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neue Baustelle - jetzt mit Berechnungsanleitungen von Kpt.Maritim (super!)

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Kpt.Maritim:
Hallo

guck mal in andere Datenblätter. Oftmals ist da was angegeben. Es st sehr unterschiedlich, was die Hersteller so alles angeben. Die Datenblätter von RCA, Telefunken und Phillips sind meist die inhaltsreicheren. Manchmal findet man für die passende Ug2 gar kein richtiges Kennlinienfeld. Dann muss man Näherungen kompliziert aus anderen Daten abschätzen und am Ende den Arbeitspunkt mit messgeräten genau einstellen.

Viele Grüße
Martin

Kpt.Maritim:
Hallo,

ich habe gerade 15 Minuten Zeit, also schiebe ich noch ein paar Berechnung nach. Wir müssen nun unsere Vorstufe berechnen. Doch die müssen wir auf die Endstufe abstimmen. Dazu müssen wir wissen, welche Steuerspannung die Endstufe braucht. Denn die muss ja die Vorstufe aus dem Gitarrensignal durch ihren Verstärkungsfaktor erzeugen. Deswegen beginnt man bei der Verstärkerplanung immer bei der Endstufe.

Der verstärkungsfaktor, den die Vorstufe aufbringen muss ist das Verhältnis aus der Steuerspannung für die Endstufe und der Eingangssignalspannung aus der Gitarre. Letzte Spannung beträgt zwischen 20mV (ganz schwach gewickelte Single Coils) und einigen 100mV (humbucker). Die Steuerspannung der Endstufe können wir jetzt ganz leicht bestimmen.

Unten im Anhang ist ein PDF. Dort ist unser Arbeitspunkt als Schnittpunkt aus B und D eingezeichnet. Den haben wir bereits berechnet. Außerdem ist dort die Lastgerade (grün) eingezeichnet. Deren Anstieg ist bei Pentoden leicht einzuzeichnen. Sie schneidet nämlich die rechte senkrechte Achse für den Anodenstrom nach unsere Berechnungsmethode immer bei 2xIa, also bei 80mA. Da sie außerdem durch den Arbeitspunkt läuft liegt ihr Verlauf fest. Sie bildet praktisch unseren RaL ab.

Nun können wir die Steuerspannung ablesen. Die Lastgerade schneidet die positivst mögliche Gittervorspannungskennlinie bei A, weiter nach links bekommen wir die Röhre nicht ausgesteuert, weil da der Kennlinienknick liegt. Sie schneidet genau die Gittervorspannungskennlinie Ugschneid von -2,5V.

Das ist alles was wir wissen müssen. Die Steuerspannung berechnet sich aus:

Usteuer = Betrag(2*(Ug-Ugschneid)) = Betrag (2*(-14V--2,5V)) = Betrag (2*(-14V+2,5V)) = Betrag (2*(-11,5))
= Betrag (-23V) = 23V

da wir gleich dabei sind, können wir auch die theoretische maximale Ausgangsleistung abschätzen. Dazu nehmen wir die Differenz aus Anodenspannung und der Spannung in Punkt A. Das sind bei uns 280V. Die Multiplizieren wir mit dem halben Anodenstarom also 20mA. Macht 5,6Watt. Wie gesagt, die Zahl ist eher theoretisch als praktisch zu verstehen. Rechne praktisch eher mit 4Watt. Es spielt eigentlich auch keine Rolle.

Nun berechnen wir noch die nötige Verstärkung. Ich bin immer gut gefahren, wenn ich von einer Eingangsspannung Uein von 50mV Signalspannung ausgegangen bin. Die Verstärkung der Vorstufe V ergibt sich nun aus:

V=Usteuer/Uein=23V/50mV=23V/0,05V=460

Die Vorstufe muss also 460fach verstärken um die Endstufe mit einer Gitarre die 50mV bringt ganz auszusteuern. Für eine Verzerrung ist noch mehr Verstärkung nötig.

So eine große Verstärkung erreicht eine einzelne Pentode nicht. Die 6SJ7 und die EF86 sind die Pentoden mit der höchsten Verstärkung für diesen Zweck und kommen bis maximal 220fach. Es ginge, aber dein Verstärker wäre sehr clean. Was gewollt sein kann, ich weiß das nicht.

Warum schafft es der VOX AC4 denn? Die EL84 hat gegenüber der von uns eingesetzten 6V6 eine deutlich kleinere nötige Signalspannung. Ich würde aber nicht die EL84 verwenden, es gab sie zur Zeit der Feldspulenlautsprecher noch nicht. Es ist irgendwie ein totaler Stilbruch.

Was können wir jetzt tun. Dreilerlei:

1. Wir bauen wie geplant, dann aber einen cleanen Verstärker.
2. Wir nehmen eine andere Endröhre mit weniger nötiger Signalspannung. Kandidaten wären die 6AG7, die es aus der Ukraine sehr günstig gibt. Du kannst an ihr mal das Rechnen üben:
http://frank.pocnet.net/sheets/093/6/6AG7.pdf
3. Wir nehmen eine andere Vorstufe mit höher Verstärkung. Es gibt da eine feine fast vergessene Schaltung. Die Kaskade (an die Kenner: nicht Cascode, nicht SRPP!!!).

Ich würde Möglichkeit 1. oder 2. bevorzugen. Du wirst staunen wie wenig Signalspannung die 6AG7 braucht. Es ist übrigens eine Röhre mit Stahlkolben, wie die 6SJ7 auch. Die Russische Namensgebung weicht ab, sie heißt dort 6P9S. 4 Stück kosten mit Porto etwa 16€. Ich denke das ist bezahlbar und zugleich ein schöner Vorrat.

Viele Grüße

pentatone:
Hi Martin -

wieder danke (!!!) für Deine Ausführungen. Ich komme nicht so schnell hinterher, habe das aber schon mal ausgedruckt. Ich hatte bis eben beruflich zu tun und denke, daß ich erst morgen weiter rechnen kann (bin irgendwie platt).


Viele Grüße --- Arne.

pentatone:
Hi Martin -

das ist ja ein harter Tobak, aber wie die Römer schon sagten "der Weg zu den Sternen ist steinig". Mit den Gleichungen habe ich das jetzt soweit auf Reihe, aber mit den Kennliniendiagrammen klemmt es noch ganz ordentlich - da habe ich doch noch ganz nette Probleme mit dem Lesen und Verstehen.

Ich denke, Du hast Recht, die 6AG7 zu nehmen, bevor das so ein ganz cleanes Ding wird, obwohl ich nicht so richtig abschätzen kann wie clean das mit einer 6V6 wäre.

Ich habe mal versucht, an der 6AG7 rumzurechnen und bin da bei RaL=7k und Pa=9W auf Ua=252V und Ia=36mA gekommen.
Jetzt brüte ich darüber, in welches der Diagramme ich den Arbeitspunkt eintragen muß, um Ug1zu bekommen. Bitte nicht verraten - ich möchte das selber hinbekommen und erst nach Hilfe rufen, wenn es absolut nicht klappt!


Viele Grüße --- Arne.


P.S. Ich möchte mal einen neuen Thread aufmachen mit dem Hinweis, daß hier ein erstklassiges Tutorial von Dir läuft mit Rechenübungen und allem Drum und Dran. Hast Du was dagegen?

Kpt.Maritim:
Hallo

nö, es genügt aber auch diesen umzubenennen (siehe oben).

Deine Ergebnisse sind übrigens allesamt richtig! Du wirst erstaunt sein, wie klein die Ug1 ist. Das liegt ander eigentlich gedachten Verwendung der 6AG7.

Viele Grüße
Martin



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