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Engl Ironball SE E606 - Ruhestrom einstellen

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Gurkus:
Hallo zusammen,

Ich habe zu diesem Thema leider ein paar Fragen die ich mir mit meiner Recherche nicht erklären konnte.

Ich habe bei Engl direkt nach den einzustellenden Werten für meine Engl Ironball SE E606 nachgefragt. Nach meiner Recherche schien mir dieser Schritt nun unnötig, da ich mit dem ermittelten Plate Current und dem gemessenen Plate Voltage die Plate Disappation bestimmen kann. Mithilfe des Röhren Datenblatts kann ich mir nun die Maximalleistung heraus suchen und mit 70% derselben den Ruhestrom einstellen (siehe hier https://robrobinette.com/Tube_Bias_Calculator.htm).
1. Frage: Richtig soweit?

Engl hat mir folgende Werte geschickt:
Ubias 1,3 bis 1,8V
Ibias 20mA bis 28mA
RDC Transf 65 Ohm +/-5%

2. Frage: Ubias ist dann die Kathodenspannung - welche wenn man es pingelig nimmt mit Engel's Aussage negativ sein muss, richtig?
3. Frage: RDC Transf ist der Widerstand des Ausgangsüberträgers bzgl. der halben Wicklung/einer Röhre, oder was soll RDC Trans sonst bedeuten? Was ich mich Frage: bei +/- 5% sollte man zur Bestimmung der Plate Voltage doch sowieso nochmal nachmessen um es genau zu haben, oder? Oder bin ich auf dem Holzpfad und es ist ein ganz anderer Wert gemeint?

4. Frage: Gerne würde ich die Plate Current & Volt gerne mit einem Sockel-Adapter messen. Kathodenlastwiderstand Methode scheint die einfachste zu sein, jedoch ist Plate Current zu hoch da Grid dissipation (ich meine so wurde es genannt) nicht berücksichtigt wird. Es gibt von Eur*****s einen Messsockel welcher Plate Current und Plate Voltage misst. Mit diesen Werten kann ich Plate Dissipation berechnen und die Röhren somit bzgl. Arbeitsbereich einstellen. Anderer Vorteil für mich ist, dass ich in diesem kleinen engen Amp, bei dem alles auf PCBs aufgebaut ist, umgehe mit einer Messspitze zu hantieren da die Röhrensockel direkt auf dem PCB verlötet sind. Zur Frage: Kann ich dieses Messwerkzeug in diesem Amp nutzen? Hat jemand Erfahrungen mit diesem Tool?

5. Frage: Der Amp ist 2 Jahre alt - wird mehrmals wöchentlich mehrere Stunden genutzt. Ich würde jetzt erst mal nur die zwei EL84 tauschen wollen. Hier gibt es jedoch unterschiedlichste Hersteller und von Herstellern auch unterschiedliche Typen auf dem Markt. Wie viel Klangunterschied ist zwischen den einzelnen Fabrikaten zu erwarten? Mehr Voodoo als alles andere oder doch merkbare Unterschiede?

6. Frage: Wie äussern sich Vorstufenröhren die an ihr Lebensende gekommen sind?

Danke schon mal für eure Antworten zu diesen Anfängerfragen!

Beste Grüße,

Nils

Showitevent:
Hallo Nils,

also die Werte, die Engl Dir geschicht hat sind rein an der Anode gemessen.
"
  Ubias 1,3 bis 1,8V
  Ibias 20mA bis 28mA
  RDC Transf 65 Ohm +/-5%
"

RDC ist wie du richtig interpretierst der DC Widerstand der Mittelanzapfung des AT zu den Anoden. Die +/- 5 Prozent sind vermutlich angegeben, weil A: beide Anoden Wicklungen nur in den seltensten Fällen exakt gleich sind und B: Es dort auch Fertigungstoleranzen geben kann.
Du kannst im Spannungsfreien Zustand den DC Widerstand des Transformators selbst bestimmen, indem Du Anode zu Mittelanzapfung via Ohmmeter mißt.

65 Ohm ist also der Richtwert, über den Du einen Spannungsabfall mißt, nämlich die die 1,3 bis 1,8 Volt. Nochmal, die Meßspitzen sitzen zwischen Mittelanzapfung des AT und einer der Anoden.

I = U / R oder auch: 1,3 / 65 = 20 mA (0,02 A)

Im grunde kannst Du bei gehen und die Anodenspannung messen und den idealen Strom bestimmen, oder Du klemmst Dir das komplett. Die bei Engl wissen schon wie man das macht.

Der Ablauf ist also, den Spannungsabfall ( U = Volt ) zwischen Mittelanzapfung und Anode zu messen. 1,3 bis 1,8 wäre der Breich in dem Du dich bewegen darfst, welche nachher 20 bis 28 mA Reflektieren und den Schirmgitterstrom ignorieren.

Das ganze machst Du natürlich auf eigene Gefahr, denn das funktioniert nur am lebenden / offenen Objekt. Hier besteht Lebensgefahr!


Was die Klangeigenschaften der unterschiedlichen hersteller angeht, musst Du dich leider wie jeder andere auch selbst durchhören.
Ich bin mit JJ's (EL84) ziemlich zufrieden, klanglich etwas runder und nicht so kühl, Sovteks eher kühl. Vieles ist da aber subjektiv.

LG Geronimo

Helmholtz:
Ich schließe mich den Ausführungen von Geronimo an.
Bei Verwendung von 1R Kathodenwiderständen oder einem Sockeladapter würde man bei einem Ruhestrom ("bias current") von 25mA einen Spannungsabfall von 25mV messen.
Ich möchte aber noch ergänzen, dass es keine generelle 70% - Regel gibt.
In der seriösen Röhrenliteratur findet man sowas nicht. 
Beim Ruhestrom kommt es auf 2 Dinge an:
1) Er muss groß genug sein, um Übernahmeverzerrung bei kleiner Ausgangsleistung zu vermeiden und
2) Er soll nicht so hoch sein, dass bei irgendeiner Ausgangsleistung der 100% Wert der Anodenverlustleistung im zeitlichen Mittel überschritten wird.
Bestensfalls kann man 70% Anodenverlustleistung als Obergrenze bei typischen Designs mit fester Gittervorspannung ansehen.
Viele Fender, Marshall oder Peavey Verstärkern sind werkseitig auf deutlich weniger als 70% eingestellt.
Das verlängert die Röhrenlebensdauer und erhöht die Dynamik.

Anders ist es bei Verstärkern mit (automatischer) Kathodenvorspannung.
Hier kann man i.d.R. auf 100% Anodenverlustleistung einstellen, da die Anodenbelastung typischerweise mit steigender Ausgangsleistung sinkt.

Generell ist es ratsam, sich an Herstellerempfehlungen zu halten.

Helmholtz:
Hab' noch vergessen:
Bei Messung mit einem Kathodenwiderstand (oder Sockeladapter) misst man den Kathodenstrom, also die Summe von Anoden- und Schirmgitterstrom.
Bei der EL84 ist der Kathodenstrom 11% höher als der Anodenstrom.
Also Messwert mit 0.9 multiplizieren.

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