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Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100

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Offline QOTSA_Lover

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Hallo Zusammen

Ich habe momentan ein ziemliches Problem mit einem Plexi100 Nachbau. Pate war mein original 1971er Super Lead, den ich eigentlich nur noch zu Hause spielen möchte.
Die Schaltung ist 1:1 ein klassischer Plexi aus der Metalpanel Ära.
Mein Nachbau ist klanglich ganz gelungen und ich bin sehr zufrieden mit dem Klon, habe jedoch ein technisches Problem:

Die Gitter der EL34 glühen hell auf. Kein Redplating sondern richtig schön oranges Gitterglühen analog zum eingegebenen Signal. Richtig schon hell.
V4 + V5 machen das deutlich stärker wie V6 + V7
Wenn ich mit dem PPIMV auf ca. 50% zurückfahre, dann geht das Glühen weg.

-   Die Schirmgitterwiderstände sind 1k 5Watt
-   Als Grid-Stopper an jeder Fassung ein 5k6
-   Trafos sind OT (1,8k Raa) und NT für einen Plexi100 von Tube-Town
-   Drossel ist eine 4H 110 Ohm von Hammond
-   BIAS ca. 50%

Der Trafo ist auf 230V verdrahtet, da die Heizspannung so bei 6,1VAC liegt (gemessen bei 231VAC Netz).
Anodenspannung ist bei ca. 485V. Ziemlich ähnlich zu meinem Original (477V). Die Gitter liegen statisch gemessen ca. 6 Volt unter der Anode. Ähnlich meinem Original.
Ich habe leider kein Oszilloskop und auch leider keinen Signalgenerator und könnte das auch ganz demütig gesagt gar nicht bedienen. Deshalb habe ich einfach mal versucht mit dem DMM zu messen während ich Gitarre spiele. Die Amps verhalten sich von den Werten her sehr sehr ähnlich. Ich meine damit das Absinken der Anoden- und Gitterspannung bei anliegendem Signal. Eine exakte Messung ist das leider nicht, aber ich wollte sehen, ob da irgendetwas signifikant anders ist bei meinem Nachbau. Durch den Vergleich ist mir dann aufgefallen, dass mein alter Plexi das ähnlich macht. Nicht derart heftig aber prinzipiell genauso.

Ich hätte dazu einige Fragen und würde mich freuen, wenn ihr mir das erklären könntet. Ich bin leider kein Profi aber lernwillig  ???

1.   Dieses Gitterglühen macht mein alter Plexi auch. Etwas weniger, aber er macht es. Ist das ein generelles Problem dieser Amps und einfach dem Design geschuldet? Wie sind da eure Erfahrungen? Lt. Datenblatt darf an Ug2 ja max. 8 Watt belastet werden. Ich denke das Glühen kommt vom Überfahren der Gitter? Daher habe ich mal den Spannungsabfall am Schirmgitterwiderstand gemessen. Da laufen bei Signal ca. 33 Volt drüber. Die Anodenspannung fällt auf 420V bei Signal. Somit komme ich da auf (33Volt / 1k x 420V) 13,86 Watt?!? Das müsste dann aber doch ein generelles Problem der Plexis sein, oder? Ich habe hier noch einen 50 Watter und einen 68er Nachbau vom Captain Körg (gehört nicht mir). Auch diese Amps haben dieses Gitterglühen. Der eine stärker, der andere etwas weniger. Aber alle haben es bei vollem Master und auf Volume 14-15 Uhr.

2.   Was mir auffällt: Bei meinem Original hat die Power-Lamp mit Signal so nen Dimmer-Effekt. Ich bin anfangs davon ausgegangen, dass der Trafo etwas mehr in die Knie geht als mein Original. Mein Klon macht das nicht, obwohl er ähnliche Spannungseinbrüche hat bei Signal. Gibt es da noch eine Variable die ich übersehe? Ich dachte zuerst, dass mein Klon eben etwas zu steif in der Endstufe ist bzw. immer so viel Leistung bereitstellt, dass da eben nichts einsackt. Und deswegen auch die Gitter glühen könnten. Beim Nachmessen mit dem DMM haben sie sich relativ ähnlich verhalten aber ich habe eben auch nur die Spannung gemessen und nicht die Stromstärke.

 
Was habe ich denn für Möglichkeiten dieses Problem in den Griff zu bekommen? Mir fallen da spontan zwei / drei Sachen ein ohne jetzt komplett die Kiste auf den Kopf zu stellen:

-   Schirmgitterwiderstände erhöhen
-   Flying Resistor statt einem Kabel zu den Gittern (ähnlich dem 1k bei nem JTM45)
-   Gitterspannung senken durch einen Widerstand parallel zur Drossel.

Aktuell habe ich mal versucht die Schirmgitterwiderstände auf 1k5 5W zu erhöhen. Gibt es da technisch gesehen irgendwelche Nachteile sofern der Sound noch passt? Hitze, etc.?
Mit den 1k5 Watt ist das Gitterglühen jetzt deutlich gemindert aber immer noch da. Wenn man in die Aussparungen der Anodenbleche guckt sieht man das Gitter immer noch aufglühen sobald man feste in die Saiten haut. Jetzt ist es aber fast unter dem Niveau meines alten Originals. Vermutlich wäre es mir so niemals aufgefallen. Davor hat ja die ganze Röhre richtig aufgeglüht. Jetzt sieht man es nur noch wenn man direkt in die Röhre guckt.

Gibt es einen Vorteil/Nachteil auch einmal einen Flying Resistor ala JTM45 zu probieren und die einzelnen Schirmgitterwiderstände bei 1k zu belassen?

Vielleicht kann mir jemand helfen wie ich dieses Problem so lösen kann, dass es technisch UND klanglich noch passt. Was mich auch etwas umtreibt, ob das nicht auch von HF Oszillation kommen kann? Mir wäre da nichts aufgefallen bisher aber das versteckt sich ja (ohne Oszi) oft ganz gut. Ich habe mir auch sagen lassen, dass die alten Marshalls da öfter mal Schwierigkeiten damit haben. Gerade oder wegen dem großen Bright Cap, nicht geschirmte Kabel, etc.. Ich kann bei meinem Klon das Bright Cap schaltbar und auch ohne Bright Cap glühen die Gitter wie blöde.

Eigentlich dürften die Gitter ja, soweit ich weiß, überhaupt nicht aufglühen. Aber es ist ein Plexi100 voll aufgerissen an der Powersoak. Inwieweit kauft man das also mit diesem alten Design mit? Bzw. klingt es dann noch nach Plexi wenn man die Schirmgitter soweit abwürgt, dass sie gar nicht mehr glühen? Bin da gerade etwas ratlos. Klaffen hier Lehrbuch und Praxis etwas auseinander oder wie sind da eure Erfahrungen? Zumal mein altes Original bisher nie Probleme gemacht hat und auch nicht wirklich Röhren frisst.

Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ihr mir helfen könntet, diese ganze Thematik etwas besser zu verstehen.
Ich hoffe ihr seid nachsichtig mit mir, wenn ich mich technisch nicht korrekt ausdrücken kann oder Denkfehler mache. Bin weiter fleißig am dazulernen.

Besten Dank


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Online Stahlröhre

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #1 am: 15.09.2021 15:36 »
Hallo,

ich denke in deinem Fall kommen hier mehrere Ursachen zusammen.

1. Marshall hat über die Jahre recht verschiedene Netztrafos verbaut. Einige sind spannungsmäßig steifer, andere brechen unter Last deutlich mehr ein.
Grundsätzlich kann man sagen je früher der Trafo gebaut wurde (Plexis 1966-1969) desto weicher. Die späteren Metalfront JMPs sind härter. Ich besitze selbst einen Plexi Klon dessen Trafo
sich an einem 66/67er orientiert und dieser bricht unter Vollast um fast 90V ein.
Bei den 50W Topteilen liegen die Spannungen in der Regel niedriger. Eher so im Bereich 420 bis 440V, was die Sache natürlich etwas entschärft.
Desshalb wundert es mich nicht, dass es bei deinem 100W 1971er Nachbau deutlich stärker zum Glühen kommt, als bei den anderen Modellen.

2. Dass die Pilot Lampe an der Front bei Vollgas dunkler wird ist recht normal. Wie gesagt die verbauten Trafos sind über die Jahre alle recht unterschiedlich gewesen dadurch wird ein Vergleich recht schwierig.

3. Wenn man die gängigen Datenblätter der EL34 mal durchschaut wird man sehen, dass die als Leerlaufspannung für G2 eher Werte zwischen 375 und 400V vorsehen.
Bei den Spannungen die man in den Marshalls vorfindet werden diese Empfehlungen, wie auch Vg2 max.=425V konsequent missachtet.
Man kann also durchaus behaupten, dass es sich eigentlich um einen Designfehler handelt. Früher mag das eben mit den damaligen Röhren durchaus noch geklappt haben und ein höherer
Verschleiss wurde einfach in Kauf genommen. Im Gegenzug kann man sich so eine zusätzliche Wicklung samt Gleichrichtung und Siebung sparen.

4. Bei HF- Oszillationen glühen eher die Anodenbleche. Da du ja 5.6kOhm an jedem Gitter hast wird ein Schwingen eigentlich verhindert. Was aber noch sein kann ist, dass die Anodenanschlüsse vertauscht wurden. Dann kommt es statt einer Gegenkopplung zu einer Mitkopplung und der Verstärker schwingt. Du könntest testweise mal die Gegenkopplung ablöten
und schauen ob sich etwas ändert.

Das die alten Marshalls durchaus mal schwingen können stimmt leider. Das hat vorallem damit zu tun, dass bei den 50W Tops keine Gridstopper verbaut waren.
Bei den 100ern hatten manchmal nur die äußeren Endröhren entsprechende Widerstände verbaut.

5. Auch dein Powersoak kann der Übeltäter sein insbesondere, wenn es ein reaktives Modell ist. Hast du eine andere Möglichkeit zum testen z.B. einen großen Lastwiderstand?

Ansonsten sind die Ansätze mit vergrößerten Schirmgitterwiderstand schon gut. Vielleicht probierst du sogar nochmal höhere Werte.
Bei einigen Powerscaling Schaltungen wird die Leistung über die Schirmgitterspannung eingestellt. Ich denke nicht, dass es da zu allzu großen Klangeinbußen kommen sollte, wenn du die Widerstände etwas erhöhst.

Wenn du einen Lastwiderstand in reihe zur Drossel einfügst musst du bedenken, dass auch die Spannungen in der Vorstufe verringert werden und es so zu einem etwas andern Klang/Verhalten kommen kann.

Eventuell wäre es für dich ja auch eine Option etwas das PPIMV zurückzudrehen und somit die Endröhren weniger hart anzufahren. Wenn du dich dazu entscheidest solltest du die Gegenkopplung umlöten, um wieder das originale Verhältniss herzustellen. Stock müsste das beim 71er 47kOhm am 4Ohm Abgriff sein, dann einfach auf 16Ohm umlöten.
Gruß,
Max

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Offline QOTSA_Lover

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #2 am: 15.09.2021 17:10 »
Hallo Max,

ich danke dir zunächst ganz herzlich für deine ausführliche Antwort. Das freut mich sehr!!!


1. Marshall hat über die Jahre recht verschiedene Netztrafos verbaut. Einige sind spannungsmäßig steifer, andere brechen unter Last deutlich mehr ein.
Grundsätzlich kann man sagen je früher der Trafo gebaut wurde (Plexis 1966-1969) desto weicher. Die späteren Metalfront JMPs sind härter. Ich besitze selbst einen Plexi Klon dessen Trafo
sich an einem 66/67er orientiert und dieser bricht unter Vollast um fast 90V ein.
Bei den 50W Topteilen liegen die Spannungen in der Regel niedriger. Eher so im Bereich 420 bis 440V, was die Sache natürlich etwas entschärft.
Desshalb wundert es mich nicht, dass es bei deinem 100W 1971er Nachbau deutlich stärker zum Glühen kommt, als bei den anderen Modellen.

Hab die Werte die ich mir notiert habe nochmal genauer angeschaut. Alles leider nur mit DMM und Gitarrensignal gemessen aber ich bekomme da ungefähr diese Werte:
Anode statisch: 490V
Anode Signal: 439V
Gitter statisch: 485V
Gitter Signal: 390V
Ua/Ug2 statisch: 5V
Ua/Ug2 Signal: 48V
Spannungsabfall Schirmgitter-R statisch: 3,7V
Spannungsabfall Schirmgitter-R Signal: 33V

Diese Werte finde ich nahezu identisch in meinem 71er wieder.

Die Grid-Stopper am Steuergitter habe ich sogar testhalber mal auf 10k erhöht. Da ändert sich nichts. Den NFB hatte ich auch mal abgeklemmt. Hat auch nichts gebracht. Den Widerstand der Drossel hatte ich auch mal künstlich erhöht, aber ich müsste da soweit runter, dass sich der Preamp spürbar/hörbar verändert.

Also werde ich wohl mal mit den erhöhten Schirmgitterwiderständen versuchen die Sache halbwegs in den Griff zu bekommen.

Ein paar Fragen hätte ich noch bei denen ich Hilfe benötige:

1. Wenn ich die Schirmgitter-Rs erhöhe, muss ich da auf irgendetwas anderes aufpassen? Hitzeentwicklung der Widerstände etc.? Hab mal gelesen, dass sich die zum Teil selbst ablöten vor lauter Hitze
2. Wie seht ihr den Einsatz eines gemeinsamen Schirmgitterwiderstands + einzelne an den Fassungen? Hiwatt hat das glaube ich so gemacht. 470Ohm als "common screen grid resistor" und dann nochmal 100 Ohm pro Fassung. Auch der JTM45 lt Schaltplan. Was hat das klanglich/technisch für Vor- und Nachteile?

Mein Plan wäre dann, die Schirmgitter so zu Drosseln, dass es halbwegs passt und die Gitter nicht mehr derart aufglühen wie bisher. Ich habe ja eigentlich nur noch Non-Master-Volume Amps und ich habe da mal, angestachelt durch dieses Problem, alle durchgespielt. Die machen das in einer gewissen Ausprägung alle. Auch die Fender Amps. Aber halt nicht so krass.

Dann werde ich zusätzlich mal mit 6CA7 und KT77 mein Glück versuchen.

Danke für den Tipp mit dem PPIMV.

P.S.: Kann ich eigentlich vor dem Kauf eines NTs erkennen, ob der recht steif agiert oder eher (wie manch alter NT) in die Knie geht? Ode ist das trial and error
« Letzte Änderung: 15.09.2021 17:19 von QOTSA_Lover »

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Offline QOTSA_Lover

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #3 am: 15.09.2021 17:17 »

5. Auch dein Powersoak kann der Übeltäter sein insbesondere, wenn es ein reaktives Modell ist. Hast du eine andere Möglichkeit zum testen z.B. einen großen Lastwiderstand?


Habe leider nichts anderes. Was mir nur einfällt: die POS100 hier aus dem Shop ist ja rein mit Widerständen aufgebaut (resistiv?) und mein UA OX glaube ich hat eine Spule mit drin, bin mir da aber nicht 100% sicher. Da habe ich an beiden das gleiche Problem.

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Online Stahlröhre

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #4 am: 25.09.2021 20:26 »
Hallo,

ich habe bei meinem Verstärker zurzeit keine Marshall Schaltung mehr verbaut. Ich hatte aber etwa 475 bis 480V als Anodenspannung.
Bei Last brach diese eher Richtung 400 Volt ein.
Wenn mich nicht alles täuscht müsste der Trafo in etwa einem Dagnall T2562 entsprechen/auf diesem basieren. Dem T2562, sowie dem Drake 1203-80 wird nachgesagt, dass sie unter Last stärker einbrechen als andere verbaute Typen.
Der Drake 1203-80 war der klassische Trafo in den 67er 100W Verstärkern. Der Dagnall kam ab Ende 67 und wurde etwa bis 1970 rum verbaut.

Bei den Drosseln gab es auch einige Unterschiede: Anfangs wurde eine von Radiospares verbaut mit 20H und etwa 690Ohm DC-Widerstand. Später kam dann die Drake 352-114 und
die Dagnall C1999. Sowohl die Drake, als auch die Dagnall haben 3H und ca. 110Ohm DC-Widerstand.

Weisst du welcher Trafo in deinem 71er verbaut ist? Ich schätze mal, dass es der Dagnall T3556 sein wird.


Das der Verstärker schwingt würde ich auch ausschließen.

Das Aufglühen der Gitter würde ich versuchen durch größere Einzelwiderstände an den Endröhren zu unterbinden. Versuch mal 2k, oder größer.
Wegen der Hitzeentwicklung sollte man die Beine etwas länger lassen und den Widerstand weiter weg von der Fassung platzieren. Nimm am besten 5W oder 7W Typen.

Das sich Schirmgitterwiderstände von selbst auslöten kann durchaus vorkommen. Ich kenne das aber eher von der Kombination aus minderwertiger Platine und wahren Hitzkraftwerken,
wie ELL80 oder Zeilendstufenröhren.
Falls es trotzdem zu heiß werden sollte, kannst du natürlich auch einen dickeren Widerstand wählen und den direkt ans Chassis schrauben. Schau dir mal die Marshall 200W Majors an, dort wurde das derartig gelöst.

Ansonsten kannst du natürlich auch mal über einen gemeinsamen Vorwiderstand die Schirmgitter versorgen. Der größte Unterschied ist halt, dass der Widerstand beide Seiten der Endröhren versorgt (die Ströme der Seiten sind um 180° verschoben). Vorteilhaft erweist sich auch, dass du so mehrere Widerstände hasst und die Wärme besser verteilst.

Das Grundproblem der weit ausgefahrenen Endstufe liegt eben daran, dass zeitweilig die Anodenspannung sehr weit unter die der Schirmgitterspannung fällt. In dieser Zeit führt das Schirmgitter einen sehr hohen Strom.
Im Anhang ist ein Oszibild aus meinem Verstärker, bei überfahrener Endstufe.
Blau: Anodenspannung              Ub:Betriebspannung   Ua: Anodenspannung
Gelb: Schirmgitterspannung      Ug2: Schirmgitterspannung

Wenn die Endröhre sperrt steigt Ua auf fast 2xUb. Zeitgleich führt das G2 fast keinen Strom und es fällt kaum Spannung am G2 Widerstand ab. Ug2 entspricht dann fast Ub.
Wird nun die Röhre immer mehr durchgesteuert fällt Ua immer weiter ab. G2 zieht immer mehr Strom in folgedessen fällt mehr Spannung am Widerstand ab. In meinem Fall liegt das Schirmgitter zeitweilig 224V über der Anode.
Zeitweise zieht das Schirmgitter bis zu 84mA, was einer Verlustleistung von 26,5W bedeutet. Das sind natürlich nur kurzweilige Peaks und die wahre Leistung beträgt gemittelt viel weniger.
Dennoch bleibt eine nicht zu unterschätzende Belastung.

Wenn möglich würde ich an deiner Stelle aber auch eher die Endstufe mittels PPIMV zurücknehmen, um etwas die Endröhren zu schonen. Problematisch ist, dass halt etwas der Psu Sag fehlt und die Gegenkopplungschleife weniger stark wirkt.

Bei den frühen Plexis (1962 bis 1969) war meist 27k oder 47k verbaut. Abgegriffen wurde am 8 oder 16Ohm Abgriff ggf. auch am Lautsprecheranschluss. Dadurch hat man weniger Endstufenverzerrung. Später kam dann 47 oder 100k am 4 Ohm Abgriff.
Wenn du dich für das PPIMV entscheidest, solltest du desshalb die Gk erhöhen um wieder den Ursprungzustand zu erhalten. Man kann auch durchaus die Gk sehr straff machen wie bei den frühen Modellen. Wenn man dann laut Clean spielen möchte dreht man den Master hoch und der Amp bleibt cleaner. Wenn man verzerrt spielt dreht man den Master runter und kriegt zeitgleich mehr Endstufengain wie bei den späteren Modellen.
Gruß,
Max

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Offline QOTSA_Lover

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #5 am: 29.09.2021 18:08 »

Weisst du welcher Trafo in deinem 71er verbaut ist? Ich schätze mal, dass es der Dagnall T3556 sein wird.



Hallo Max,

vielen Dank für deine Hilfe. Super!
In meinem 71er werkelt bereits seit den späten 70ern ein Austausch NT. Ist ein Dagnall TE irgendwas, der eigentlich offiziell ein 800er/JMP Netztrafo zu sein scheint.
In meinen Klonen, die das selbe Phänomen haben, habe ich die Tube-Town Trafos verbaut.

Was ich nur nicht verstehen will:

Wenn ich mein Fluke DMM an die Anode klemme und spiele, habe ich einen Spannungsabfall X. Wenn ich es an die Gitter klemme und spiele einen Spannungsabfall Y.
Wenn ich mich jetzt nicht total geirrt habe oder irgendetwas falsch gemacht habe, bleibt die Gitterspannung auch bei Signal immer unter der Anodenspannung.

Habe oben in einem Post mal die gemessenen Werte beschrieben. Genau war das mit dem DMM nicht, aber man konnte schon ungefähr den Spannungsbereich erahnen.

Oder kann ich das mit dem DMM gar nicht vernünftig messen?

« Letzte Änderung: 29.09.2021 18:26 von QOTSA_Lover »

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Offline Wuffenberg

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #6 am: 29.09.2021 19:14 »
Die Gitterspannung ist zu hoch. In dem Moment, wo das Signal an der Anode dynamisch unter den Wert der Gitter fällt, werden die so zur Hilfsanode, deswegen das Glühen. Das wird nicht lange gutgehen. Senk die Spannung an Ug deutlich ab (350..380V) und alles sollte gut sein. Am besten per Spannungsteiler im Netzteil.

Gruss Tom

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Online Stahlröhre

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #7 am: 29.09.2021 19:26 »
Hallo,

kein Problem. Wahrscheinlich wird es ein Dagnall T3xxx, oder T4xxx sein. Von den Spannungen her wird es eher ein Trafo aus der letzten Jmp Serie sein (Rocker Switch Modelle 1977 bis 1981).
Die Jcm800 lagen Spannungsmäßig etwas tiefer. Ich fand es vorallem desshalb interessant, weil in 1971 auch noch stehende Versionen des Dagnall T2562 verbaut wurden, also dem Modell auf dem mein Trafo basiert.

Welches Fluke Modell hast du? Die größeren Modelle haben nämlich alle True RMS Messfunktionen.
Ich habe eben selbst mit meinem Fluke 87III nachgemessen. Ich komme da auch auf derartige Werte.
Das Problem ist aber, dass dies eben quadratische Mittelwerte sind (RMS: Root Mean Square). Wenn du damit misst, misst du eben den Effektivwert der Spannung.

An der Anode hast du aber genaugenommen eine Gleichspannung der eine Wechselspannung (das Aussteuersignal) überlagert wird. Wenn du nochmal in meinen letzten Post schaust siehst du in Blau den Verlauf der Anodenspannung. Wenn man diesen Verlauf nun über eine Periode mittelt kommt man natürlich auf viel geringere Werte.

Schalte dein Multimeter mal auf Wechselspannung und miss nochmal. Dann wirst du sehen, dass dort ja nach Aussteuerungsgrad auch eine Wechselpannung vorherscht.

Problematisch ist nicht der Zeitbereich, in dem die Anodespannung stark ansteigt, da hier recht wenig bis garkein Strom fliesst. Die wirkliche Belastung am Schirmgitter tritt dann auf, wenn die Anodenspannung weit absackt und ein hoher Strom durch die Röhre fließt. In diesem Moment wird der Schirmgitterstrom dann durch den Vorwiderstand limitiert.
« Letzte Änderung: 29.09.2021 19:29 von Stahlröhre »
Gruß,
Max

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Offline QOTSA_Lover

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #8 am: 30.09.2021 00:06 »

Welches Fluke Modell hast du? Die größeren Modelle haben nämlich alle True RMS Messfunktionen.
Ich habe eben selbst mit meinem Fluke 87III nachgemessen. Ich komme da auch auf derartige Werte.
Das Problem ist aber, dass dies eben quadratische Mittelwerte sind (RMS: Root Mean Square). Wenn du damit misst, misst du eben den Effektivwert der Spannung.

An der Anode hast du aber genaugenommen eine Gleichspannung der eine Wechselspannung (das Aussteuersignal) überlagert wird. Wenn du nochmal in meinen letzten Post schaust siehst du in Blau den Verlauf der Anodenspannung. Wenn man diesen Verlauf nun über eine Periode mittelt kommt man natürlich auf viel geringere Werte.



Du hast recht, mein Fluke ist bereits eines mit True-RMS Messung.

Wenn ich das richtig verstehe, ist das sozusagen nur eine Art Mittelwert und zeigt mir zwar bei der Messung ein stetes positives Verhältnis zwischen Ua und Ug2 an, was aber nicht bedeutet, dass die Anode nicht zeitweise doch unter die Gitter rutscht?!? Das war immer mein Problem. Ich habe einfach nicht verstanden, warum meine Anodenspannung immer über der Gitterspannung lag aber dennoch die Gitter derart glühen.

Verstehe ich das dann richtig, dass man sowas eigentlich nur mit dem Oszi wirklich beurteilen kann?


So ein Mist. ich brauche einfach einen guten Kompromiss zwischen Plexi-Sound und Haltbarkeit.
Wobei mein alter 71er ja schon seit etlichen Jahren ohne Probleme läuft und bis jetzt auch kein Röhrenfresser ist.
Ich wäre da ohne meinen Klon gar nicht drauf gestoßen. Wobei der das tatsächlich noch etwas stärker macht.

Ich denke ich versuche bei meinem Klon zusätzlich zu den jetzigen 1,8k Schrimgitter-Rs noch einen 470R Common Resistor und schaue mal was passiert. Will ihn halt auch klanglich nicht komplett abwürgen...




« Letzte Änderung: 30.09.2021 00:09 von QOTSA_Lover »

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Online Stahlröhre

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #9 am: 30.09.2021 00:49 »
Genau, beim RMS Verfahren werden zuerst die Meßwerte quadriert, über eine Periode integriert und anschließend daraus dann die Wurzel gezogen.

Schau dir bitte mal die Oszi Bilder an. Da siehst du den zeitlichen Verlauf der Anodenspannung und Schirmgitterspannung. Zeitwiese liegt die Schirmgitterspannung über 220V höher als die der Anode. Um solche Messungen zu machen braucht man einfach ein Oszilloskop. Durch die optische Darstellung wird das Ganze auch recht schnell ersichtlich.

Meiner Meinung nach ist das Erhöhen der Widerstände der richtige Weg. Dadurch wird effektiv verhindert, dass das Schirmgitter zu hohe Ströme zieht und infolge dessen überlastet wird.

Sicherlich würde man bei einem Verstärker nach Lehrbuch einen anderen Weg gehen, eine zusätzliche Trafowicklung vorsehen mit Gleichrichter und Siebung  und
eher Ug2=350V anpeilen. Diesen zusätzlichen Aufwand hat man sich halt damals bei Marshall gespart. Aber eigentlich laufen die Dinger ja auch, was dein 71er ja beweist.

Das einzige, was ich mir noch vorstellen kann wäre, dass es garnicht das Schirmgitter ist was leuchtet, sondern fluoreszierende Erscheinungen in der Röhre.
Gruß,
Max

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Offline QOTSA_Lover

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #10 am: 30.09.2021 09:29 »

Das einzige, was ich mir noch vorstellen kann wäre, dass es garnicht das Schirmgitter ist was leuchtet, sondern fluoreszierende Erscheinungen in der Röhre.

Hallo Max,

danke dir! Jetzt habe ich es verstanden! Super...  :topjob:
Müsste mir das Dingens tatsächlich mal unter einem Oszi angucken. Vielleicht finde ich ja mal jemanden, der mir die Kiste mal an eines hängt.

Ich denke schon, dass es die Gitter sind. Neben dem Heizelement sieht man richtig schön das Aufglühen beim Spielen und Abkühlen in Spielpausen. Wie die Heizfäden von einem Toaster.


Ich habe jetzt alle Amps mal diesbezüglich getestet und in gewisser Art und Weise machen alle meine Plexis das. Egal ob Original oder Nachbau. Sobald sie voll offen sind und ohne PPIMV an der Soak gespielt werden, glühen die Gitter auf. Manche stärker, manche etwas schwächer.

Ich denke ich werde dann einfach mal mit verschiedenen Kombinationen an Werten, einzelnen und gemeinsamen Schrimgitter-R herumspielen und versuchen einen guten Kompromiss zu finden.

« Letzte Änderung: 30.09.2021 09:32 von QOTSA_Lover »

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Offline stephan61

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #11 am: 30.09.2021 11:26 »
Hallo,

beim Lesen dieses threads habe ich mich daran erinnert, dass mein damaliger 71er Super Lead 100 das ebenfalls gemacht hat. Aber nur als ich ihn an einen selbstgebastelten Power Soak gehängt hatte, der nur aus ohmscher Last bestanden hat, und ich ihn mit Vollgas betrieben hatte (damals in den ganz frühen 80er gabs noch keine Attenuator zu kaufen, der Tom Scholz Power Soak kam erst etwas später). Als ich ihn dann zum Vergleich direkt an eine Box gehängt habe, hat nix mehr geglüht. (Vielleicht war aber auch die Zeit zu kurz, du kannst dir ja denken, ein 100er mit Vollgas tut dem Spieler und der umgebenden Gebäudesubstanz nicht gut...)
Ich habe ihn dann einfach nicht mehr mit Vollgas betrieben, weder mit oder ohne Power Soak.
Viele Grüße
Stephan
"It must schwing!"

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Offline QOTSA_Lover

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #12 am: 10.10.2021 15:30 »
Wollte mich nochmal melden und den Zwischenstand berichten.
Ich habe jetzt unzählige Tests hinter mir.

Angefangen habe ich mit 1k8 Schirmgitterwiderständen. Das Glühen ging etwas zurück, war aber immer noch deutlich. Außerdem fand ich die 1k8 bereits grenzwertig vom Sound. Es war okay und ich hätte damit auch leben können, aber da das Glühen immer noch sehr präsent war, habe ich weiter probiert.

Zweite Variante war dann, die Schirmgitter wieder auf die original 1k zurückzusetzen und dafür den Widerstand der Drossel künstlich zu erhöhen. Da musste ich satte 1k5 nehmen um das Glühen fast wegzubekommen. Als Widerstand habe ich einen 25W Leistungs-R genommen und an das Chassis geschraubt.
Der Klang an der Soak war immer noch super. Alles so wie es sein soll. Nach einigen Tagen habe ich dann versucht den Amp mal ohne Soak sondern mit dem PPIMV zu spielen und bin regelrecht erschrocken. Das hat dann überhaupt nicht mehr funktioniert. Der Amp klang dann einfach bescheiden mit PPIMV. Soak super - PPIMV mies.

Nun habe ich versucht eine Mischung aus allen Varianten zu machen. Ich habe aktuell 1k5 Schirmgitter-Rs verbaut und die Drossel um 560r erweitert. Auch wieder mit einem 25W Leistungs-R. Jetzt habe ich insgesamt mit Drossel-R so ca. 670r Widerstand im Zweig zu den Gittern.
Um den Spannungsabfall im Preamp auszugleichen, habe ich nun statt 10k + 8k2 einfach 8k2 + 8k2 verbaut.

Ich muss sagen: Ich glaube das ist jetzt der bestmögliche Kompromiss. Der PPIMV funktioniert wieder einwandfrei und an der Soak ist jetzt zwar noch Glühen da, aber nicht mehr ansatzweise in der Intensität vom Original-Layout. Ich denke so muss ich es jetzt lassen.

Positiver Nebeneffekt durch das begrenzen der Schirmgitter: Die Soak bleibt etwas kühler und der NT wird nicht mehr so heiß wie zu Beginn meiner Odyssee.

Kann später mal Bilder vom Innenleben posten.

Schönen Sonntag
Tom
« Letzte Änderung: 10.10.2021 15:33 von QOTSA_Lover »

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Offline WiderGates

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #13 am: 18.10.2021 18:51 »
Hallo Tom,
kann es sein dass beim PPIMV die Kondensatoren vor den Gitterableitwiderständen fehlen?
Siehe zB diese Erklärung
Hawadääre, freundliche Grüße & fröhliches Schaffen
Dieter

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Offline WiderGates

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Re: Starkes Glühen der Gitter bei einem Plexi100
« Antwort #14 am: 18.10.2021 19:13 »
......oder auch Grundsatzdiskussion zum PPIMV bei gegengekoppelten Endstufen:
« Letzte Änderung: 18.10.2021 19:19 von WiderGates »
Hawadääre, freundliche Grüße & fröhliches Schaffen
Dieter