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Technik => Tech-Talk VOX => Thema gestartet von: roseblood11 am 28.11.2016 16:11

Titel: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: roseblood11 am 28.11.2016 16:11
Moin,

welche Kondensatoren würdet ihr für einen AC30 wählen, der klanglich nah an den alten Originalen sein soll?

Bei Claus sehe ich z.B. "TC", finde aber keine Quelle.

Mojave Amps verwendet für Restaurierungen teils ausschließlich Kondensatoren, die nach Xicon Polypropylen aussehen. Wie wirkt sich das auf Klang und Nebengeräusche aus? In vielen Darstellungen erscheint Polypropylen als die bessere Wahl, oder hat auch Polyester andere Vorteile, abgesehen von der Größe?

Warum verwenden eigentlich die meisten hier pro Amp immer nur einen Typ? Sieht natürlich sauber aus, aber wäre ein bunter Mix vielleicht klanglich interessanter, weil sich die unterschiedlichen Eigenschaften ergänzen? Mir sind jedenfalls schon manche auffällig gut klingende Vintage Amps begegnet, die einen Mix aus zig Typen enthielten, vermutlich weil bei Reparaturen immer das genommen wurde, was grad da war.

Grüße, Immo
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Athlord am 28.11.2016 18:59
Hallo Immo,
das Thema ist Voodoo....
Cheers
Jürgen
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: DocBlues am 28.11.2016 21:11
Hallo Jürgen,

mindestens ebensoviel Stress kommt von Ignoranten. Mußt Du die Frage in dieser Weise abwürgen ? Es gibt übrigens die Auffassung, daß die tiefere Bedeutung des Wortes "voodoo" das Wort "good" ist ?!?! :devil:

Hallo Immo,

Zurück zum Thema : Xicon Polyprop würde ich in einem AC30 nicht durchgängig verwenden. Die unterstützen prima den Fender-Twang aber nicht gerade das, was man vom AC 30 erwartet. Orange Drops tendieren zu etwas harten Präsenzen - ist Geschmackssache - Mesa Boogie verwendet sie anscheinend vorrangig. Für AC30 würde ich eine Kombination von Polyester (Jupiter, Sozo, und die gelben Mustards, die von der Apotheke kommen und deren Name hier nicht genannt werden soll. Mallory würde ich nicht nehmen) und Polyprop (Solen Fast). Letztere bringen mehr Direktheit, mehr Punch. Das kann aber auch zu brutal und etwas steril werden. Die genannten Polyester-Caps drehen das wieder etwas in die vintage/smooth Richtung.

Aber nicht vergessen: Allein die Kondensatoren sind es nicht. Deren Einfluß ist umso größer, je besser der Rest (Widerstände, Kabel, etc.) auch ist. Umgekehrt ist der Kondensator-Einfluß gering, wenn Du die Sound-Details schon an anderer Stelle (und sei es durch miese Vorschaltgeräte) ruiniert hast.

Wichtig: Die alten Amps (60-iger/70-iger Jahre) wurden keineswegs mit High-End Bauteilen aufgebaut , sondern mit damaligem Industrie-Standard. Man kann also mit supertransparenten und -schnellen Bauteilen auch in die falsche Richtung laufen (s.o. "Solen Fast im Mix mit Polyester"). Als weiteres Beispiel würde ich im Tonestack eines AC30 auch Silver Mica auch nur mit Vorbehalt verwenden und eher zu Keramik greifen.

Nun ist es aber gut (good, voodoo). Wer es nicht hört und den Unterschied beim Spielen nicht fühlt (Ansprache, Reaktion auf unterschiedliche Spielweise) ist gut dran - er muß sich keine Gedanken machen und ist glücklich.  ;) Der Rest darf nach Geschmack optimieren http://www.tube-town.de/ttforum/Smileys/classic/sex.gifund bekommt den extra Kick vom Sound, wenn es geklappt hat.http://www.tube-town.de/ttforum/Smileys/classic/bier.gif

Gruß,
DocBlues



Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: roseblood11 am 28.11.2016 22:21
Naja, 95% von dem, was zu dem Thema geredet wird, ist Voodoo. Mich interessieren die anderen 5%...
Welche konstruktive Eigenschaft der genannten Typen hat die beschriebenen Auswirkungen? Wieso unterstützt angeblich Polypropylen den Fender Twang? Das muss man doch auch mit greifbaren technischen Begriffen ausdrücken können? Und welche Eigenschaft kommt unter welchen Bedingungen zum Tragen? Im Oszillator des Vibratos wird sicher kein Twang unterstützt... Und was bei 300V relevant ist, muss es bei 3V nicht auch sein...
Da ich mich nach langem Zögern nun endlich an eigene Amps wage (erst 5e3, dann AC30), möchte ich vor allem die Details  verstehen. Ob konkrete Teile dann doch eher nach Größe und Preis ausgewählt werden, steht auf einem anderen Blatt.
Sicher gibt es auch eine Mengo gute Infos im Netz, immer her mit den Links...

Grüße, Immo
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Reinhold Messmal am 28.11.2016 23:37
Hallo,

http://www.tube-town.de/ttforum/index.php/topic,21423.0.html (http://www.tube-town.de/ttforum/index.php/topic,21423.0.html)
http://www.audio-consequent.de/info/inf_baue.htm (http://www.audio-consequent.de/info/inf_baue.htm)
http://www.cliftonlaboratories.com/capacitor_voltage_change.htm (http://www.cliftonlaboratories.com/capacitor_voltage_change.htm)

Gruß, Stefan
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Athlord am 29.11.2016 07:40
Moin Doc,
ich habe das Thema nicht "abgewürgt".
Du beschreibst ja das für und wieder.
Ich gehe mal so weit und behaupte,
beim AC gibt es keine typisch geeigneten
Kondensatoren. Die wurden über die Jahre
mit diversen verschiedenen Typen bestückt,
Was grade gut und günstig verfügbar war..

Also munter bleiben und loslegen.
Wenn es dann nicht klingt, kann man
immer noch was machen.

Cheers
Jürgen
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: bluesfreak am 29.11.2016 09:41
Moin,

wenns ein "korrekter" AC30 werden soll würde ich vorwiegend SoZo NexGen Vintage Caps nehmen und ggf mit Jupiter mixen.
Allerdings muss ich sagen das mir in den letzten Jahren die Roedersteins ans Ohr "gewachsen" sind, egal ob das in einem Marshall artigem oder auch anderem (mehr amerikanisch angehauchtem) Amp ist/war. Ich hab dieses WoE erst einen 59 RI Bassman reanimiert der u.a. geplatzte (Illinois)Elkos hatte und der im allgemeinen sehr scharf und schrill klang. Habe zuerst mit ODs experimentiert musste aber aufgrund Verfügbarkeit (Dirk verschickt nun mal nicht von Sa auf So ;) ) bereits teilweise Roedersteins einsetzen. Nach ersten Test war mir immer noch zuviel Icepick im verzerrten Sound den dann Roedersteins im Tonestack und der ersten Stufe komplett beseitigt haben...jetzt rockt er sauber, angenehm und klingt immer noch sehr nach Bassman....

Gruß
blues
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: roseblood11 am 29.11.2016 10:00
Die Rödersteine sind Polypropylen, oder? Die mit ähnlichen aus Polyester mixen wär vielleicht nicht schlecht. Wobei mich der Mojo-Aufschlag bei Jupiter nicht grad anzieht.
Mal sehen, evtl misch ich nach Kanal. TB wie beschrieben, Normal kriegt Orange Drops und Vib/Trem vielleicht Xicons.

Sieht dann aus wie der Paprika-Mix vom Pennymarkt.  :bier:
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: bluesfreak am 29.11.2016 10:59
Nö, die Roederstein MKT 1813 sind Metallized Polyester Film...siehe auch angehängtes ProductSheet
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: DocBlues am 29.11.2016 14:29
Hallo und noch ein Nachtrag,

die Röderstein 1813 hatte ich nicht erwähnt, weil ich kaum Erfahrungen mit denen im Hochvoltbereich (Röhrenamps) gemacht habe. Ich habe sie aber mit Erfolg in verschiedenen Bodentretern und in einem Bass-Recording-Preamp eingesetzt. Dort haben sie einen ähnlichen angenehmen Abrundungseffekt, wenn man sie selektiv einsetzt.

Da es ja nun nicht so wahnsinnig viele Caps im AC-30 sind, würde ich wie folgt anfangen:
Solen Fast zwischen Treiber und Endröhre. Den Cut-Cap mit Röderstein oder Sozo, Jupiter, (...Mustard) - ebenso den Tonestack.
Den Rest im Bright Kanal (icl. Reverb) testen. Wichtig: Nicht zu viel auf einmal wechseln, sonst verliert man den roten Faden.
Die Jupiter Caps haben sicher einen erheblichen Mojo-Aufschlag, auch die Sozos, ebenso wie die Mustards den Apothekenaufschlag haben.
Allerdings sind die nach meinem Empfinden auch alle in einer anderen Liga als die Mallory 150, die ich nicht warm und vintage empfinde, sondern matt und "plastikhaft".
Röderstein ist da (für meine Ohren) eindeutig besser, allerdings ziehe ich die oben genannten Caps (Mit "Aufschlag") in Röhrenamps vor.
Die Röderstein Caps sind klasse für Niedervoltschatungen, weil Sie in den 63 Volt Ausführungen deutlich kleiner sind und sich besser auf Platinen als Ersatz oder Ergänzung für/zu Wima-Caps unterbringen lassen, wo die Sozo, Jupiter keinen Platz finden.
Jupiter und ...Mustards sollen übrigens bis auf den Aufdruck identisch sein.
Immerhin kannst Du nach meiner Einschätzung die noch teureren Caps wie "Auricaps" für Röhrenamps aussen vor lassen. Die sind superdetailliert und transparent, liefern aber nicht den Charakter, den man von old-school Röhrenamps erwartet.

Letztlich würde ich es aber nicht an 15 Euro Mehrkosten scheitern lassen. Wie gesagt: Solen Fast sind bauartbedingt sehr transparent und direkt. Das kann ein Startpunkt sein. Manchmal reicht dann schon der Austausch gegen einen guten Polyester-Cap im Signalweg, um das Ganze perfekt zu machen, manchmal braucht es noch 1 oder 2 mehr. Ein einzelner Paper in Oil Cap kann die Sache auch ganz deutlich in Richtung "smooth" verschieben. Ich persönlich finde sie meist zu "soft", habe aber auch nur solche bis 5 Euro / Stück getestet.

Mach was draus und gib bitte Feedback, wie Deine persönlichen Erfahrungswerte ausgefallen sind. Übrigens gibt es hier im Forum mindestens 2 Threads, in denen Forumsteilnehmer mit großem Erfolg die Solen Fast in Verbindung mit einigen wenigen anderen Caps eingesetzt haben.

Gruß,
DocBlues
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: roseblood11 am 29.11.2016 14:37
Ischwerdeberischten...

dauert aber noch. Chassis ist unterwegs, aber realistisch komme ich frühestens im Januar zum Bauen.
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Doublecut am 30.11.2016 12:55
... weil noch nicht erwähnt, in meinem 76er AC30 werkeln Tropical Fish. Zum Klang kann ich wegen fehlender Vergleichsmöglichkeiten keine Aussage treffen. Für mich klingt er gut und die, die ihn gehört haben bestätigen das.
Um die Tropical Fish gibt es noch nicht den Hype wie bei den originalen Philipps-Mustards, sie sind also noch über relativ zivile Preise in der Bucht zu finden (auf Spannungsfestigkeit achten!). Soweit ich weiss sind das, wie die Mustards Polyester-Caps, ich lasse mich aber gerne berichtigen.
Grüsse, Robert
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: DocBlues am 30.11.2016 16:42
Hallo Robert,

ja - die Phillips Mustards sind Polyester-Caps mit Folie gewickelt. Die von mir erwähnten Mustards und die Jupiter sind nach meiner Info Nachbauten der alten Phillips-Caps. Die Tropical Fish kann man als NOS sicher auch nehmen. Probieren geht über Studieren. Der Charme des Ansatzes mit den Solen Fast ist, das die sehr neutral  und detailreich sind und man dann die günschte "Färbung" mit wenigen charakterstärkeren Caps sehr gezielt hintrimmen kann. Wenn man z.B. Orange Drops, Jupiter und Xicon mischt, gibt es so viele unterschiedliche Färbungseinflüsse im Gesamtklang, daß man nur sehr schwer gezielt vorgehen kann und das Ergebnis zunehmend auf Glückssache hinausläuft.
Deshalb wäre mein Vorschlag, den Tropical Fish mal mit in die Färbungskollektion hineinzunehmen, trotzdem aber die Basis mit Solen Fast aufzubauen.

Gruß,
DocBlues
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: DocBlues am 30.11.2016 16:48
Hallo Robert,

ja - die Phillips Mustards sind Polyester-Caps mit Folie gewickelt. Die von mir erwähnten Mustards und die Jupiter sind nach meiner Info Nachbauten der alten Phillips-Caps. Die Tropical Fish kann man als NOS sicher auch nehmen. Probieren geht über Studieren. Der Charme des Ansatzes mit den Solen Fast ist, das die sehr neutral  und detailreich sind und man dann die günschte "Färbung" mit wenigen charakterstärkeren Caps sehr gezielt hintrimmen kann. Wenn man z.B. Orange Drops, Jupiter und Xicon mischt, gibt es so viele unterschiedliche Färbungseinflüsse im Gesamtklang, daß man nur sehr schwer gezielt vorgehen kann und das Ergebnis zunehmend auf Glückssache hinausläuft.
Deshalb wäre mein Vorschlag, den Tropical Fish mal mit in die Färbungskollektion hineinzunehmen, trotzdem aber die Basis mit Solen Fast aufzubauen.

Gruß,
DocBlues
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Stone am 30.11.2016 19:04
Hallo

Eigentlich möchte ich das Thema nicht noch mal diskutieren, da es schon in dem von mir gestarteten (und hier referenzierten) Thread zwischendurch sehr pauschal und leidenschaftlich zuging.

Ich komme aber nicht umhin meine 2 Cents auch nochmal anzubringen: es wurde hier schon gesagt und entspricht in Hinblick auf originale, alte Amps meiner eigenen Meinung; "damals" wurden die Amps unter dem Gesichtspunkt gebaut, was gerade günstig und verfügbar ist.

So soll ja auch Marshall vornehmlich die EL34 gewählt haben, weil diese günstiger und in UK verfügbar war, als die 6L6 - gleiches gilt wohl für andere Bauteile bei zahlreichen Herstellern.

Darüber hinaus gab es ja auch weniger Produzenten von Kondensatoren, Widerständen, Poti uvm. Ist jedenfalls mein Empfinden.

Alles andere ist meinerseits, finde ich, schon im Thema "Die ewige Frage ..." gesagt worden :)

Und die Frage wird (auch für mich) immer bleiben, ob der Sound nicht durch ganz andere Faktoren deutlich stärker (negativ) beeinflusst wird, als durch die "falsche" Wahl der Kondensatoren - es gibt aber eben auch Leute, die von richtiger und falscher Polung bei Widerständen sprechen und sich auf den Sound beziehen.

Insofern hat Jürgen nicht ganz unrecht: das Thema ist und wird für die meisten Voodoo bleiben, zumindest unter dem für mich wichtigsten Aspekts, des Gehörs.

Gruß, Stone
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: DocBlues am 30.11.2016 22:05
Hallo Stone,

die Kondensatortypfrage ist sicherlich nicht die erste Frage, wenn es um den Sound eines Verstärkers geht. Wenn man allerdings schaltungstechnisch sehr nah an einem "historische" Original wie dem AC 30 dran ist, hat man ja nicht mehr sehr viele Variationsmöglichkeiten.
Vielleicht mehr als früher gibt es heute sehe viel minderwertige Bauteile (so wie der Anteil an totalem Ramsch in den letzen 30 Jahren fast überall deutlich angestiegen ist. Ich denke, die älteren Forumsteilnehmer wissen alle, wovon ich rede). Minderwertige Bauteile sind für mich solche, die Dynamik und Details einfach nur vernichten. Das passiert in billiger Consumerelektronik in großem Stil.
Gute Bauteile sind solche, die das Signal entweder weitestgehend transparent weiterleiten ( natürlich von gezielt eingesetzten R-C-Gliedern oder ähnlichen Aspekten abgesehen) oder eine musikalisch vorteilhafte Färbung hinzufügen (z.B. leichen Abrunden von Transienten oder Ergänzen von musikalisch klingenden Oberwellen z.B. (subjektiv - ich weiss !)).

Ich denke, die Reihenfolge ist: Gutes Grundkonzept, zieldienlich durchdachte Schaltung und Einsatz guter Bauteile.
Nach meiner Erfahrung "verkauft man" aber auch eine gute Schaltung ohne gute Bauteile unter Wert und etwas "Voodoo-Optimierung" kann in Verbindung mit Erfahrung ein Klang-Sahnehäubchen oben drauf bringen.

Vielleicht sollten wir aber alle etwas weniger an der Vergangenheit hängen. Rockmusik war mal eine sehr aufregende, innovative Angelegenheit mit sehr viel Sound-Experimenten. Heute kommt es mir nicht selten so vor, als ginge es darum Relikte aus der Vergangenheit um jeden Preis vor der Veränderung zu schützen und im Museum in musilkaisch-politischer Korrektheit zu kultivieren. Da rotiert doch Jimi Hendrix im Grab. Wie sagte doch Thomas Blug in Zusammenhang mit der Spezies "Gitarristen": ...sie sind fortschrittlich und innovativ solange sich nichts ändert.
Zum AC 30: Ich hatte vor 40 Jahren auch einen - mit original Blue Bulldogs. Der klang für manche Dinge (in meiner damaligen Rory Gallagher Cover Band) auch toll - trotzdem hatte er auch Schwächen und ich habe mich nicht dran festgeklammert und ihn auch nicht zum Sakrileg erklärt.
Sorry - ist schon wieder etwas lang und "off topic " geraten - man kann aber vielleicht auch mal drüber nachdenken.

P.S. Ich war übrigens gerade auf Deiner WEB-Site und habe etwas "geschmökert" - interessant.

Gruß,
DocBlues
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Stone am 13.12.2016 10:25
Hallo

@DocBlues

Die Antwort war mir irgendwie durchgegangen ...

Den letzten Satz nehme ich mal als positives Kompliment - interessant kann man ja auch als Synonym für "verrückt" oder "abgedreht" sehen ;)

Ich gebe Dir Recht hinsichtlich der Affinität zur Vergangenheit: wenn ich bedenke, dass ich mal Blackmores Sound für das Maß der Dinge gehalten habe, wird mir irgendwie schlecht.

Auch hinsichtlich Amps hat sich einiges getan, keine Frage, sowohl rein technisch, als auch im Sound - so stelle ich z.B. mit "Erschrecken" fest, dass mir nur einige alte Marshall-Sounds gefallen; der gute Jimi ist bei mir völlig außen vor und steht quasi am anderen Ende der Skala wie ich (Fuzz-Sound ist nun völlig konträr zu meiner Vorliebe für massive Distortion im Bass-Bereich).

Die Flexibilität der Verstärker scheint gestiegen - hier und da findet man ja sogar mehrere verschiedene Typen in einem Chassis untergebracht (ich denke, der H&K Triamp ist ein gutes Beispiel, welcher einen MV-Marshall, einen Fender-Clean und einen SLO in sich vereint ... aus meiner Sicht) - was natürlich die Assoziationen eines bestimmten Verstärkers mit einem bestimmten Sound einer bestimmten Zeit aufhebt.

Gitarristen sind sehr innovativ, wenn es darum geht, Wege zu finden, den alten Krempel immer noch in den Himmel zu loben ... plötzlich ist Brumm und Rausch gleichgültig, Matsch in den Bässen wird als Charakteristikum hingenommen / stilisiert usw. Schon allein hinsichtlich Gewicht, Optik uem. habe ich da innerhalb von 2 Minuten von derselben Person widersprüchliche Aussagen gehört.

Und ... nur wo Porsche draufsteht, kommt auch Porsche raus - ganz wichtig. Das es ggf. etwas auf dem Markt gibt, was besser bzw. flexibler, gleichwertig etc. ist, bleibt völlig unbeachtet.

Zur Verwendung der Bauteile heute und früher ... heute zählt die Massenproduktion und der Wegwerfkonsum - reparieren ist ja nun wirklich out und ich warte eigentlich nur noch auf die Einweg-Tubeamps. :) Dennoch bleibe ich bei meiner Meinung, dass die Bauteile "früher" (ich bin leider auch schon etwas älter, wenn man so will) minderwertiger waren, hinsichtlich der Streuung und Toleranzen auf jeden Fall.

Heutzutage entscheidet der Hersteller über die Verwendung von qualitativ hochwertigen oder minderwertigen Komponenten - "damals" war das ebenfalls möglich, jedoch im geringeren Umfang, so finde ich.

"Historisch" und "politisch korrekt" wird man einen Amp nur mit den auch damals verfügbaren Bauteilen - zumindest optisch - wieder aufbauen können. Ob der Aufwand lohnt, steht auf einem anderen Blatt und wir sollten ebenfalls nicht vergessen, dass man damals auch gern mal diverse Amps im Rack transportiert hat (heute auch noch, obwohl das anders ginge), um verschiedene Sounds zu erreichen ....

Gruß, Stone
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: DocBlues am 19.12.2016 23:13
Hallo Stone,

vielleicht kann man es betreffend die Bauteilqualität so ausdrücken:

Früher war die Fertigungstechnik weit weniger perfekt. Um trotzdem klarzukommen, brauchte man mehr Sicherheitsabstand, um Ausfälle zu vermeiden. Außerdem ging man fast immer davon aus, daß Geräte gut zu reparieren sein sollten und eine gewisse Solidität für längere Lebensdauer haben sollten. Das war sicher auch ein Zeitgeist, der noch vom Mangel nach dem Krieg und den darauf folgenden Wohlstandsaufbaujahrzehnten geprägt war.
Heute ist die Fertigungstechnik sehr viel weiter, wird aber vielfach dazu genutzt gezielt möglichst billig am unteren Qualitäts- und Lebensdauerlimit zu produzieren ohne zuviel Ausfälle in der Garantiezeit zu erzeugen. Es ginge natürlich besser und wenn man mit Bauteilen für soliden oder höheren Industriestandard arbeitet (also dort , wo der Consumer-Ramsch weniger akzeptiert wird, weil man Zuverlässigkeit und Leistung erwartet - z.B. weil Produktionsausfölle und Mess-/Prüffehler teuer werden können), kann man ja teils erstaunliche Dinge im Audiobereich zusammenbasteln.
Andererseits sind Linearität und Präzision nicht immer der Freund des bevorzugten Klangs, denn das was wir Gitarristen in Sachen Nichtlinearität veranstalten, läßt viele Elektrotechniker erschaudern.
Vielleicht liegt da wieder ein Geheimnis des Vintage-Sounds. Viele Bauteile waren früher einfach weniger elektrotechnisch perfekt, hatten mehr Streuung und mehr Nichtlinearität, was dem Sound durchaus hilfreich sein kann. Allerdings kann es auch böse nach hinten losgehen, wenn sich die Toleranzen und Nichtlinearitäten gerade mal in der falschen Richtung ergänzten.

Ich bin durchaus froh, daß ich mich bei guten Marken-Bauteilen heute darauf verlassen kann, daß sie ziemlich konsistent produziert wurden. Ansonsten wäre das Klangtuning ja reine Glückssache.

Gruß DocBlues



Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Stone am 20.12.2016 08:39
Hallo DocBlues

Da habe ich einen Aspekt nicht in Betracht gezogen bzw. Dich auch ein wenig missverstanden - volle Zustimmung. Ja, die Toleranzen in den Werten und Fertigungstechniken bescherten uns ja Verstärker der Prädikate "der klingt echt geil" und "hm ... irgendwie nicht so", obwohl der gleiche Typ vom gleichen Hersteller aus der gleichen Reihe und Baujahr.

Ist, finde ich, zwar selten, aber die Effekte gibt es - ein Bekannter hat einen JCM800 2203, den ich echt gigantisch finde; und der Amp ist absolut original.

Die Packungsdichte und das Rastermaß üben, so finde ich gleichermaßen, ebenfalls Einfluss aus - für mich selbst kann ich das u.a. negativ durch den Einsatz von Turretboards belegen, die mal diesen, mal jenen Effekt auslös(t)en.

Nun ... genug des "off topic" :)

Gruß, Stone
Titel: Re: Kondensatoren für AC30
Beitrag von: Manfred am 20.12.2016 09:43
Hallo,

Zitat
Ist, finde ich, zwar selten, aber die Effekte gibt es - ein Bekannter hat einen JCM800 2203, den ich echt gigantisch finde; und der Amp ist absolut original

Genau das ist der Mythos der manchem Dingen vorauseilt.
Viele haben einen solchen Amp gehört und waren nach dem Kauf deselben enttäuscht.
Z.B. Auch ein Fenderamp bei welchem der 22uF Kathodenelko stark gealtert ist und vielleicht nur noch 5uF hat,
klingt auf einemal mit einer Paula subjektiv besser da sich die Grenzfrequenz nach oben verschoben hat.
Dann der neue Mythos, ja, der Vintageamp klingt einfach besser.

Das gleich Spiel hatte man mit den PAF-Pickups die früher einfach handgewickelt waren, so wie es kam,
und große Toleranzen in Bezug auf die Wicklungskapazität hatten.
Die Resonanz der Wicklung lag immer woanderst, der eine Klang auch wieder subjektiv besser,
der andere nicht so wie man es erwartet hatte.

@Stone
Da gebe ich die Recht dass wir mit den heutigen Fertigunstechnik der Bauteile und deren Werttreue besser bedient ist.
Einen gutklingenden Amp zu kopieren, bedürfte es alle Bauteile auszumessen und das Original-Layout beizubehalten,
ein schwieriges Unterfangen.

Da ist es billiger und einfacher ein Kemper Amp zu kaufen und den Wunschamp abzubilden. :devil:
Die Röhrenamppuristen möchten mich bestimmt wieder erschlagen. ;D

Gruß
Manfred