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Technik => Tech-Talk Design & Konzepte => Thema gestartet von: Stone am 4.12.2010 09:12

Titel: Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 4.12.2010 09:12
Hallo

Eigentlich eine Anfängerfrage, aber je mehr ich nachschlage und -lese, umso mehr bekomme ich "mixed" up ... es geht um gradzahlige und ungradzahlige Harmonische, die, dem Sound "beigemischt" entsprechend färben, und deren Erzeugung / Entstehung.

Während ich jetzt so lese, bekomme ich den Eindruck, dass ein scharfes Kappen der positiven, wie auch negativen Halbwelle immer odd order harmonics erzeugt, zuvor war ich der Meinung, dass scharfes Kappen (square wave) der positiven Halbwelle even order erzeugt, der negativen entsprechend odd order.

Kann mich mal jemand wieder auf 's Pferd heben?

Gruß, Stone

EDIT: ein Beispiel ... ich habe ein Signal, bei dem die positive Halbwelle "gekappt" wird, die negative Halbwelle entspricht a) einem Sinus b) einem gestauchten Sinus - die Halbwellen haben ihren Durchgang bei 0 Volt (also jede würde in der Theorie bei z.B 360 Volt peaken, die positive wird aber bei 180 geschnitten); welche Anteile habe ich?
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: es345 (†) am 4.12.2010 12:01
Hi,

Wenn Du beginnst, ein Sinus Signal einseitig zu begrenzen(egal, ob es die postive oder negative Halbwelle ist), bekommst Du im Spektrum geradezahlige (even) der Grundwelle dazu:

1*F = Grundwelle
2*F = 1. Oktave
4*F = 2. Oktave usw.

Der Ton klingt voller, klingt aber hörbar harmonisch.

Je schärfer die Begrenzung, desto schneller treten die zusätzlichen Obertöne auf. Dies ist vereinfacht der Unterschied zwischen Röhre- und Transistorverhalten in der Übersteuerung. Die Röhre begrenzt "weich".

Wenn Du symmetrisch begrenzt, bekommst Du ungeradzahlige (odd) der Grundwelle dazu

1*F = Grundwelle
3*F = Quint-Oktave (wenn ich mich recht erinnere)
5*F = ?? (muss ich nachschlagen)

In Endeffekt werden die hier entstehenden Obertöne mit zunehmender höheren Order als unharmonisch empfunden , daher empfiehlt sich auch hier smooth clipping bzw ein nachgeschalteter Tiefpass, der die Größe dieser Anteile begrenzt. Der Gitarrenlautsprecher tut sein Übriges, da er ab 5-6 Khz langsam dicht macht.

Gruß Hans- Georg
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 4.12.2010 13:56
Hallo Hans-Georg

Super :)

Vielen Dank - das ist mal eine einfache, grundlegende Erklärung, die mich nicht mehr "was ist nun aber wenn" oder "wie meint der Autor das" grübeln läßt.

Gruß, Stone
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: es345 (†) am 5.12.2010 19:13
Hi Stone,

nichts zu danken, mach ich gern.

Ich hab im Nachgang heute nachmittag zur Veranschaulichung ein bißchen ge "excel" t und das ganze mal für eine einzelne quadratische Kennline(1)  und zwei hintereinandergeschaltete  quadratische Kennlinien(2) durchgespielt, also eine simplifizierte 2stufige Schaltung in leichter Übersteuerung. Das Eingangssignal ist ein einfacher Sinus. Bei (2) wird das Ausgangssignal der 1. Kennline verkleinert, sodaß bei der 2.Kennlinie ein ähnlicher Bereich angesprochen wird.

Im Excel sind die gelb hinterlegten Felder die relevanten für die Ergebnisse der Frequenzanalyse. Man sieht deutlich den Unterschied zwischen asymmetrischen Clipping (1) und weitestgehend symmetrischem Clipping (2)
In (2) ist der Anteil der Oktave ("even") fast nicht vorhanden.

Achtung: ich hab die in Excel vorhandene FFT verwendet. Die rechnet nur, wenn man sie auffordert
"Extras>AnalyseFunktionen>Fourieranalyse".
Bitte nicht die Position der Ausgangsdaten im Excel verändern, sie ist bewußt in beiden Blättern gleich, da die Analyse die Daten bei allen Blättern auf derselben Stelle erwartet...

Gruß Hans- Georg
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 5.12.2010 20:30
Hallo Hans-Georg

Das schaue ich mir morgen mal in aller Ruhe an - da ich bzgl Excel eh nur Grundkenntnisse besitze, kann ich wahrscheinlich auch nichts zerstören; in der Simulation mit LTSpice bin ich heute allerdings darauf gestoßen, dass LTSpice sich behaarlich weigert (bei mir) auch die negative Halbwelle zu kappen - stattdessen wird mir der Sinus bis -1kV angezeigt ... entweder liegt da ein Fehler im Modell vor und ich mache einen Fehler im Plan.

Danke & Gruß, Stone
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: SvR am 5.12.2010 20:41
Salü,
in der Simulation mit LTSpice bin ich heute allerdings darauf gestoßen, dass LTSpice sich behaarlich weigert (bei mir) auch die negative Halbwelle zu kappen - stattdessen wird mir der Sinus bis -1kV angezeigt ...
Das hab ich bei LT-Spice schon öfters beobachtet, dass auf einmal Spannungen im kV und Ströme im kA-Bereich angezeigt werden, wenn man die Röhren stark übersteuert. Da scheinen die Modelle ne Schwäche zuhaben.
mfg sven
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Hardcorebastler am 6.12.2010 09:09
Hi,
theoretisch alles schön und gut, was aber beim Zusammenspiel zwischen Treiberröhre, Endröhre und Ausgangstrafo herauskommt, steht auf einem anderem Blatt.
Das Ganze ist überprüfbar z.B. mit einer Soundkarte und einem Analayzer, gibt es als Shareware.
Zudem ändert sich beim PP-Amp über den Frequenzbereich die Zusammensetzung der Harmonischen, beim SE HiFi Amp ist es gleichmäßiger, das Ganze ist auch noch abhängig von der Ausgangsleistung

Gruß, Jörg
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 6.12.2010 10:11
Hallo Jörg

Ich benutze - wie schon so oft geschrieben - LTSpice in der Hauptsache, um mir den Frequenzgang anzuschauen und zwar hinter den einzelnen Stufen; das gibt mir persönlich (im Vergleich zu bekannten Schaltungen) einen guten Anhaltspunkt.

Für mich ist es eine gute Hilfe, um nicht Stunde um Stunde zu experimentieren, da die Zeit mir eh extrem begrenzt ist. Es ist aber kein Ersatz, sodass ich meist recht nah dem Endergebnis lande und lediglich "tweake", wie man so schön sagt.  8)

Bei meiner Ausgangsfrage ging es mir darum, für mich etwas Licht ins Dunkel zu bringen, nachdem ich etwas verwirrt war hinsichtlich der vielen Aussagen; Ansätze, wie sie z.B von Hans-Georg kommen, finde ich unheimlich hilfreich und so hat auch jeder seine eigene Art und Weise zu lernen, arbeiten, gestalten usw. ;)

Gruß, Stone
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: don_sebbo am 16.12.2010 11:34
hi leute,

hier ist eigentlich alles beschrieben:
http://www.freewebs.com/valvewizard1/Common_Gain_Stage.pdf

wie bereits erwähnt, stauchung der oberen halbwelle (fettes bias) erzeugt eher "even order harmonics", also vor allem 2er und 4er ordnung, was den sound warm und fett macht, stauchung der unteren halbwelle (kaltes bias) erzeugt "odd order harmonics", bevorzugt 3er und 5er ordnung, was dann eher einen schrilleren und schärferen charakter hat. beide effekte verstärken sich natürlich bei zunehmendem clipping und die ordnung der obertöne wird nach oben hin erweitert. symmetrisches clipping ist halt sowas wie best of both worlds und vor allem max. headroom, was man auch nicht vergessen sollte...

aber ich bin da ganz jörgs meinung, das ganze ist so komplex, dass man die ganzen simulationen vergessen sollte und eher sein ohr die drecksarbeit machen lässt ^^

gruß
sebbo
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Dieter am 16.12.2010 12:54
Hallo sebbo,

das mit dem kalten und warmen bias mag ja richtig sein, das hat aber etwas mit der Art des Clippings zu tun und nicht damit, ob man die "obere" oder "untere" Halbwelle kappt. Wie Hans-Georg schon angesprochen hat, kann man das mit der Fourier-Analyse deutlich machen. Und zwar kann man ein beliebiges periodisches Signal als Überlagerung verschiedener harmonischer Signale (also sinus oder cosinus) betrachten. Auf Wikipedia sind da ein paar nette Bildchen zu: http://de.wikipedia.org/wiki/Fourieranalyse

Grüße
Sebastian
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: SvR am 16.12.2010 13:11
Salü,
Und zwar kann man ein beliebiges periodisches Signal als Überlagerung verschiedener harmonischer Signale (also sinus oder cosinus) betrachten. Auf Wikipedia sind da ein paar nette Bildchen zu: http://de.wikipedia.org/wiki/Fourieranalyse
Um Oberschwingungen sich deutlich/verständlich zu machen, braucht ein Gitarrist keine wikipedia ;)
Der nimmt seine Gitarre und schlägt die hohe e-Saite an. Dann legt er den Finger über dem 12. Bundstäbchen mit leicht auf die Saite und schlägt sie wieder an -> jetzt hört er die 1. Harmonische
Die 2. Harmonische ist zum Beispiel beim 5. Bundstäbchen zu finden und die 3. Harmonische über dem 7. Bundstäbchen.
Das ganze kennt der Gitarrist als Flageolett ;)

Woran erkennt ihr eigentlich in der FFT, ob die Ausprägung der Harmonischen einen guten oder schlechten Klang ergibt?
Simuliert ihr bekannte Schaltungen und vergleicht dann mit unbekannten?
mfg sven
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Dieter am 16.12.2010 13:28
Es ging hier ursprünglich um die Beimischung von Obertönen zum Originalton, beim Flageolett ertönt nur die x-fache Frequenz der Saite. Für die Fourieranalyse braucht man auch kein Wikipedia, da gibt es aber so schöne Bilder, die das meiner Meinung nach recht gut verdeutlichen.

<klugscheiss>Die 2. Harmonische in deinem Beispiel wäre aber der 7. Bund und die 3. Harmonische der 5. Bund</klugscheiss>

So, jetzt werde ich wieder brav sein.

Verschneite Grüße
Sebastian
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: SvR am 16.12.2010 13:40
Salü,
Ich bezog mich auf deine Aussage:
Und zwar kann man ein beliebiges periodisches Signal als Überlagerung verschiedener harmonischer Signale (also sinus oder cosinus) betrachten.
An Hand des Flageolettons kann man sich genau diese Überlagerung deutlich machen. Spiel ich die Saite leer ertönt, neben der Grundschwingung sämtliche Obertöne der Saite. Leg ich den Finger im 12. Bund auf die Saite dämpfe ich die Grundschwingung. Die 1. Harmonische wird dann hörbar, da diese im 12. Bund einen Nulldurchgang hat.
Ich dachte, dass ein praktisches Beispiel, für manche anschaulicher ist als en Bild in wiki. :)

<klugscheiss>Die 2. Harmonische in deinem Beispiel wäre aber der 7. Bund und die 3. Harmonische der 5. Bund</klugscheiss>
Da hast du recht. :)
mfg sven
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 16.12.2010 13:49
Hallo

Das Kapitel im "Valve wizard" habe ich auch gelesen - allerdings fand ich es so missverständlich, dass ich gefragt habe; es scheint ja auch - wenn sogar falsch - sehr undeutlich beschrieben zu sein.

Ich habe mir einfach gemerkt, dass symmetrische Stauchung "odd order" erzeugt / hinzufügt, asymmetrische Stauchung "even order".

In der Simulation mit LTSpice sieht man das, meines Wissens nach, nicht - lediglich den Frequenzgang von Schaltungen kann man verfolgen, indem man die Originalschaltung nimmt, dann z.B hinter jeder Stufe abgreift und sich anschaut, wie der Frequenzgang ist und z.B eine Sinuswelle aussieht (die Sinuswelle müsste man dann aber mit unterschiedlichen Frequenzen simulieren).

Ich persönlich schaue mir immer die Frequenzgänge und die "Wellen" dann bei 100Hz, 400Hz und 1kHz an.

Gruß, Stone
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Han die Blume am 16.12.2010 14:14
Das Kapitel im "Valve wizard" habe ich auch gelesen - allerdings fand ich es so missverständlich, dass ich gefragt habe; es scheint ja auch - wenn sogar falsch - sehr undeutlich beschrieben zu sein.

Ich habe mir einfach gemerkt, dass symmetrische Stauchung "odd order" erzeugt / hinzufügt, asymmetrische Stauchung "even order".

Der Zauberer schrub aber:

Grid current limiting:

"Because this effect is not instantaneous the clipped signal will
still have ‘rounded edges’ showing where the input impedance rapidly falls off,
introducing plenty of 2nd and 4th order harmonics, while the a ‘flat top’ to the clipped
wave indicates the introduction of some 3rd and 5th order harmonics, adding ‘bite’ to
the sound. Higher harmonics will also be present, with diminishing amplitude."

(http://)

Cut off limiting:
"The valve exits cut-off just as gracefully
with gain rising again, so that mainly
2nd and 3rd harmonics are introduced,
with many higher harmonics
diminishing smoothly, as indicated by
the wave’s flat top."

Und dann hat er das alles nochmal in Abhängigkeit von der Eingangsimpedanz differenziert.
BIAS=Sound.

LG

Kai
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Ramarro am 16.12.2010 14:57
Zunächst mal muss man ganz deutlich zwischen Harmonischen und Obertönen unterscheiden. Die erste Harmonische ist der Grundton, die doppelte Frequenz ist die zweite Harmonische und gleichzeitig der erste Oberton. Und so weiter, macht doch auch Sinn, oder?

Und hier gebe ich Euch mal was zum Spielen:
http://www.falstad.com/fourier/

Da kann man mit der Maus sogar die Wellenform frei verändern. Nicht vergessen, "Sound" anzuhaken, sonst hört man nix. Viel Spaß!

Grüße,
Rolf
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Han die Blume am 16.12.2010 15:19
DANKE!

Das ist ein sehr nützliches tool!

lg

Kai
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 16.12.2010 20:09
Hallo Kai

Ich glaube, die Abschnitte fehlen in meiner Ausgabe, sonst hätte ich sie auf jeden Fall gelesen ... für mich ist es manchmal wichtig (und dann einfacher), die Dinge auf ganz einfache, wenn auch nicht 100% richtige bzw vollständige Prinzipien herunterzubrechen - so habe ich mir z.B gemerkt, dass "cut off", wie es wohl genannt wird, mit "flat top" eher nach Transistor klingt, weil die "rounded edges" eher dem weichen, sahnigen Röhrencharakter entsprechen.

Gruß, Stone
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Han die Blume am 16.12.2010 21:25
Hi Stone!

Als ich eben nochmal in der Datei nachlies hatte ich auch den Eindruck, dass er sich im Buch anders ausdrückte - ich werde es gleich mal checken..

..gecheckt:

Steht genauso im Buch. Hier scheint also alles gleich zu sein im Gegensatz zu seinem letzten Artikel über Masseführung, da sind mittlerweile einige Ergänzungen im Onlineartikel..

lg

Kai
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: _peter am 17.12.2010 02:12
Hallo,

ich verstehe ihn nicht so, dass Grid-Current-Limiting zwingend weicher clippt als cutt-off.
Man kann wohl sagen, je flacher das Signal gekappt wird, desto härter klingt es. Aber die
Weise, auf die gekappt wird, ist dabei egal. Er schreibt sogar:

"This is known as the island effect, and, as a result, it is in
fact quite difficult to completely reduce the current flowing in the valve to zero.
Because cut-off is delayed in this way, the onset of clipping is often softer than that
due to grid-current limiting, although the designer cannot use source resistance to
control it." (im PDF S.9 unten)

Cut-off klingt demnach unter Umständen weicher als GCL.

Gruß, Peter
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 17.12.2010 06:58
Hallo Kai, hallo Peter

Also ich denke, die Diskussion zeigt, dass es doch nicht so ganz eindeutig beschrieben ist - es scheint mir, als sei grid current limiting ein wesentlicher schneller einsetzendes Limit, als der cut off ...

Gruß, Stone
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: fiestared am 17.12.2010 12:48
Hallo an alle... ein sehr interessantes Thema...

und sorry, daß ich mich einmische - aber
.... dass es doch nicht so ganz eindeutig beschrieben ist - es scheint mir, als sei grid current limiting ein wesentlicher schneller einsetzendes Limit, als der cut off ...

Gruß, Stone

Ich denke JEIN.
1. Der Arbeitspunkt ist hier natürlich ganz wesentlich.  (...schneller einsetzendes...)
2. letztlich geht es doch immer um den Stromfluss (so habe ich es zumindest verstanden)

Zu Cut-off: Theoretisch 0mA - geht aber nur "...delayed in this way...", da in diesem Fall die Röhre mit Ihrem ra richtung unendlich gehen müßte.
Dieses wann & wie hängt offensichtlich auch von der Röhre ab - vielleicht deshalb verschiedene Zerrsounds  ^-^.

Zu GCL     : Bias, sagen wir mal ~-1,5V (Bei 12AX7 100k, 1k5, 300V) -> Nähert sich das Eingangssignal im Positiven diesen 1,5V wird Innenwiderstand
der Röhre bekanntlich immer kleiner - d.h. der Stromfluss größer und kommt an seine Grenzen - und die werden z.B. auch durch den Ra abgesteckt.
(3mA bei Ra=100k & 300V)  Das ist
- Die Röhre braucht Hilfe, und die (die zusätzlichen µA) saugt sie sich über das Gitter aus der Vorgeschalteten Stufe. Da ist natürlich auch irgendwann Schluß.
ABER - die Art ("Dauer") des Übergangs vom normalen Zustand in die Strombegrenzung kann man maßgeblich beeinflussen.

Ist der Ra zb. 200k ist der maximale Stromfluß über die Anode schon  mal auf 1,5mA beschränkt und die Röhre greift zur "Stromversorgung" schon deutlich
früher auf das Gitter zurück.
Das Gitter wird in der Regel mit dem Eingangssignal über einen irgendwie gearteten Spannungsteiler über die Anode der vorherigen Stufe versorgt. Ist der Spannungsteiler eher hochohmig (z.b. 470k/1M) ist mit der Stromversorgung der Röhre über das Gitter früher Schluß, als z.B. mit 47k/100k.

D.h. doch letztlich für einen langsamen ("weichen" ?) Übergang ins clipping: Ra eher nicht so groß, und Spannungsteiler Richtung vorhehrgehender Stufe auch nicht so hochohmig wählen...

LG Axel
(Achtung - bin nur Dipl. Math. und kein E-Tech.- wegen Fachbegrifflichkeiten, etc.)

                 
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: Stone am 17.12.2010 13:38
Hallo Axel

Finde ich eine gute Ausführung :-)

Das Thema scheint ja wirklich mehr Leute unbewusst zu beschäftigen.

Gruß, Stone
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: _peter am 17.12.2010 14:51
Hallo,

und sorry, daß ich mich einmische     

dazu ist das hier doch ein Forum  :)

Aber ich muss nochmal mit dem Zauberer widersprechen. So wie der es streibt, kommt beim GCL
der Stromfluss von Anode zu Kathode gerade nicht an seine Grenzen, der könnte auch noch
größer werden. (Und wird er auch, wenn man die Röhre in den A2-Betrieb jagt und mit einer
niederohmigen Quelle befeuert)

Der Stromfluss durch das Gitter kommt nicht daher, dass die Kathode keinen Strom mehr liefern
kann, sondern dadurch, dass die fehlende negative Spannung die von der Kathode kommenden
Elektronen nicht mehr abstößt.

Der Gitterstrom sorgt dann für eine Stauchung des am Gitter anliegenden Signals, noch bevor die
Röhre es verstärkt. "It must be fully understood though, that it is actually the grid signal which
becomes clipped; the valve continues to amplify what appears on its grid perfectly normally." (S.7)
Die Stauchung kommt also nicht von einer mangelnden Stromlieferfähigkeit (oder "Sättigung") der
Kathode.

Gruß, Peter
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: es345 (†) am 17.12.2010 23:41
Hi,

ich fasse mal ein paar Grundsätze zusammen, sowie ich sie bei einer Designauslegung für Clipping im Hinterkopf habe.

Eins noch vorweg: Der Realtest der Schaltung ist durch nichts zu ersetzen. Man muß halt ab und zu die Realität befragen.

1a. Erzeugen von Even Harmonics in der Vorstufe:
- eine Stufe
- drei Stufen: Clipping, lineare Umkehrstufe mit Pegelabsenkung, Clipping.
  Merke: ohne Umkehrstufe in der Mitte erzeuge ich wieder symmetrisches Clipping, was zu odd harmonics führt.
- ggfls Absenkung der Höhen in jeder Stufe (C (100pF- 1nF über Anodenwiderstand))
- optional komplett eigene Klangregelung

  Wer will, kann das auch mit 5 Stufen machen. Das Ausbalancieren der Stufen erfordert dann noch etwas mehr Geduld
  und den Live Testraum möglichst in der Nähe...

1b. Erzeugen von Even Harmonics in der Gegentaktendstufe (long tail phase inverter)

- man verändert einen der beiden Anodenwiderstände durch Einbau eines zusätzlichen Trimmers in Serie,
  sodaß bei Vollaussteuerung unsymmetrisches Clipping einsetzen kann und stellt ihn ein, bis einem das Klangbild gefällt.
  Hat man den richtigen Punkt gefunden, kippt der Grundton im Overdrive angenehm in die Obertöne.
  Wer ein sehr gut isoliertes Poti hat (Standfestigkeit >500V),
  kann dieses auch an die Front oder Rückseite führen. Vorsicht, dies ist nur etwas für Profis!

 
2.Erzeugen von Odd Harmonics (Vorstufe)
- Zwei Stufen Clipping mit anschließender komplett eigener Klangregelung

Ob das Clipping durch Cutoff oder Gitterstrom erzeugt wird , ist Geschmackssache.

Zur Klangregelung:

Die VOX AC30 Regelung habe ich als sehr effektiv erlebt. Wer eine starke spezifische Färbung wünscht,
nimmt noch einen Bandpaß zuhilfe (LC Glied).

Gruß

Hans- Georg
Titel: Re:Even and odd order harmonics
Beitrag von: torus am 19.12.2010 02:02
Woran erkennt ihr eigentlich in der FFT, ob die Ausprägung der Harmonischen einen guten oder schlechten Klang ergibt?
Simuliert ihr bekannte Schaltungen und vergleicht dann mit unbekannten?
mfg sven

Hi Sven.

Von einer FFT auf den Klang schließen? Geht garnicht. Vielleicht im Hifi-bereich, oder bei leicht angedickten Cleansounds - möglicherweise. Aber darüber hinnaus habe ich Zweifel.

Es ist wie immer eine Frage des persönlichen Geschmacks. Viele Bodentreter (Tubescreamer z.B.) erzeugen grade (harmonische) und ungrade Oberwellen. Wenn ehr harmonische einen besseren Ton erzeugen würden, dann währen diese Bodentreter sicherlich anders ausgelegt.

Bei den normalen OpAmp Zerr-Tretern ist es ja nur eine Diode, die entfernt werden muß um die harmonischen Oberwellen zu betonen. Ibanez hätte dabei zwei Cent/Pedal sparen können. Haben sie aber nicht. Und viele andere Treter machen das auch nicht. Vielleicht, weil die symetrische Zerre trotz des inharmonischen Antels vielen gut gefällt.

Vor ein paar Jahren habe ich auch mal mit einem additiv-Synth von Kawai rumgespielt wo ich die Anteile der Oberwellen getrennt regeln konnte. War eine interessante Erfahrung. Auch dort fand ich den Klang der ungeraden Oberwellen wirklich nicht schlecht. Klingt halt anders, aber zumindest für meine Ohren nicht schlechter.

Gruß,
  Nils