, also für Trioden, Pentoden, bipolaren Transistoren, FETS, selbst für ein Poti, dem man durch rhythmisches Drehen einen Sinus beibringt. Alle diese Teile haben maximale Verlustleistungen, Innenwiderstände, Wirkungsgrade, die sich genau so verhalten.
In der Praxis kommen dazu noch Grenzen der Aussteuerbarkeit sowie real existierende Bauteile: Die Theorie nimmt dagegen
- gerade Kennlinie zwischen 0 und Maximalwert im Ausgangskennlinienfeld (Ua/Ia)
- idealen Trafo (kein Primärwiderstand, keine Verluste, keine Phasenverschiebung)
- idealen Lautsprecher (konstante, rein ohmsche Impedanz)
an. Außerdem begrenzt der praktisch immer vorhandene Kathodenwiderstand den Aussteuerbereich noch einmal. Gegen diese Begrenzung hilft auch der überbrückende Kondensator nicht!
Leider bleibt daher von den theoretisch möglichen runden 40% nicht mehr allzu viel übrig, die guten 6 Watt bei - auch für Gitarristen - annehmbarer Verzerrung lassen sich mit den üblichen EL34-Schaltungen auch messen (Zweistrahl-Oskar, Eingang und Ausgang übernanderlegen und gucken, wie lange das noch "ähnlich" aussieht).
Die größte SE-Endstufe ohne Spezialteile, die ich jedoch nur vom Hörensagen kenne, ist von Michael Haas (Experience) und nutzt eine 6550 oder KT88 (PAmax = 35W), die er wegen der besseren Aussteuerbarkeit mit fester Gittervorspannung und sehr kleinem Kathodenwiderstand versieht. Die angegebenen 20W als auch nur im Rahmen der HiFi-Norm zulässige Dauerleistung (10 Minuten und ohne Schaden...) sind sicher übertrieben.
Die 10W, die sie mit 0,5% Klirrfaktor leisten können soll, wird auch die maximal zerstörungsfrei realistische Sinusleistung sein.
Unabhängig davon sind 6W an einem guten Gitarrenlautsprecher sehr, sehr laut, und der Klang ist sicher auch prima. Mir geht es nur um diese völlig unnötigen, blöden, unrealistischen Marketing-Aussagen bezüglich der Sinusleistung.
Martin
Hardcorebastler:
Hi,
die Experience KT88 SE Endstufe mit einer KT88 und ca. 35 W Anoden-Gitter Verlustleisung hat 13 W als Clipping Grenze,
der K ges an 8 Ohm bei 1 Watt ist 0,45%,die Version mit 2x KT88 hat 20 Watt,
ansonsten stimme ich dir voll zu :)
Jörg
dukesupersurf:
Hallo Leute,
meiner Erfahrung nach kommt aus einer 6550 nicht erwähnenswert mehr raus (nur weil im Datenblatt mehr Verlustleistung als bei el34 angegeben ist),wenn man sie an Stelle einer EL 34 imselben amp reinsteckt.
Sie müßte dafür den doppelten Strom ziehen ( als wenn jetzt 2 El34 parallel laufen) und der Speaker gezielt neu angepasst werden.
Und wann ist das der Fall? Wenn mind. das Bias extrem heißer gestellt ist.
Damits aber wirklich die doppelte Leistung wird (beimgleichen Klirr) vermute ich mal,müßte auch die Anodenspannung viel höher werden.
tschüß,Thomas
chipsatz:
Hallo,
ich habe noch einen Nachtrag zu dem Thema.
Habe gestern mal meinen TT66 mit Endröhre 6L6 an das NF-Leistungsmessgerät angeschlossen. Signal war 1kHz Sinus. Auf dem Oszi ist der Speakerausgang zu sehen.
Das erste Bild zeigt die clipping-Grenze so bei 6W.
Auf dem zweiten Bild ist nahezu maximale Aussteuerung zu sehen, ca 13W.
Dann habe ich noch die Netzspannung von 230V auf 240V hochgedreht, Ergebnis über 14,5W.
Ich denke wenn man es darauf anlegt, schafft man sicher auch noch 19W. Ihr seht, es ist also gar nicht so abwegig. Und von 19w vor der clipping-Grenze war doch auch nie die Rede, oder ;D? Bei der EL34 wird es sicher ähnlich sein.
Gruß mike
Martin M:
Moinmoin zusammen,
erstens wird man in der selben Schaltung mit einer "dickeren" Röhre niemals mehr Leistung bekommen, als mit der "richtigen".
Das gilt für jeden/b] Schaltungsentwurf, es sei denn, der Entwickler hat geschlampt.
Im konkreten Fall der SE-Schaltungen (Class-A-Endstufen) wird die maximale Leistung im groben von der Kombination Netzteil/Endröhre bestimmt, die aufeinander abgestimmt sein müssen (Faustregel: Arbeitspunkt im Ausgangskennlinienfeld bei halber Anodenspannung so, dass die maximale Anodenverlustleistung, die man tolerieren will und kann, anfällt).
Durch Einsetzen einer anderen Röhre - auch wenn sie "dicker" ist - bleibt im besten Fall die Nutzleistung gleich, im allgemeinen vermindert man die Nutzleistung sogar, weil der Arbeitspunkt nicht mehr in der Mitte der Kennlinie liegt und sich daher Verzerrungen früher als notwendig einstellen. Ob man als Gitarrist das sogar wünscht, ist dabei eine ganz andere Frage...
zweitens eine Frage an Mike:
Wie hast du die Ausgangsleistung berechnet? Die Berechnung der Sinusleistung funktioniert nur mit mindestens annähernd sinusförmigen Spannungen und Strömen, da ansonsten die Leistungsformel nicht mehr stimmt, nach der die Ausgangsleitung aus der Amplitude der Spannung errechnet wird (Uquadrat / R mit U = Effektivwert bzw. am Oscar Schwingungsweite quadrat / 8R).
"Rechtecke" nutzen die Amplituden anders aus: Im Idealfall ist entweder die an der Röhre abfallende Spannung oder der durch sie fließende Anodenstrom 0. Damit ist auch die Verlustleistung 0. So funktionieren übrigens Class-D-Endstufen, die man durchaus auch mit Röhren bauen könnte. Einen ersten Schritt dazu hast du getan, jetzt musst du "nur noch" die Frequenz massiv erhöhen, das Tastverhältnis mit dem zu verstärkenden Signal modulieren, einen Ausgangstrafo nehmen, der HF mit der von dir benötigten Leistung kann, danach noch filtern: voila
Der selbe Sachverhalt ist auch der Grund, warum es mindestens "sehr unfair" ist, Ausgangsleistungen von Class-A-Endstufen ohne Angabe des dabei entstehenden Klirrfaktors anzugeben ;)
Martin
Navigation
[0] Themen-Index
[#] Nächste Seite
[*] Vorherige Sete
Zur normalen Ansicht wechseln