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Eigenbau Amp - Auslegen der Gleichrichtung und Filterstufen

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Guten Tag zusammen,

ich habe vor einem Jahr einen 45W-Röhrenamp (Klasse AB) mittels eines Bausatzes gebaut und diesen ein wenig modifiziert. Über die Zeit habe ich mich mit dem Thema Röhrenamps theoretisch und praktisch beschäftigt und möchte nun anfangen einen eigenen Amp auszulegen.
Mein Ziel ist es einen Single Enden Klasse A Verstärker zu bauen mit zwei mal ECC83 in der Vorstufe und eine EL84 in der Endstufe. Die Ausgangsleistung soll schließlich 5Watt betragen.

Nun beschäftige ich mich mithilfe von Herrn Blencowe's "Designing Power Supplies for Valve Amplifiers" und "Design Tube Preamps for Guitar and Bass" mit der Gleichrichtung und Filterung der Anodenspannung. Zur Erzeugung der Hochspannung benutze ich den TT Toroidal Power Trafo 56VA
( https://www.tube-town.net/ttstore/Transformer/Power-Transformer/Toroidal/Toroidal-56VA::4908.html ). Dieser kann mir an der Sekundärseite 300V und 0,1 A liefern.
Die Hochspannung möchte ich mittels Brückengleichrichter, gebaut aus 1N4007 Dioden gleichrichten. Den Glättungskondensator habe ich nach Herrn Blencowe zu 100uF ausgelegt. Dabei bin ich von einem Laststrom von 0,1 A ausgegangen. Ich denke für die drei Röhren ist dieser deutlich geringer, somit bin ich damit auf der sicheren Seite.

Nun komme ich zu meinem Problem: Ich möchte die Spannung nun mit RC-Filtern weiter glätten. Die Grenzfrequenz soll dabei zwischen 0 und 1 Hz (auch nach Blencowe) betragen. Allerdings möchte ich als glatte Hochspannung auch 300V zur Verfügung haben. D.h. der Spannungsabfall über den Serienwiderständen des Filters soll möglichst gering sein.
Wenn ich nun einen Serienwiderstand von 1k wähle und eine Grenzfrequenz von 1Hz muss der Kondensator des Filters 160uF betragen. Dies ist irgendwie ziemlich groß.
Außerdem wäre der Spannungsabfall über R=1k bei 0,1A -> U = 1k * 0,1A = 100V. Das wäre auch was viel..

Wenn ich den Widerstand deutlich kleiner mache dann benötige ich irgendwann riesige Kondensatoren. Bei meinem ersten 45W Verstärker wurde mit Filtern mit C=32uF und R=10k geglättet.  Da dürfte es doch für einen Miniverstärker wie ich es plane nicht nötig sein, so riesige Kondensatoren zu benutzen oder? Ich mache da wohl noch einiges falsch in der Auslegung, vielleicht kann mir ja jemand einen Tipp geben, woran meine Überlegung scheitert.
Ich bin für jede Hilfe dankbar!


achja: Simulation mit LTSpice klappt bei mir noch nicht so ganz, weil ich den Trafo dort noch nicht zusammenbasteln kann...
« Letzte Änderung: 29.06.2018 10:27 von brötchenbitteohnekümmel »

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Offline Striker52

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Hi,
mit dem von dir gewählten Trafo kommst du nach der Gleichrichtung auf ca. 400V DC! Für die EL84 wären 250V bis 300V geeignet. 100V oder mehr bekommst du mit einem Widerstand vernünftigerweise nicht verbraten. Die bei Trafos angegebene Sekundärspannung ist immer AC. Bei Gleichrichtung und dickem Kondensator erreicht die DC-Spannung theoretisch den 1,4-fachen Wert (Spitzenspannung der AC-Spannung), in der Praxis den ca. 1,3-fachen Wert.  Also musst du dir erst mal einen anderen Trafo aussuchen. Bezüglich Stromverbrauch empehle ich die Datenblätter der vorgesehenen Röhren zu studieren.
Ansonsten empfehle ich dir, dass du zunächst bekannte Schaltungen von Single-End EL84 Verstärkern anschaust, bevor du einfach draufloslegst. Z.B.: https://www.tube-town.net/cms/?DIY/LoW-Projekte/Jim

Gruß Axel
« Letzte Änderung: 29.06.2018 10:45 von Striker52 »

Hallo Axel,

vielen Dank für die schnelle Antwort!! Das Projekt ist genau, was ich brauche, danke Dir!
Nur eine kurze Nachfrage: die Sekundärspannung ist also immer der Effektivwert der Spannung, das heißt gleichgerichtet bekomme ich den Wert multipliziert mit sqrt(2) raus als erste Näherung?
100V über einen Widerstand verbraten klingt für meinen Geschmack auch nach Quatsch... aber wo war denn der Fehler in meiner Überlegung?
Und noch eine Frage bzgl Stromverbrauch: Ich rechne die Ströme der Röhren zusammen, die ich am gewählten Arbeitspunkt habe oder? Im Datenblatt der EL84 steht Ia = 48mA beim Klasse A Verstärker. Bei der ECC83 wäre Ia = 1.2 mA . Insgesamt wären es ja dann 48mA + 4x1.2mA (weil zwei Doppeltrioden ) = 52,8mA. Ist das als erste Näherung ein geeigneter Wert?

Vielen Dank für Deine schnelle Hilfe! 

A pro pos: Das TT-Modul zur Spannungsversorgung bei dem Projekt habe ich gesehen, da wird auch ein 100uF Kondensator als Reservoirkondensator genutzt, d.h. bei einer Grenzfrequenz von 1Hz wäre der Widerstand ungefähr R = 1k5...
« Letzte Änderung: 29.06.2018 11:07 von brötchenbitteohnekümmel »

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Offline Laurent

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Moin,

Wenn du mit Spice noch nicht begabt genug bist, kannst du schon mal den PSU-Designer von Duncan herunterladen. Es hilft schon die grobe Richtung zu definieren.
Wie mein Vorredner geschrieben ist, sind DC und AC-Spannungen 2 verschiedene Sachen, genauso wie DC und AC-Strom, wenn man die Größe des Trafos definieren muss. Hammond liefert in deren Katalog einige Tipps darüber. Bei Gleichrichtung, Idc = Iac / 0,6, wenn ich mich nicht irre. Kann man auch mit Formeln demonstrieren, die Gleichung habe ich mir aber im Gehirn "gebrannt".
Die Trafo-Angaben sind immer AC und die Vac-Angabe ist bei max. Stromauslastung Iac angegeben.

Da du hier schon mal klar definiert, was du haben willst, brauchst du wie du es gemacht hast, den Arbeitspunkt der Röhre zu definieren. Es fängt erst mit der Spannung an. In dem Fall einer Tetrode/Pentode, solltest du auch die Schirmgitterspannung in Betracht ziehen. De EL84 wird sich zwischen 250-300V für Ub und Ug2 wohl fühlen. Der Jim verwendet den TT-TKT 30VA und liefert für so eine Schaltung ca. 250-260Vdc. So einer würde ich auch nehmen.
Danach kommt direkt der Auswahl vom Ausgangübertrager. Für einen ersten Aufbau "from scratch" würde ich schon auf die Datenblätter schauen und auf bewährte Schaltungen zurückgreifen. Im Jim ist Ug2 auf ca. 200V heruntergesetzt. Somit lässt sich die Röhre mit gespiegeltem 5k Primärimpedanz betreiben. Die niedrige Ug2 bringt bestimmt auch die EL84 eine schöne Neigung zur früher Verzerrung, was im Jim ja gewollt ist.
Von daher mein Vorschlag: Schaue dir den Jim genau an und baue drauf an, zumindest für die Endstufe.

SE-Endstufen sind naturgemäß sehr empfindlich mit Brummen. Das erfordert gutes Sieben der Anoden- und der Schirmgitterspannung. In meinen SE-Schaltungen gibt es nun  immer einen Siebglied bevor ich zur Anode gehe. Im Jim ist es auch so gemacht (GR > 220uF > 470R/100uF > Anode). Bestens ist sogar eine kleine Drossel anstelle des 470R zu haben, wenn man zu Perfektionismus tendiert.

Ich hoffe, es hilft dir weiter.

Gruß,
Laurent

Hallo Laurent,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort! Ich versuche Diese mal Punkt für Punkt abzuarbeiten:

-AC und DC Strom sowie Spannung sind nicht das Gleiche, das sehe ich nun ein ;)
- nur für mich zum Verständnis:
  Der Ringkerntrafo 30VA liefert maximal 200V @ 0,1 mA AC d.h. es könnte nach Gleichrichtung ca 260V @ 0,16mA sein, richtig?
- ich brauche also einen Trafo, der mir 250-300V Gleichspannung erzeugt. Ich würde da lieber den 47VA Ringkerntrafo nehmen, weil ich für die Vorstufe unbedingt 300V zur Verfügung haben möchte. Ist meine Auswahl somit sinnvoll?
- den Laststrom der Röhren beträgt insgesamt ca 54mA (aus meiner vorigen Antwort). Das Auslegen der Endstufe werde ich an den JIM anlehnen, vielen Dank hierfür!!
- einen Ausgangsübertrager habe ich bereits da, da nehme ich den VDV5006-SEE.

Was ich jedoch immer noch nicht verstehe (hier stelle ich mich wohl echt blöd an..):
Der VA47 liefert mir 250V @0.1A AC -> 350V @ 0.16A DC. Als Reservoirkondensato wähle ich einen 100uF Kondensator. Nun möchte ich beispielsweise zwei RC-Filter zum Glätten hinterher bauen. Wenn am Ende 300V übrig bleiben sollen, darf ich über jeden Serienwiderstand des Filters höchstens 25V Spannungsabfall haben.
Hier errechne ich, dass der Widerstand dann R = 25V / 0.054A = 463 ohm bzw 470 ohm sein soll. Wenn ich damit aber die Grenzfrequenz des Filters auf 1Hz festlege (wie bei Blencowe empfohlen), dann beträgt mein Kondensator 340uF. Das ist ziemlich viel!

Irgendwo geht da meine Rechnung bzw Überlegung nicht auf... Vielleicht ist die Lösung ja sehr einfach, aber bei mir will der Groschen einfach nicht fallen.. Hilfe hierzu wäre sehr lieb!!

Liebe Grüße,

Max

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Offline dimashek

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-Der Ringkerntrafo 30VA liefert maximal 200V @ 0,1 mA AC d.h. es könnte nach Gleichrichtung ca 260V @ 0,16mA sein, richtig?

 -Der VA47 liefert mir 250V @0.1A AC -> 350V @ 0.16A DC.

 -Wenn ich damit aber die Grenzfrequenz des Filters auf 1Hz festlege (wie bei Blencowe empfohlen), dann beträgt mein Kondensator 340uF. Das ist ziemlich viel!
1,2) EnergieErhaltungssatz beachten!  :) 
3) Bei 1Hz Grenzfrequenz hast du etwa 40dB Dämpfung bei 100Hz (bei RC 1. Ordnung  = 20dB pro Dekade)
 Du hast 2 RC Filter, also 2.te Ordnung (40dB pro Dekade). Das würde (bei 1Hz Grenzfrequenz) etwa 80dB Dämpfung bei 100Hz bedeuten, 40dB mehr im Vergleich zum einfachen RC 1. Ordnung.

Und jetzt kommts ;) - Um die Gleiche Dämpfung (40dB bei 100Hz) bei 2 RCs zu erhalten, dürfen die Cs faktor 10 kleiner sein! Also 470 Ohm/33u + 470 Ohm/33u dämpfen 100Hz genau so gut, wie 470 Ohm/330u!     >:D

Generell ist diese Annahme schon sehr komisch. Einfach den RC auf 1Hz, ohne Stromverbrauch der Schaltung / Art der schaltung (SE, Triode/Pentode) zu berücksichtigen.
Je größer dein Strom, desto höher müssen Kapazitäten gewählt werden, um die Gleiche Restwelligkeit der Spannung zu gewährleisten.
Diese Restwelligkeit darf bei PP-Pentode deutlich höher sein, als z.B. bei Triode. 
Das passende Begrif dazu ist PSRR (power supply rejection ratio) Je nach Schaltung werden die Störungen an Versorgungsspannung mehr oder weniger unterdrückt.


Hallo Dimashek,

vielen Dank für die Antwort!! Dein Tipp hilft mir sehr gut weiter! Die Kapazität auf ein Zehntel runter schrauben klingt gut, darf ich fragen woran diese Gesetzmäßigkeit liegt? Wie würde sich das fortsetzen , wenn ich drei oder vier RC Filter verwenden möchte?

Generell ist es mein Ziel die Filterung so auszulegen, dass die Anodenspannung für alle drei Röhren ziemlich glatt ist. Ich möchte daher erst nach allen Filterstufen die Anoden bzw Gitter versorgen anstatt nach einem Filter zur Pentode, nach dem zweiten zur zweiten Vorstufenröhre und nach der dritten Filterstufe zur Eingangsröhre zu gehen. Oder wäre das vielleicht doch schlauer?

Bezüglich der Energieerhaltung:
Die DC Spannung nähere ich mit V_AC * sqrt(2) = V_DC an. Energieerhaltung müssten ja bedeuten, dass der Strom dann um den Faktor 1/sqrt(2) kleiner wird, oder? Dies deckt sich jedoch nicht mit der Antwort von Laurent, dass Idc = Iac / 0,6 ist, oder ist hier einfach nur was durcheinander geraten und es soll heißen I_dc = I_ac * 0.6 ( 0.6 ist ungefähr 1 / sqrt(2) ) ?


Vielen Dank für die Hilfe! Großartiges Forum hier :)
 

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Offline dimashek

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-Die Kapazität auf ein Zehntel runter schrauben klingt gut, darf ich fragen woran diese Gesetzmäßigkeit liegt?

-Generell ist es mein Ziel die Filterung so auszulegen, dass die Anodenspannung für alle drei Röhren ziemlich glatt ist. Ich möchte daher erst nach allen Filterstufen die Anoden bzw Gitter versorgen anstatt nach einem Filter zur Pentode, nach dem zweiten zur zweiten Vorstufenröhre und nach der dritten Filterstufe zur Eingangsröhre zu gehen. Oder wäre das vielleicht doch schlauer?

-Bezüglich der Energieerhaltung:
Die DC Spannung nähere ich mit V_AC * sqrt(2) = V_DC an. Energieerhaltung müssten ja bedeuten, dass der Strom dann um den Faktor 1/sqrt(2) kleiner wird, oder? Dies deckt sich jedoch nicht mit der Antwort von Laurent, dass Idc = Iac / 0,6 ist, oder ist hier einfach nur was durcheinander geraten und es soll heißen I_dc = I_ac * 0.6 ( 0.6 ist ungefähr 1 / sqrt(2) ) ?
1) Hat sich aus der Tatsache ergeben, dass die Grenzfrequenz 1Hz angenommen wurde.
Etwas Mathe: RC Filter 1.Ordnung bedeutet Frequenzabfall mit 20dB pro Dekade. Also 20dB bei 10Hz, 40dB bei 100Hz!
Nimmt man die 2. Ordnung, hat man 40dB pro Dekade. Also reichen hier 10Hz Grenzfrequenz, um auf die selben 40dB Dämpfung bei 100Hz zu kommen.

Also ein Sprung von 1Hz auf 10Hz -> Kapazitätsverkleinerung um Faktor 10.

2) Die Kapazitäten dienen auch als Puffer/blocking caps für jeweilige Stufen. Alle Stufen vom selben Elko zu versorgen würde zu zu viel Übersprechen führen, könnte in worst case auch zu Unstabilität führen (Begriff motor boating)
Im Idealfall hat jede Stufe einen eigenen Elko, mit genug Widerstand davor, (Entkopplung der Versorgungsspannung von anderen Stufen)
Also - 2 RC Filter, dann Endstufenanode, RC - zweite Doppeltriode, RC - erste Doppeltriode.
Ob alle RCs zum Preamp in Reihe liegen, oder parallel - ist dir überlassen.

3) Sollte *0.6 heißen. Man nimmt nicht 1/SQRT(2) = 0.707, weil der Strom bei der Gleichrichtung ziemlich stark pulsiert und nicht wie bei AC sinusförmig ist. Der Trafo wird dadurch deutlich mehr belastet.
« Letzte Änderung: 29.06.2018 15:37 von dimashek »

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Offline dimashek

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..

Herzlichen Dank für die Erklärung!
Mein Groschen ist gefallen ;) Ich denke, dass ich damit arbeiten kann um die Filter weiter auszulegen.
Ich werde nun von meinem Plan abweichen, jede Röhre von einem Elko zu versorgen.


Vielen Dank dass Du und auch die anderen Mitglieder sich die Zeit für mich genommen haben!!

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Offline Laurent

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  • Nichts ist unmöglich
Moin,

Idc und Iac vertauscht  :facepalm:

Gruss
Laurent
« Letzte Änderung: 29.06.2018 16:48 von Laurent »