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SLO-100 - Schritt für Schritt

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Joachim:
Hallo, Leute,

der SLO hat mittlerweile den Dual-Rectifier als Nr.1 Clone-Projekt abgelöst. Und da bei mir die meisten Teile für den Amp nun schon bald ein Jahr das Arbeitszimmer blockieren und mich Olaf mit ständigen Nachfragen, wann der Amp denn fertig ist - ja okay, zurecht - nervt, habe ich beschlossen, jetzt endlich in die aktive Bauphase einzutreten. So! ;D.

Und damit auch ihr nicht ungeschoren bleibt, entsteht hier im Forum während der nächsten Wochen, Monate oder Jahre ein Schritt für Schritt-Bericht, wie der Amp, der sich am Vorbild orientiert, aufgebaut wurde - und das richtig.

Der Amp ist an sich ein recht konventionell aufgebauter Verstärker. "No frills", wie der Amerikaner sagt: zwei Kanäle, eine Klangregelung, eine Schaltmatrix mit gerade mal 4 VTL5C1: So ein Projekt macht an sich keine großen Probleme für den erfahrenen Selbstbauer. Wobei die Betonung auf "Erfahrung" liegt. Dieser Amp ist kein Anfängerprojekt, auch wenn es im ersten Moment relativ einfach aussieht, so einen Verstärker aufzubauen.

Das Original ist sehr robust aufgebaut. Und das muss auch sein, denn Mike S. gibt lebenslange Garantie auf den Amp. Deshalb habe ich mich entschlossen, den Aufbau des Amps so nahe wie möglich am Original zu machen. Das dauert sicher ein bißchen länger, aber ich denke der Aufwand lohnt sich.

Ein paar Zugeständnisse muss man leider machen, so sind der Original-Transformator und -Ausgangsübertrager sowie die Drossel von DMI DeYoung wohl nicht im freien Handel zu bekommen und Replacement-Teile gab es, als ich mit dem Projekt begann, auch noch keine. Erstaunlich bei der Beliebheit des Amps. Während man beim Ausgangsübertrager noch auf die "üblichen Verdächtigen" zurückgreifen konnte, war kein passender Netztranformator im Handel, nicht einmal in den USA. Aber mittlerweile hat Shinrock diese Teile als Replacements im Angebot, einzeln und als Set.

Für die im Vorbid verwendeten gekapselten Potis gibt es keine Bezugsquelle in Deutschland, wohl nicht einmal in Europa.

Die Platine entwerfe ich selbst, sie ist recht nah an den anderen, die im Netzt kursieren, aber mit ein paar Erweiterungen, wie den 100nF-Kondensator in der Gegenkopplung, der bei Verwendung des Depth-Regler dazukommt.

Aufbauen werde ich einen normalen Amp, also keine doppelte Klangregelung und vermutlich auch sonst keine wesentlichen Mods & Tweaks. Die Anleitung lässt sich natürlich sinngemäß auf einen 50W-Amp zu übertragen. Aber am Ende soll der hier aufgebaute Amp möglichst nah am Vorbild sein und auch so klingen. Wem der Sound dieses Amps nicht gefällt oder der Amp nicht flexibel genug ist, der sollte lieber etwas anderes bauen.

Und noch etwas muss zuletzt auch gesagt werden, noch bevor's richtig losgeht. Einen so aufwendigen Amp zu bauen, ist nichts für Anfänger sondern etwas für erfahrene Amp-Bauer. Nur weil man vielleicht mal ein Effektgerät oder einen Röhrenamp-Bausatz nach einer exakten Bauanleitung zusammengeschraubt hat, ist man nicht unbedingt schon soweit, einen Amp ohne exakte Bauanleitung aufzubauen. Elektrotechnische Kenntnisse sind sowieso Voraussetzung ebenso wie lesen und verstehen von Schaltplänen. Das Durcharbeiten von Peters hervorragender Dokumentation Aufbauvon Geräten der Schutzklasse 1 ist sowieso Pflicht.

Eine Bitte noch: Dieser Thread soll, wie der Titel sagt, ein Schritt-für-Schritt-Bericht werden und weniger eine Diskussion. Dafür gibt's andere Threads. Bitte also nur bei ganz konkreten Fragen zur Anleitung posten, sonst wird's einfach unübersichtlich. Danke Euch!

Für Eure Fragen gibt's daher einen extra Thread: SLO-100 Schritt-für-Schritt: Fragen und Antworten.


So und jetzt genug der Vorrede, los geht's mit dem Chassis!

Aber halt, vorher noch ein rechtlicher Hinweis: Selbstverständlich kann jeder die Informationen, Schaltpläne und Layouts aus diesem Thread und auch im F&A-Thread für nicht-kommerzielle Amps frei und kostenlos verwenden. Jede kommerzielle Verwendung muss jedoch von mir vorher schriftlich genehmigt werden. Ohne meine Genehmigung ist eine kommerzielle Verwendung nicht erlaubt!

Viele Grüße,
Joachim

Joachim:
Beim Chassis für gibt es zwei käufliche Produkte zur Auswahl (beides, wie im Original Stahlchassis). Eines von Ted Weber (http://www.tedweber.com/) in USA und ein weiteres von Brownsound (http://www.brownsound.it) in Italien. Stefano von Brownsound macht gegen geringe Aufpreise Sonderanfertigungen und liefert auch passende Gehäuse. Ich habe mich wegen des günstigen Preises, der überschaubaren Versandkosten und der kurzen Lieferzeit für das Standard Brownsound-Chassis entschieden. Preise will ich hier keine nennen, die können sich schneller ändern als es uns lieb ist. Bei Bedarf erfragt die aktuellen Preise bei den Herstellern.

Das Standard-Chassis von Brownsound ist vermutlich weiß lackiert und nicht, wie das Original und das von Ted Weber, pulverbeschichtet. In der Praxis sehe ich darin jedoch keinen Nachteil.

Zur Qualität: Die weiße Lackierung ist okay, aber auf der Oberseite sind einige größere sehr unschöne Stellen.

Die Beschriftung ist über eine weiße vollflächige Klebefolie realisiert. Die Folie sieht an sich sehr gut aus, hat nur ein paar kleine Luftblasen, die jedoch mit etwas Abstand nicht mehr wahrnehmbar sind. Ein Nachteil ist, dass bei Festziehen der Front- und Rückplattenelemente die Folie Falten schlagen kann. An ein oder zwei Stellen ist mir das passiert, das wird jedoch später von den Reglerknöpfen verdeckt. Bei Buchsen sollte man aber aufpassen. Originellerweise ist der Brightschalter mit BRIGHT / NOT BRIGHT beschriftet, statt wie im Original mit BRIGHT / NORMAL ;) und an der Netzbuchse steht völlig unsinnig 220 (!) VOLTS AC. Auf der Rückseite ist der Markenname brownsound ITALY groß aufgedruckt. Warum weiß ich nicht, schließlich ist das Chassis von dort, nicht der Amp.

Aktuelle Info (11/2006): Leider liefert brownsound zur Zeit keine Chassis mit Beschriftung, da es wohl Probleme mit dem Folienhersteller gibt. Er stellt zwar alle notwendigen CAD-Daten zur Verfügung, damit man selbst einen entsprechende Folie herstellen lassen kann, das erschwert aber die Chassisbeschriftung erheblich und versursacht zusätzliche Kosten. Bleibt hier nur noch das Weber-Chassis als einziges mit standardmäßiger Berschriftung.

Bei den Bohrungen für die Fassungen muß man etwas nacharbeiten, da der Lack zu sehr aufträgt. Auch scheint die Platzierung der Bohrungen im allgemeinen nicht ganz dem Original zu entsprechen. Bei der großen Audioplatine führt das leider dazu, dass diese die Röhrenfassungen etwas überlappt. Ich habe deswegen die Platine nochmal komplett überarbeitet, um sie schmäler zu machen. Sehr ärgerlich, da diese Doppelarbeit (die alte, zu breite Platine war komplett fertig bestückt) eine Menge Zeit vergeudet.

Die Bohrung für das Pilot Light ist nur 12.5 mm. Ein Fender-Leuchtenhalter, wie er im Original verwendet wird, passt da mit seinen 17,5 mm Durchmesser nicht rein. Hier muss, z.B. mit einem Schälbohrer, kräftig nachgearbeitet werden. Dafür sind die Bohrungen für die Potis für 24mm Alphas etwas zu groß, so dass die individuelle Justage der Potis zur Quälerei, zumindest, wenn es ordentlich aussehen soll.

Das Chassis hat auf der Frontplatte eine Bohrung für den Depth-Regler und auf der Rückseite befinden sich vier 7,8mm-Bohrungen für einen externen Bias-Abgleich. Das hätte ich nicht unbedingt gebraucht, aber ich werde sie nutzen, damit's nicht gar zu leer aussieht. Außerdem gibt es 2 Bohrungen für SLAVE OUT und SLAVE LEVEL. Auf der Frontplatte befindet sich neben den gewohnten Schaltern noch ein NORMAL/OVERDRIVE-Schalter zur Kanalumschaltung. Schadet nicht, wenn man mal den Fußschalter vergessen hat.

FX-Send- und Returnbuchsen sind etwas nah am oberen und unteren Rand des Chassis gebohrt.

Die Primärsicherung ist leider - wie im Original - nur einphasig vorgesehen. Hier hätte man sicher mit einer Bohrung mehr, ein höheres Maß an Schutz ermöglichen können.

Bohrungen für Trafo, AÜ, Platinen, PE- und Massekontakt sind sinnvollerweise nicht vorgesehen, die muss jeder auf seine individuelle Hardware abstimmen.

Zur Befestigung sind 4 Käfigmuttern vorgesehen, die noch besorgt werden müssen, da sie der Lieferungnicht beilagen.

Ansonsten ist bisher soweit alles in Ordnung, also nicht verzagen. Für den Preis ist das Chassis mehr als okay. Mit ein paar kleinen Veränderungen an den CAD-Daten könnte man es aber sicher noch deutlich besser machen.

Unten noch ein paar Ansichten des Chassis, bereits mit den meisten Komponenten bestückt, aber nicht verdrahtet.

Ein kleiner Hinweis noch zum Bild des Oktalsockels. Hier habe ich die Schrauben von der Innenseite her montiert und außen deutlich überstehen lassen. Damit kann ich die Retainer für die Endröhren auch noch ganz am Ende der Bauphase montieren, so das diese während des Aufbaus nicht stören oder beschädigt werden. Alle Schrauben für die Röhrenfassungen sind mit Kontaktscheiben für sicheren Schutzleiterkontakt montiert.

Eure Fragen stellt bitte hier: SLO-100 Schritt-für-Schritt: Fragen und Antworten.

Viele Grüße,
Joachim

Joachim:
Nachdem langweiligen Blechkram, wird jetzt der Lötkolben angeheizt. Der Eingangsbereich und die Schalter müssen verdrahtet werden. Aus diesem Bereich hat Mike Soldano ein kleines Kunstwerk gemacht. Man könnte hier, ohne zu übertreiben, von einer reinen Point-to-point-Verdrahtung sprechen. Das kann in einem HiGain-Amp eigentlich nicht schaden, oder?

Zuerst muss eine durchgehende Masse an die Poti-Anschlüsse und die Eingangsbuchse gelegt werden. Dazu verwendet man z.B. einen versilberten Kupferdraht (1,5mm Durchmesser), der zunächst durch leichtes überdehnen gerade gezogen wird. Danach wird er so zurechtgebogen, dass er vom Presence-Poti, über die verschiedenen Potis mit Masseanschluss bis zur Eingangsbuchse führt. Die Masse-führenden Kontakte der Potis werden hochgebogen und die "Masseschiene" daran angelötet und am Ende mit dem Anschluss des Schaltkontaktes der Buchse verbunden. Später wird dann noch die Buchsenmasse mit dem Schaltkontakt verbunden. Das ganze endet dann in einer Öse für die Abschirmung des Eingangskabels.

Anschließend werden die Beinchen der Bauteile so abgebogen, dass sie perfekt an den entsprechenden Kontaktstellen angelötet werden können. Zwei Verbindungsdrähte werden mit einer Silkonummantelung gegen unerwünschten Kontakt isoliert. Wenn man das ganze dann zusammenlötet, sieht das aus, wie auf den Bildern unten.

Gleich noch ein Tipp, zur Kontaktierung der Abschirmung: Mike S. macht das über eine gebogene Drahtöse, durch die er das abgeschirmte Kabel mit dem blanken Abschirmgeflecht führt. Wenn das Geflecht in der Öse ist wird es einfach ringsherum von außen an die Öse gelötet. Das ganze ist relativ schonend für den Innenleiter des RG174 (100pF/m), aber man sollte doch recht flott und gleichzeitig sauber löten können. Falls eine Lötstation vorhanden ist, empfehle ich, die Spitze auf ca. 420°C hochzuheizen. Optimal ist für einen schnellen Wärmefluss auch eine Lötspitze in Meiselform. Ich verwende beim Ampbau ausschließlich 3,5mm breite Meiselspitzen. Dann fließt der Zinn in kürzester Zeit ins Geflecht. Als positiven Nebeneffekt bildet die Öse noch eine passable Zugentlastung. Was will man mehr?

Den 68k-Gridstopper lötet man direkt an die Fassung und isoliert das Gebilde mit Schrumpfschlauch. Das stabilisiert auch die Verbindung zwischen dem RG174 und dem Widerstand.

Damit ist der Bereich schon mal weitgehend fertig und sieht auch richtig gut aus. Natürlich macht das viel mehr Arbeit, als eine wilde Kabelverdrahtung und zwei bis drei Stunden können da, je nach persönlichem Geschick und Erfahrung, schon ins Land gehen. Aber der Aufwand lohnt sich und deswegen schließe ich für heute mit einem Zitat aus einer Mail von ACY: "das Auge 'hört' ja bekanntlich mit!".

Eure Fragen stellt bitte hier: SLO-100 Schritt-für-Schritt: Fragen und Antworten.

Grüße,
Joachim

MichaelH:
Hi Jo,

das sieht ja schon mal ganz prima aus - Biolek würde sagen: das machen wir wieder mal  ;)
Die Idee mit der Öse ist ja genial - nur - sind die 420 Grad nicht zu heiss für die Isolierung des Innenleiters ? Überhaupt sehen die Ösen wie gemalt aus - großer Respekt !

Vielleicht solltest du deinen Baubericht am Ende als PDF im DIY Bereich bereitstellen (lassen).


Gruß


Michael



PS: Ich hab diese Woche meine Shinrocks für den 18 Watter bekommen ... . Innerhalb von zwei Wochen - die sehen mal wieder richtig gut aus - mit viiiieeelllll  englischem Blech  ;D
Gehäuse muss ich noch besorgen. Und dann brauch ich ZEIT ... .

Joachim:
Hi, Michael,

klar machen wir das wieder ;). Aber war das nicht eher der Running Gag aus dem Maggie Kochstudio? Egal, ist ja auch wurscht.

Für die Isolierung des Innenleiters ist beim RG174 eigentlich alles zu heiß ;). Ich vermute die verwenden eine Art halbdurchsichtige weiße Schokolade für die Isolierung ;D. Aber dadurch, dass das Geflecht nicht mit Druck auf den Innenleiter gepresst wird, passiert nichts. Ich hab ein paar Versuche gemacht und die Isolierung des Innenleiters hinterher angeschaut - ist immer heil geblieben. Durch die 420° ging's halt noch schneller, aber mit 370° sollte es auch klappen.

Ich kopiere die Texte auch parallel in eine Worddatei, da kann man dann später ein PDF draus machen. Viele Spaß auch mit deinem 18-Watter. Wie wär's mit einem Baubericht? Zeigen wir den Jungs doch mal, wie das richtig geht ;D.

Ach ja die Ösen: glaub's oder glaub's nicht. Die sind mit einer Flachzange gebogen. Ich find meine Rundzange nicht mehr ... :angel:

Gruß,
Joachim

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