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Technik => Tube-Talk => Thema gestartet von: Doas am 24.04.2009 15:09

Titel: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Doas am 24.04.2009 15:09
Experten,

jedes mal, wenn ich einen 6L6XXXX Amp einstellen will, stehe ich vor den selben Fragen:

Mir ist bekannt, dass die 5881 20W ab kann. Die 6L6(XX) wohl 25W. Die 6l6GC(XY) 30W.
Dann wird ab und zu gesagt : "Diese 6l6(XYZ) ist ja gar kein...es ist eine umgelabelte 5881..." usw.
Leider findet man auch z.B. in Dirks Shop keine Angaben zu den verschiedenen Typen! In keinem Shop. Auch bei dem in Worms nicht!

Ich hab dann immer eine 6L6XYGC+WX+T643 in derHand und frage mich erneut....20W ? 25W ? 30W ?

Wenn ich mir dann noch die Vorschläge in den Schalplänen ansehe, wird die Verwirrung komplett.
Z.B. ENGL Powerball steht:

440V Standby ON, 28 bis max. 34mA mit 6L6GC - OK

440V *0034A = 14,96W....also meinen die wohl eine Röhre mit 20W Pamax! Eine 6l6GC, die im PLan steht, sollte doch wohl aber 30W abkönnen (z.B. die EH 6l6...auf deren Packung 6l6GC steht und auf deren Glas 6L6EH steht).

Gibt es irgenwo im Netz eine Liste mit aktuell verkauften 6L6 Derivaten mit ihren jeweiligen Pamax Angaben ?
Oder bin ich der einzige, der sich hier ständig von neuem fragt ?

Viele Grüsse!
Doas  
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Athlord am 25.04.2009 11:22
Moin,
die Problematik ist ja mal wieder typisch deutsch.... ;D
Man kann es sich auch noch schwerer machen.
Wenn auf der Röhre eine Typenbezeichnung aufgedruckt ist, dann hat das einen Grund!
Bestehen Zweifel, dann gehe auf die Homepage des Herstellers und schau Dir einfach das Datenblatt zu dem Produkt an.
Wenn man mal nichts findet, dann stellt man gemäß der Typenbezeichnung auf sichere niedrigere noch zulässige Werte ein.
So mach ich das jedenfalls und bin bisher immer gut damit zurechtgekommen.
Gruss
Jürgen
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: jacob am 25.04.2009 11:48
Hi Doas,

Jürgen hat da absolut recht. Wenn es keine Datenblätter zu den Röhren eines bestimmten Herstellers gibt, dann sollte man diese Röhren vielleicht auch einfach nicht kaufen.
Andererseits: in richtigen Gitarrenamps werder die absoluten Maximalwerte der Röhren sowieso oft drastisch überschritten, da ist es, genau genommen, mit der Gewährleistung des Händlers/ Herstellers bei einem Ausfall sowieso Sense.
Der durch Groove-Tubes in den 80ern ausgelöste Bias-/ Matching- und Balsnced- Hype macht sowohl unsichere Zweifler als auch Perfektionisten zusätzlich noch unnötig verrückt. Sie trauen ihren Ohren wohl nicht mehr so richtig...

Wenn im Amp alles stimmt, dann stell' doch einfach mit Tongenerator, Scope und Dummy auf geringstmögliche Übernahmeverzerrungen ein und miss dabei natürlich (sicherheitshalber) den Strom jeder Röhre.

Gruß

Jacob
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Doas am 25.04.2009 12:19
Hallo,

mhm...typisch deutsch....naja...bin ja auch einer, insofern trifft es mich nicht so.
Na dann versucht mal, Datenblätter für TAD, Sovtek, EH (sind auch Sovtek...ich weiß), Tung Sol, TD, oder Svetlana Röhren zu bekommen. Die einzigen 6L6 MIT Datenblatt sind die JJs!!!

Ich finde 5W Unterschied sind schon ne ganze Menge. Auch in Dirks Biaseinstellanleitung gibt es die 6L6 Spalte, mit 25W, und die 6L6GC Spalte mit 30W.
"GC" sind ja aber heutzutage alle Röhren. Also müssten ja dann alle 6L6XYZ 30W haben. Warum gibt es dann aber die 25W Spalte ?
Wie soll ich 70% von etwas berechnen dessen Wert ich nicht kenne ?

Aber vielleicht ist das ja alles wirklich Krümelkackerei. Einfach Röhre rein. N bissl am Poti rumdrehn......va bene!

Grüsse!
Doas


 
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Athlord am 25.04.2009 12:54
Hallo,
manchmal sollte man auch die Smileys beachten... ;)
TAD verwendet Röhren von den einschlägigen Herstellern, die extra für TAD gelabled sind.
Genauso macht Dirk das mit den TT-Röhren, diese kommen überwiegend aus China und weisen eine hohe Qualität auf.
Alle diese Röhre halten sich an die bekannten Spezifikationen der einzelnen Typen und sind auch mit der entsprechenden Bezeichnung versehen.
Wenn auf einer Röhre 6L6GC aufgedruckt ist, dann verwende ich diese auch als solche - ganz egal was andere dazu behaupten - außer es ist der Hersteller selber.
So einfach ist das...
Wenn es dann doch einmal Probleme gibt, dann kann man sich einen Kopp darüber machen - die Lösung dazu haben Jacob und ich aber auch schon genannt.
In diesem Sinne
Gruss
Jürgen
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Han die Blume am 25.04.2009 14:09
Hier gibts doch schon fast alles...


http://www.mif.pg.gda.pl/homepages/frank/sheets66.html

LG

Kai
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Doas am 25.04.2009 14:18
Hallo Kai,

danke! So ein Hinweis war der Sinn des Freds!
Wenn man sich die 6l6 Typen mal durchsieht ist da ja von 21W-30W fast alles dabei.

Dank und Gruß!
Doas
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: jacob am 25.04.2009 16:45
Hi Doas,

das Datenblatt für die EH 6L6 findest Du z.B. auch hier bei TT:

http://www.tube-town.net/info/datenblaetter/tubes/eh/eh6L6.jpg

Da TAD manche Röhren in China nach ihren Vorgaben herstellen lassen, haben sie zu diesen garantiert auch ein Datenblatt. Hattest Du schonmal deswegen dort angefragt?

Wenn manche Hersteller/ Vertriebe für ihre Produkte noch nicht mal den Händlern (!!!) Datenblätter zur Verfügung stellen (können?), dann gehe ich mal davon aus, daß der Hersteller seine Sache wohl nicht allzu ernst nimmt. Die wollen halt in erster Linie ihren Schrott unter die Leute bringen, sonst nichts  :bier:

Gruß

Jacob
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: OneStone am 27.04.2009 14:36
Das zentrale Problem ist, dass heute jeder Mist als irgendwas anderes gelabelt wird, das er eigentlich nicht ist.

Das Problem ist, dass die meisten Hersteller schon unfähig sind, zu verstehen, dass eine 6L6 was anderes ist als eine 6L6GC. Schaut mal nach, auf wie vielen Amps neben dem BIAS-Wahlschalter "6L6" steht, alternativ zu "EL34". Das führt zwangsläufig zu Problemen, denn damit wird bereits gegen die Nomenklatur verstoßen und man hat schon die ersten Verwirrungen.

Weiter geht es dann mit der Sache mit den Suffixen. Wenn einer eine 6L6GC entwickelt und sich denkt "hey da sind zwei Buchstaben drin, jetzt zeigen wir, dass die von uns kommt" und dann aus der 6L6GC eine 6L6EH macht, dann ist die Kacke richtig am Dampfen, weil keiner mehr nachvollziehen kann, ob das eine 6L6 oder eine 6L6GB oder eine 6L6GC oder eine 6L6WGA oder 6L6WGB sein soll. Dazu baut man verschiedene Systeme in den gleichen Kolben, sodass man das anhand der Größe auch nicht wirklich sofort erkennen kann. Das gleiche ist es auch bei Vorstufen. ECC83 = 12AX7. das weiß jeder, aber was ist dann eine 12AX7A oder 12AX7EH oder ECC83S oder ECC803S? Spanngitter oder nicht, das darf man dann wieder recherchieren, weil die Hersteller sich nicht an die Nomenklatur halten. ich könnte jetzt mit der ECC99 weitermachen, aber ich denke, es ist klar...

Zu der Frage mit der Verlustleistung: Ich frage mich, warum jeder zwanghaft x Prozent der Anodenverlustleistung einstellen muss, nur weil das in einem pdf steht. Ich hatte einen Marshall JCM2000 hier, bei dem der "Amp Doc", der diesen Amp überprüft und "eingemessen" hat, da waren pro Röhre 45mA oder so eingestellt. Angeblich gehört das ja so, aber das Netzteil ist dabei fast abgefackelt und ich habe mir die Hand am Netztrafo ordentlich verbrannt. Ich habe den Amp dann auf 30mA pro Röhre eingestellt und der Eigentümer hat sich gefreut. Zitat "Hey, der wird ja nicht mehr so heiß und außerdem klingt das Ding jetzt nicht immer so warm als würds gleich abbrennen...".
Die Hersteller geben einen gewissen Ruhestrom vor und diesen sollte man dann auch in Ansätzen einhalten. Dass ENGL den Ruhestrom eher niedrig ansetzt, das ist auch logisch, weil bei den Amps sonst bei minimaler Asymmetrie wahrscheinlich schon der AÜ sättigt oder der Netztrafo durch höheren Ruhestrom das Zeitliche segnet. Wer schonmal den NT eines Fireball nach einigen Stunden Betrieb angefasst hat, der weiß, was ich meine.

Daher ergibt sich die Frage nach der maximalen Anodenverlustleistung eigentlich garnicht, weil man da - egal ob 20W oder 30W - sowieso drunter bleiben sollte. Bei Aussteuerung sieht das Ganze nochmal anders aus, da wird Qa und besonders Qg2 oft sowieso himmelweit überfahren, sodass man sich darüber eher bei der Entwicklung des Verstärkers (Ug2max...) als beim Einstellen des Ruhestroms Gedanken machen sollte. Da ist das relevantere Problem die Schirmgitterstromübernahme und die damit einhergehende Überlastung des Schirmgitters und weniger die Überlastung der Anode.

Außerdem möchte ich noch auf das von Jacob geschriebene eingehen, denn ich teile da seine Meinung:

Jürgen hat da absolut recht. Wenn es keine Datenblätter zu den Röhren eines bestimmten Herstellers gibt, dann sollte man diese Röhren vielleicht auch einfach nicht kaufen.

Man sollte die Datenblätter aber nicht nur auf deren Vorhandensein überprüfen, sondern auch auf Änderungen im Vergleich zu den Originaldatenblättern der "großen" Hersteller wie Valvo, Philips, Telefunken usw. Dann stellt man nämlich fest, dass einige Hersteller bei der EL34 einen Rg1max von 100kOhm angeben, im Vergleich zu 500k (B) bzw 700k (AB, A) bei Telefunken und Co. Das führt dazu, dass man in den meisten Amps keinerlei Gewährleistungsansprüche haben dürfte, wenn der Ruhestrom wegdriftet und die Röhre abbrennt, weil man die Röhren nicht gemäß der Spezifikationen betrieben hat.
Ich finde das eine Schweinerei, dass sowas dann EL34 heißt, aber gut...es wird gekauft. Also Augen auf beim Röhrenkauf!

Der durch Groove-Tubes in den 80ern ausgelöste Bias-/ Matching- und Balsnced- Hype macht sowohl unsichere Zweifler als auch Perfektionisten zusätzlich noch unnötig verrückt. Sie trauen ihren Ohren wohl nicht mehr so richtig...

...und anstatt sich mit der Materie zu beschäftigen, kaufen sie superduper highend balanced Röhren aus fragwürdigen Quellen, die teilweise nach 100 Betriebsstunden schon soweit auseinandergedriftet sind, dass eine ordentliche normale Röhre, die nicht gematcht ist, besser dagestanden wäre. Bei den Endröhren ist es ähnlich, ich hatte schon einige Verstärker hier, die aus dem Grund auf einmal die Symmetrie in der Endstufe verloren und dafür einen erhöhten Brummpegel bekommen haben.

Wenn im Amp alles stimmt, dann stell' doch einfach mit Tongenerator, Scope und Dummy auf geringstmögliche Übernahmeverzerrungen ein und miss dabei natürlich (sicherheitshalber) den Strom jeder Röhre.

Das dürfte wohl daran scheitern, dass die meisten Leute kein Scope haben, mit dem man das wirklich ordentlich machen kann, denn um solche Einstellungen wirklich gut durchführen zu können, braucht man meiner Meinung nach ein delay trigger scope. Viele Tektronix Scopes haben das, aber nur relativ wenige dürften ein Tek haben. Klar geht es auch ohne, aber wirklich perfekt gehts nicht. Alternativ dazu kann man das auch mit einer Klirrfaktormessbrücke und einem Tongenerator machen, aber da ergibt sich bei Röhrenamps das Problem der geringen Gegenkopplung, was zu ständigem Neuabgleich der Brücke führen dürfte...
Aber egal, wie man das macht: Es ist immer besser, das mit Scope, Sinus und Dummy zu machen, als stur irgendeinen Wert einzustellen, der nur Material (Bauteillebensdauer durch thermische Belastungen bedenken...Röhren...) und Strom kostet.

In diesem Sinne :)

MfG Stephan




Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: carlitz am 27.04.2009 16:27
Danke Stephan,

endlich mal wieder einer der die grosse Gemeinde der Halbwissenden erdet.

Ja so ist das mit der Technik: Um sie zu beherrschen sollte man sie verstehen. Das ist wie bei der Kriegsführung .....


Gruß
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: jacob am 27.04.2009 16:55
Mitschuldig daran sind, außer den zahllosen Foren, aber auch sogenannte "Musiker-Fachzeitschriften"  :devil:
Ein Vintage-Amp Guru empfiehlt da z.B. für die KT66s im JTM45 generell 40mA pro Röhre. Er sagt, damit würde die Röhre "einfach am besten klingen"  ;D
Ich hatte bei einem originalen JTM45 am ersten Ladeelko über 470Volt DC gemessen- und so manche JTM45 Reissues brachten es da mit Ach& Krach gerade mal auf 420Volt  :P
Ergo: man sollte sich einfach nicht so verrückt machen lassen ;)

Gruß

Jacob
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Doas am 27.04.2009 21:24
Hallo,

sehr interessante Meinungsäußerung von One Stone, finde ich.
Um die Scope Einstellmethode wird ja auch so ein Glaubenskrieg geführt. Die einen sagen "Es geht nur so!" , die anderen sagen : "So geht es überhaupt NIE reproduzierbar!".
Ich habe es auch mehrfach mit meinem 2-Kanal Oszi versucht. Der Bereich in dem man glaubt, dass "jetzt" die Übernahmeverzerrungen GERADE verschwinden ist doch recht groß. Es gibt auch Verstärker, bei denen ich eigentlich gar keine sichtbaren Übernahmeverzerrungen einstellen konnte.

Ich habe mal meinen Bandmaster sehr, sehr kalt eingestellt. Weil ich mich aus Versehen verrechnet hatte. Das klang richtig sch..... Sämtliche Töne sind sofort abgekackt. Nun hatte ich da aber auch keine Übernahmeverzerrungen gesehen. Festgestellt habe ich den üblen Sound dann erst bei der Realprobe.
Wenn also Amptechs die Scopemethode anwenden und dann sagen "So passt es schon", ist die Chance dass der Amp auch soundtechnisch gut läuft wohl eher 50/50.

Das sind meine subjektiven Erfahrungswerte. Fangt jetzt nicht gleich wieder mit dem Losdreschen an, weil ich ja kein Tek...irgendwas Scope besitze. Ich denke 97% aller Leute besitzen eben nur ganz normale Oszis. Deshalb verlassen sich diese Leute, also auch ich, lieber auf Zahlenwerte.    

Grüsse!
Doas
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: turbino am 27.04.2009 21:53
Huhu,
Ich denke 97% aller Leute besitzen eben nur ganz normale Oszis.
Na, ja. Du meinsst sicherlich den erlauchten Kreis der Ampprofis, bzw. Halbprofis. Die Amateure sind wohl schon froh ein einigermaßen gutes Multimeter zur Hand zu haben.

Und da sag ich jetzt einfach mal, wenn der Amp ansonsten einwandfrei funktioniert kann man seine Endröhren in gewissem Maße per Gehör abstimmen. (In gewissem Maße heißt: in den Spezifikationen der Röhre).
Derjenige wird dann schon nach einem viertel Jahr merken, daß die Röhren zu heiß laufen und das er neue braucht.(Siehe auch Blade Runner :))

Euer ewiger Amateur, Alex :bier:
Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: OneStone am 27.04.2009 23:48
Hallo zusammen!

Ich möchte nochmal auf die Scope-Methode eingehen:

Um die Scope Einstellmethode wird ja auch so ein Glaubenskrieg geführt. Die einen sagen "Es geht nur so!" , die anderen sagen : "So geht es überhaupt NIE reproduzierbar!".

Es geht auf diese Weise schon reproduzierbar, man muss nur eben definieren, wo der Punkt, den man reproduzieren will, sein soll :)

Ich habe es auch mehrfach mit meinem 2-Kanal Oszi versucht. Der Bereich in dem man glaubt, dass "jetzt" die Übernahmeverzerrungen GERADE verschwinden ist doch recht groß. Es gibt auch Verstärker, bei denen ich eigentlich gar keine sichtbaren Übernahmeverzerrungen einstellen konnte.

Hat dein Oszilloskop eine zweite Zeitbasis, die verzögert getriggert werden kann? Wenn nicht, dann ist das kein Wunder, denn das funktioniert, wie ich oben schon schrieb, ohne diese Einrichtung eher schlecht als recht, weil man erst dann was sieht, wenn das Ohr schon "AUA" schreit.

Wenn also Amptechs die Scopemethode anwenden und dann sagen "So passt es schon", ist die Chance dass der Amp auch soundtechnisch gut läuft wohl eher 50/50.

Dazu sollte man vielleicht überlegen, ob ein Amp-Techniker, der seine Einstellungen nicht gegenprüft, sein Geld wert ist. Die Einstellung kann man blitzschnell akustisch durch einen Test oder messtechnisch per Klirrfaktormessbrücke überprüfen. Wenn bei kleinen Signalpegeln der Klirr wasweißichwiehoch ist, dann weiß man eigentlich, dass da was nicht stimmen kann und dass da Ecken im Signal sein MÜSSEN. Wenn man das nicht verstanden hat, dann sollte man einen anderen Beruf ausüben als Röhrenverstärker zu reparieren.
Und nein, das ist kein Schlag in deine Richtung sondern in die von denjenigen, die mit solchen "Dienstleistungen" ihr Geld verdienen und den Kunden damit wohl eher unzufrieden stehen lassen...

Aber das mag auch daran liegen...

Das sind meine subjektiven Erfahrungswerte. Fangt jetzt nicht gleich wieder mit dem Losdreschen an, weil ich ja kein Tek...irgendwas Scope besitze. Ich denke 97% aller Leute besitzen eben nur ganz normale Oszis. Deshalb verlassen sich diese Leute, also auch ich, lieber auf Zahlenwerte.

...dass eben fast keiner ein solches Scope hat. Und wenn man es hat, dann muss man das auch wissen, was man mit dieser "Delay Trigger" geschichte überhaupt machen kann, also wozu man das benutzen kann und wie man das benutzt bzw was das teil macht und wie es das macht. Ich habe mich diese Fragen früher auch immer gefragt, aber eigentlich ist es ganz einfach.


Ich kann das hier mal erklären, für den Fall, dass es jemanden interessiert...ich habe vor ein paar Tagen nämlich bei einer ähnlichen Messung Bilder gemacht, die ich hier verwenden kann.

Also: Man hat zwei Zeitbasen. Eine läuft ganz normal und zeigt das eingespeiste Messsignal, also im Falle der Ruhestromeinstellung den Sinus am Ausgang des Verstärkers, an. Das ist das, was das normale Oszilloskop auch kann.

Ich zeige das hier mal am Beispiel eines Tektronix 2445 und eines eingespeisten Rechtecksignals, denn da sieht man die Funktionsweise reicht gut, weil sich die Anwendungen sehr ähneln. Eine Anmerkung zu dem Oszilloskop: Das Gerät ist analog und hat lediglich ein digitales Readout, also Texteinblendungen zu Informations (Y-Ablenkung, Zeitbasis, Triggerlevel usw)- oder Messzwecken (Zeit, Spannung, Frequenz mittels Cursoren). Dummerweise ist die Gitterbeleuchtung des Scopes noch defekt, daher sieht man das Raster nicht wirklich. Aber es geht auch ohne :)

Hier also das Signal, das man normalerweise sieht (die beiden Striche da sind die Messcursoren für die Frequenzmessung und interessieren eigentlich nicht):

(http://onestone.in-tim.com/@tmp/tek2445/tek_works_001.jpg)

Jetzt stellt man sich die Frage, was man überhaupt sehen will. Man will ja den Nulldurchgang sehen, wo die Übernahmeverzerrungen auftreten. In diesem Beispiel hat mich das Überschwingen interessiert, das man am Ende der fallenden Flanke erahnen kann, wenn man eine Rechteckperiode auf dem Schirm hat, das sieht man auf dem Bild weiter unten...also insgesamt eine ähnliche Messaufgabe.
Bei einem normalen Oszilloskop stellt man dazu das Signal so ein, dass eine Periode des Sinus den gesamten Bildschirm bedeckt. So und dann ist mit der Auflösung Schluss, man kann höchstens noch die Y-Ablenkung empfindlicher machen, sodass das Signal höher wird. Die Sinusspitzen interessieren ja nicht, die können ruhig aus dem Bild verschwinden. Wenn man das macht, dann hat man aber irgendwann senkrechte Flanken im Bild und man sieht auch nicht mehr als vorher.

Die Lösung wäre jetzt, dass man die X-Ablenkung schneller macht. Dumm ist nur, dass dann der Nulldurchgang aus dem Bild verschwindet und sich sinngemäß 2m rechts neben dem Oszilloskop befinden würde. Und genau DA kommt jetzt die Delay-Funktion zum Zuge.

Man stellt das Signal mit der ersten Zeitbasis (Zeitbasis 1) dar, also so, wie man es normalerweise auch auf dem Schirm hätte, und definiert den Punkt, ab dem das Signal angezeigt werden soll (Delay). Dann definiert man die Geschwindigkeit, mit der das Signal hinter diesem Punkt abgetastet werden soll (Zeitbasis 2). Die Länge des dargestellten "Signalstücks" ergibt sich dabei aus der Breite des Bildschirms.

Dann sieht das Ganze so aus:

(http://onestone.in-tim.com/@tmp/tek2445/tek_works_003.jpg)

Oben sieht man das originale Signal mit dem erahnbaren Überschwinger unten an der fallenden Flanke und unten sieht man den im oberen Signal heller hervorgehobenen Signalteil. Man sieht, dass das Delay auf etwas weniger als 500µs steht, was auch logisch ist, bei einer Frequenz von 1kHz und somit einer gesamten Periodendauer von 1ms, denn man will ja vor der Flanke das Messen anfangen.
Außerdem sieht man, dass die erste Zeitbasis auf 100µs/div steht, d.h. man stellt bei 10 Kästchen Bildschirmbreite genau eine Periode = 1ms dar. Die zweite Zeitbasis steht auf 5µs/div, das gibt bei einer Breite von 10 Kästchen dann 50µs, die mit der zweiten Zeitbasis dargestellt werden.
Wenn man sich das mal vor Augen führt, dann wird klar: Man hat jetzt mit diesen 50µs gerademal einen HALBEN KASTEN des Originalsignals dargestellt, das entspricht bereits 20-facher Vergrößerung in X-Richtung. Und in Y-Richtung kann man ja auch noch die Empfindlichkeit beliebig verändern...

Schaltet man weiter, dann sieht man richtig was:

(http://onestone.in-tim.com/@tmp/tek2445/tek_works_004.jpg)

500ns/div gegenüber 100µs/div, das ist 200-fache X-Vergrößerung. Wenn man jetzt das untere Signal ansieht, dann erkennt man den Überschwinger. Ohne Gitter kann man das zwar nur erahnen, aber man erkennt es. Man könnte jetzt auch das ursprüngliche Messsignal ausblenden und nur die Verfrößerung betrachten und sie dann auf dem ganzen Schirm darstellen (Y-Ablenkung) usw usw, aber davon habe ich keine Bilder gemacht. Aber man kann es sich vorstellen.

Ich denke, dass es offensichtlich ist, dass man mit der Messmethode auch Übernahmeverzerrungen sieht, die man nicht mehr wirklich hören kann. Es liegt also, wenn man mit der Oszilloskopmethode einstellt und es klingt nachher kacke, weil die Übernahmeverzerrungen immer noch da sind, sicherlich nicht daran, dass die Methode nichts taugt, sondern vielmehr daran, dass entweder das Oszilloskop die benötigte Delayfunktion nicht hat oder daran, dass der Benutzer mit einer vorhandenen Delayfunktion nicht umgehen kann.

Soviel dazu, ich geh jetzt erstmal was futtern...Verstärkerentwicklung macht hungrig :)

MfG Stephan
 




Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: Doas am 28.04.2009 17:36
Hallo Stefan,

also mich interessieren Deine Ausführungen sehr!  Ich glaube allerdings nicht, dass mein Oszi (Voltcraft 630-2) solch Funktion besitzt. Wenn Du Lust hast wäre es chön, wenn Du Dir das Bild mal ansehen könntest. Das wäre der einzige Bereich in dem ich soetwas vermuten würde. Müsste ich dann bei TRIG IN ein Rechteck einspeisen ?

Nehmen wir einmal an man würde das immer auf gerade keine Übernahmeverzerrungen einstellen (mit dieser Methode). Das Problem mit den Pa-max. bleibt aber doch bestehen. Es sei denn diese ganze Geschichte mit "heisser" oder "kalter" Einstellung wäre Käse. Denn zumindest für die "heisse" Einstellung müsste man dann doch wieder die PA-max wissen, um zu wissen bis wohin man gehen kann. Oder ?

Trotzdem ist Deine beschriebene Methode schon sehr sexy. WILL ICH AUCH  ;D!

Viele Grüsse!
Doas

Titel: Re: 6L6GC, 5881, 6L6WGC wie ist denn nun die max. A-Verlustleistung
Beitrag von: OneStone am 28.04.2009 18:08
Servus,

das Problem an der Sache ist, dass man natürlich bei kleiner Aussteuerung einen immer geringern Klirr messen wird, umso höher man den Ruhestrom dreht, weil der A-Anteil im Signal wird ja größer...

Man muss eben an dem Punkt aufhören, wo man keine nennenswerte (!) Veränderung mehr sieht und überprüfen, ob die Verlustleistung der Röhren überschritten werden (Aussteuerung auf Null, Ruhestrom messen, Qa ausrechnen). Abgesehen davon muss man aufpassen, weil die Verlustleistung NICHT bei Vollaussteuerung des Verstärkers maximal ist, sondern um eine ganze Ecke darunter (wo, das hängt von der Betriebsart ab, sollte sich aber um 2/3 der Ausgangsleistung bewegen, da kann ich mich jetzt aber irren), d.h. wenn der Amp bei 100W aus 4x EL34 richtig funktioniert und nichts glüht, dann kann es sein, dass du bei 60W auf einmal Rotglut vor dir hast.

In der Praxis heißt das bei mir, dass ich mit einem Messgerät den Kathodenstrom messe und mit dem Oszilloskop (oder bei ordentlich gegengekoppelten Halbleiterverstärkern mit der Klirrfaktormessbrücke) den Arbeitspunkt auf minimalen Klirr einstelle. Dazwischen schalte ich das Eingangssignal immer wieder ab und messe den Ruhestrom, nachdem ich mir vorher ausgerechnet habe, wieviel Ruhestrom bei der vorhandenen Ua maximal fließen darf. In der Praxis sollte man dann da um eine ganze Ecke drunter landen, wenn man das abgleicht.

Gut, bei Gitarrenverstärkern beeinflusst man mit dieser Einstellung natürlich auch noch das Sättigungsverhalten, das müsste man akustisch ermitteln, aber die Ruhestromeinstellung an sich ist so praktisch durchaus durchführbar.

Zu deinem Oszilloskop: Nein, damit kannst du sowas nicht machen. Der einzige Weg, wie du das bei deinem Oszilloskop machen kannst, der wäre ein externer Trigger mit einstellbarer Verzögerung. Also praktisch Trigger und Verzögerung extern aufbauen...aber das stabil zu bekommen, damit das Bild auch stehen bleibt, das ist wohl eher ekelhaft...

Ich habe ja ein Hameg HM512 sowie ein Tektronix 422 und die können das beide nicht. Das Hameg benutze ich überhaupt nicht mehr, das Tek 422 benutze ich für alles, wo ich keinen Delay Trigger brauche und ich habe mir, weil ich ab und zu eben doch einen brauche, jetzt ein Tek 2445 von einem Freund geliehen, der das Ding momentan nicht braucht. Das kann praktisch alles, was man so zum Messen braucht. Aber da ich das wieder abgeben muss, hab ich mir jetzt ein modulares Oszilloskop gekauft, bei dem man mit Einschüben entscheiden kann, was man überhaupt messen will. Wie gesagt, ich hatte früher auch einfache Oszilloskope und ich war der Ansicht, dass alles, was ein Gerät nicht hat, die Bedienung vereinfacht. Aber inzwischen sehe ich das anders: Ein durchschaubares Bedienungskonzept in Verbindung mit vielen Funktionen ist absolut KEIN Problem :)

MfG Stephan