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Elkos und "mojo"

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mac-alex_2003:
Hallo Stephan,

mir ging es nur zweitrangig um die Voodoo-Geschichte, hier könnte man sicherlich vieles noch weiter treiben. Sondern eher darum, sich mal von den strikten technischen Vorstellungen zu lösen und seinen Ohren zu trauen, bzw. diese auch weiter auszubilden. Da diese auch gerne mal lügen macht die Sache nicht einfacher. Das hast Du anscheinend ja bereits auch schon mal erlebt.

Gerade die Netzkabelkiste ist so eine Sache, die technisch auf den ersten Blick wenig versprechend ist. Andererseits sagen meine Ohren zuverlässig etwas anderes. Klar kann man nun bei einem 1,50 Billigteil anfangen, ein gescheites kostet mit 40 EUR rum auch nicht die Welt. Aber muss es dann das 400 EUR Kabel mit Futura-Steckern sein? Das muss jeder für sich entscheiden.

Was glaubst Du wieviele Kabel, Widerstände, Kondensatoren ich durchprobiert habe um entweder keinen Unterschied festzustellen oder es teilweise sogar schlechter geworden ist. Interessanterweise war ich von einem dickeren Lautsprecherkabel anfangs überhaupt nicht begeistert. Erst als ich die Box selbst mit dem gleichen Kabel verdrahtet hatte, hat es gepasst. Nun erklär mir einer warum das so ist? Die Drähte im AÜ und die Leitungen zu den Klinkenbuchsen haben einen kleineren Querschnitt. Genauso die Litzen von den Speaker-Terminals zur Schwingspule. Ich weiß es nicht und ehrlich gesagt wird es mit zunehmendem Alter auch immer weniger wichtig. Ich akzeptiere es einfach, dass es so ist und verwende dieses Wissen zu meinem Vorteil.

Mit diesen ganzen Blindtests ist es auch so eine Sache. Ich erinnere mich mit Grauen an einen Boxenkabeltest (um beim Beispiel zu bleiben) im MB. Da wurden Aufnahmen gemacht, verglichen, analysiert, Differenzsignale ausgwertet etc. Am Ende kam raus, dass es völlig egal ist, was man für ein Kabel nimmt. Soviel zur ganzen Theorie. Die Praxis ist leider, dass man einen deutlichen Unterschied beim spielen hört/spürt. Es also sehr wohl einen Einfluss auf den Klang hat, der dem menschlichen Gehör auffällt.

Von daher wünsche ich allen offene Ohren und das Vertrauen in selbe.

Viele Grüße,
Marc

Larry:
Eigentlich dürfte ich z.Zt. gar nimmer in Foren rumschlurchen und bräuchte eher noch zwei Larrys dazu, um das alles zu bewältigen, was sich hier bei mir inzwischen aufgestaut hat, aber egal - soviel Auszeit muss jetzt sein und ich will mich zu diesem Thema doch nochmal einlassen, wohl wissend darum, dass ich damit das eine oder andere Nachposting provoziere  ;D

Vorab:

Über Kondensatoren brauchen wir hoffentlich nimmer zu reden und wissen inzwischen alle, dass es auch bei vorheriger Ausfilterung evtl: Voodoo-Einflüsse doch teils sogar erhebliche Soundunterschiede unter diesen Spezies gibt!? Wissen dass ein Orange Drop 715P anders klingt als ein Orange Drop 6PS, der wieder anders als ein Mallory 150, der wieder anders als ein SoZo, usw. Gleiches wissen wir bereits alle auch über Keramikkondensatoren, dass ein 470p von Hersteller A mit 1kV anders klingt, als der 470p von Hersteller B mit ebenfalls 1kV - und evtl. sogar erheblich anders als der 470p von Hersteller C mit 3kV

Und wir wissen alle, dass selbiges für Widerstände gilt (wobei hier der Einsatzort in der Schaltung massgebend ist und es zahlreiche Positionen gibt, wo's echt Worschd iss, welcher Typus da seinen Dienst tut). Also, ein CC klingt (und macht) anders als ein CF - und wieder anders, als ein MF (Metallfilm). Ferner wissen wir, dass es auch zwischen jeweils den CC's, CF's und natürlich auch unter den verschiedenen MF's Unterschiede gibt und dass es z.B. 'böse' und 'gute' MF's gibt (The good, the bad and the ugly)  ;)

Nu guddi guddi, also zu den Elkos bzw. zu einer Elko-Geschichte aus meinem Amp Designer Dasein:

Alle die die Fotos meiner Website kennen, können darauf unschwer erkennen, dass ich die NOS LCR Becherelkos liebe. Nur war vor ca. 3 Jahren ein Zeitpunkt, wo meine alten Bestände auf ein erschreckend niedriges Volumen abgesackt war - also sann ich prophylaktisch auf adäquaten Ersatz für die nahe Zukunft. Auf einigen US-Foren wurden damals neben F&T und ARS auch die 'German electrolytic filter caps' der Fa. Mundorf propagiert und einige Stimmen äusserten sich sogar sehr löblich darüber. Im Gespräch mit Udo Pipper darüber erzählte er mir, dass er die Fa. Mundorf 'von früher' noch aus seiner HiFi-Zeit sehr gut kennt und dass die Produkte dieser Firma in HiFi-Kreisen sehr hoch angesehen sind. Über deren Performance in Instrumentalamps konnte er mir jedoch keine eigenen Erfahrungen schildern. Also nahm ich kurzerhand Kontakt mit Mundorf auf. Die wollten noch Listen über die Werte aller von mir in meinen Amps verbauten Kondensatoren - und nur wenige Tage später hatte ich zwei Kartons hier, voll mit Zeugs im Gesamt-Verkaufswert von ca. 2.000 EUR  :o

Ich wollte doch 'nur' die 50+50/500V Becherelkos testen, doch keine Kupfer- Silber- und Goldfolien Paper in Oil Kondensatoren, auch keine 40µF bzw. 60µF/600V Folienkondensatoren für's Netzteil - hab' doch hier keine Universität mit Forschungsaufträgen aus der Industrie um mich, sondern will doch nur 'n paar Röhrenamps für Gitarre bauen  8)

Ok, die Mundorf 50+50/500 erst mal 'trocken' gemessen - geiler ESR! Nur ca. 40% des Wertes der LCR's, also hab' ich 4 Stück davon in meinen British Purist rein und meinen obligatorischen Formierungsprozess gestartet. Huch, die waren ja schon nach nur 3 Stunden bereits unter 1V Spannungsabfall über dem gemeinsamen Versorgungswiderstand (100K), da hängen meine NOS LCR's ja für gewöhnlich 12-18 Stunden am Formieren und schaffen die 'unter 1V Marke' dennoch niemals! Bei 2-3V ist da Schluss!

Also mit enorm positiven Erwartungen ob des da 'noch geileren' Sounds eingeschalten und... oh, was ist das? Klangregler kontrolliert, Gain, Presence, Depth - alles wie immer, also daran kann's nun nicht liegen - aber nein  ???

Mein British Purist klang plötzlich geschätzte 20 Jahre 'jünger', ein astrein sauberer Sound, klar, blank, ja fast wie poliert! Wo bitte ist der schöne (im positiven Sinne) britisch dreckige Raunch abgeblieben? Wo die Ecken und Kanten beim Break-open, beim Fahren in die Sättigung? Kurzum, er klang so richtig schön 'ordentlich und anständig deutsch', halt ganz und gar nicht im Bestreben des Designers.

Ein gen Abend bei mir aufschlagender und von Grand GTRs her als 'Andreas Kunzmann' bekannter Tester, der den (vorherigen) Sound des British Purist aufgrund zahlreicher Sessions auf den Punkt genau im Ohr hatte meinte nach kurzem Anspielen sogar: "Hey, der klingt ja jetzt wie Plastik!" und weiter: "So wie der jetzt ist, brauchste den nimmer vorzuführen - da machste dich nur lächerlich damit!"

Noch am selben Abend flogen die Mundorf's wieder raus, ein frischer Satz LCR's kam rein - die Formatierung lief über Nacht - und am folgenden Nachmittag war die Welt (meine Welt) wieder in Ordnung  ;D

Elektrolytkondensatoren mit hervorragenden elektrischen Werten - für HiFi-Anwendungen vielleicht optimal und jedenfalls sehr begehrt - aber ABSOLUT untauglich für einen Instrumentalverstärker für Gitarre! Machen einen 'toten' Amp! Und einen Larry totunglücklich!

Tja - weil Schaltplan für Vor- und Endstufe oftmals auf einem Blatt, der Schaltplan für die Spannungsversorgung aber auf einem anderen Blatt sind ist man evtl. geneigt, Siebelkos als 'Nicht' im Signalweg befindlich zu betrachten. Die sollen sieben, that's it! Aber nein! Seit dieser Erfahrung weiss ich, dass sich auch Siebelkos definitiv im Signalweg befinden und einen unerwartet hohen Einfluss auf den Sound und das Verhalten eines Guitaramps haben!

Eine Weile später habe ich noch Versuche mir ARS, F&T sowie mit JJ Elkos gefahren, die sich alle 'im Rahmen' verhielten. Der JJ macht den Sound a bissi diffus im Bassbereich und etwas 'grobkörniger', wenn der Amp in die Sättigung gefahren wird, der F&T macht den Sound insgesamt etwas heller und knalliger (gemessen an den LCR's) - aber nachdem ich völlig unerwartet nochmals ein grösseres Kontingent an NOS LCR's kaufen konnte, war selbst mein vorgemerkter Ersatz-Favorit aus obigen (der ARS) spontan vergessen  ^-^

Larry

Dr. Nöres:
Hi Larry,

mal eine Frage zu deinen LCR´s:
Diese Elkos werden ja nun schon etliche Jahre nicht mehr produziert. D.h., auch wenn deine Elkos jungfräulich sind und nie benutzt wurden, lagern sie ja schon recht lange. Gibts da keine Ausfälle und Kapazitätsverluste durch Austrocknung des Elektrolyts?
Ich weiß, die LCRs haben unbestritten eine sehr gute Bauteilqualität, aber trotzdem hätte ich wegen der langen Lagerzeit immer eine unterschwellige Sorge, wegen eines möglichen frühzeitigen Dahinscheidens eines LCRs, wenn ich diese als gewerblicher Hersteller verbauen würde.

OneStone:

--- Zitat von: Larry am  5.03.2009 23:28 ---Tja - weil Schaltplan für Vor- und Endstufe oftmals auf einem Blatt, der Schaltplan für die Spannungsversorgung aber auf einem anderen Blatt sind ist man evtl. geneigt, Siebelkos als 'Nicht' im Signalweg befindlich zu betrachten. Die sollen sieben, that's it! Aber nein! Seit dieser Erfahrung weiss ich, dass sich auch Siebelkos definitiv im Signalweg befinden und einen unerwartet hohen Einfluss auf den Sound und das Verhalten eines Guitaramps haben!
--- Ende Zitat ---

Larry, das mit dem Elko im Signalweg, das streitet hier auch keiner ab, aber einen modernen Elko mit niedrigem ESR mit einem Folienkondensator zu überbrücken, das ist eben in der Anodenspannungsversorgung sicherlich sinnlos und genau das habe ich gemeint. Dass die Siebelkos im Signalweg liegen, das ergibt sich schon dadurch, dass sonst der Stromkreis besonders für AC irgendwie nicht geschlossen wäre...

Dass unterschiedliche Elkos, vor allem dann, wenn sie unterschiedliche ESRs haben, klangliche Einflüsse haben können, die umso stärker sind, desto mehr Strom ihnen abverlangt wird, das ist nachvollziehbar. Du hast die Elkos wahrscheinlich auch an die Endstufe geklemmt, oder? Hast du auch Versuche angestellt, was passiert, wenn du nur die Vorstufen mit "ordentlichen" Elkos ausstattest?

Was mich in dem Zusammenhang noch interessieren würde: Auf welche Spannung formierst du die Elkos? Auf die Spannung, die nachher anliegt, auf die Nennspannung oder auf eine höhere Spannung?

MfG Stephan

PS: Hab meine Barkhausen-PDFs gefunden, ich korrigiere mich: Es sind vier Bände! Lesestoff für Monate...und das RDH hab ich auch noch...arghs :)

Larry:

--- Zitat von: Dr. Nöres am  5.03.2009 23:45 ---Ich weiß, die LCRs haben unbestritten eine sehr gute Bauteilqualität, aber trotzdem hätte ich wegen der langen Lagerzeit immer eine unterschwellige Sorge, wegen eines möglichen frühzeitigen Dahinscheidens eines LCRs, wenn ich diese als gewerblicher Hersteller verbauen würde.
--- Ende Zitat ---

Meine LCR's sind von 1993, somit inzwischen 16 Jahre alt - und ja, ich kenne die Unkenrufe bezüglich lange lagernder Elektrolytkondensatoren - und ich weiss um die möglichen Folgen einer evtl. falschen Lagerung.

LCR's werden bei mir 'stehend in Einbaulage' gelagert, also die Anschlüsse nach unten, damit das Elektrolyt den Becher-Isolator-Übergang abdichten kann. Ferner sind sie konstant kühl und trocken gelagert und ich hatte tatsächlich schon mal erwogen, für die LCR's eigens einen Kühlschrank im Keller aufzustellen. Kommt vielleicht noch?

Alle paar Jahre nehme ich mir die Zeit und formiere alle LCR's im ausgebauten Zustand durch. Das sind dann immer zwei Tage, wo auf meinem Arbeitstisch kein Amp mehr Platz hat, weil alles ist voll von Becherelkos, von einem Meer von Krokoklemmen überzogen... und der Zugang zum 'heiklen Bereich' ist allen strengstens untersagt!

Unmittelbar vor dem Einbau in einen Amp werden die jeweils benötigten 4 Elkos zunächst einer Wärmebehandlung unterzogen. Das ist so ähnlich wie Eier kochen, nur nicht ganz so heiss, dafür aber 30 Minuten lang und in einem Simmertopf (doppelwandiger Topf mit Wasser als Wärmetransfer zwischen beiden Wänden).

Nach dem Einbau (und kpl. Fertigstellung des Amps) wird über einen 100K in der B+ Leitung als Strombegrenzer formiert, wobei der Spannungsabfall über den 100K ein Indikator für den bereits erreichten Rückgang des Leckstromes ist. Üblicherweise bin ich nach 12-14 Stunden unter 5V - dann kommt anstatt des 100K ein 47K für ca. 1 Stunde rein, dann ein 22K für wiederum eine Stunde und letztlich noch ein 10K, um die Elkos sanft an höhere Ströme zu gewöhnen. Alles natürlich ohne Röhren im Amp und ohne Bleeder-Widerstände gen Masse!

Es sind DINOs unterwegs, die jährlich 100 Shows von jeweils 3-4 Stunden Dauer zu überstehen haben (Tanzmucker), alle ausnahmslos mit LCR's von 1993 bestückt - teilweise sind diese DINOs bereits seit über 10 Jahren unter diesen Umständen unterwegs - und bis zum heutigen Tage (knock-knock-knock on wood!) ist weder ein einziger LCR, noch ein DINO aus anderem Grunde ausgefallen!

Übrigens: Meine 1993-er 50+50/500 LCR's messen ausnahmslos zwischen 55µF und 62µF pro Seite - also nix ausgetrocknet  ;D

Larry

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