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Technik => Tech-Talk Design & Konzepte => Thema gestartet von: Nils H. am 4.11.2014 16:10

Titel: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Nils H. am 4.11.2014 16:10
Moin,

ich bin mal so frei und schreibe das nicht in den Thread to meinem Amp, weil's mir eher eine generelle Designproblemstellung bei eierlegenden Wollmilchsäuen zu sein scheint. Verzeiht mir das lange Geschwafel, aber ich versuche das Problem so genau wie möglich zu erfassen.

In letzter Zeit wechsele ich wieder sehr oft zwischen verschiedenen Gitarren hin und her, hauptsächlich zwischen meiner #1-Strat und meiner neuen Vintage Les Paul Kopie. Dazu kommt, dass wir ein paar sehr kleine Clubgigs anstehen haben, so dass die Band gerade sich darin übt, die Lautstärke zu reduzieren, und ich den Master entsprechend zurück gedreht habe.

Wenn ich jetzt den Amp so einstelle, dass mit der Strat die Balance zwischen Clean und Dreck perfekt ist, ist der Cleansound mit der Paula überproportional laut. Die Paula ist jetzt kein Schreihals, hat aber halt schon mehr Output als die Strat. Ich müsste also den Cleankanal für die Paula runterregeln und hinterher für die Strat wieder hoch. Live ist das scheiße, denn im Stress des Klampfenwechsels ist vorprogrammiert, dass ich das irgendwann vergesse.

Meine Erklärung (und ich glaube schon, dass die stimmt  ;D ) ist, dass die Endstufe einfach zu wenig zu tun hat (= Null Kompression durch die Endstufe) und das Phänomen dadurch keine "natürliche" Begrenzung findet. Der Cleankanal hat gegenüber den Dreck-Kanälen unfassbar viel Headroom (klassischer Fender-Style, Spannung ca. 375V), während die Zerrkanäle durch den Gitarrenwechsel nicht lauter werden, sondern nur etwas mehr sättigen.

Früher hab ich dass nicht so bemerkt, aber ich hab aufgehört, kompromisslos so laut zu spielen, dass der Amp perfekt klingt  ;D (das hat man jetzt vom leise spielen  :devil: ).

Lange Rede, kurzer Sinn: Welche Strategien fallen Euch ein, um das Problem in den Griff zu bekommen? Mir fallen zwei Lösungen ein:

1. Den Headroom des Clean reduzieren, vermutlich erstmal durch deutliches runterholen der Spannung. Greift aber halt in den Klangcharakter des Kanals ein, der eigentlich tiptop klingt.

2. hinter dem Cleankanal begrenzen. Ich weiß nicht genau, welche Stufe es ist, die bei höheren Mastereinstellungen die Dynamik als erstes begrenzt; hinterm Master kommen die Aufholstufe der Loop, PI und Endröhren. Optimal wäre natürlich, wenn die Aufholstufe als erstes in die Knie ginge, dann müsste ich einfach nur den Master dahinter verlegen. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass es wohl eher die Endröhren sind; der PI eher nicht. Ausgemessen hab ich das noch nicht.

2a. Eventuell einen Kompressor einschleifen, dessen Threshold so sitzt, dass er das Stratsignal in Ruhe lässt und erst bei lauteren Signalen anspricht? Erscheint mir auf jeden Fall tricky, und klingt ggf. zu sehr nach Effekt (im Gegensatz zu "natürlicher" Ampkompression).

Sonst Ideen? Also, außer den Cleankanal mit MIDI-gesteuertem Motorpoti auszustatten  ;D .

Gruß, Nils
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: blaublaublau am 4.11.2014 17:51
Hi Nils

Das schöne an unterschiedlichen Gitarren ist doch gerade dass sie unterschiedlich sind... Ich würde das Problem nicht beim Amp ansiedeln.

Wir wärs mit einem guten Clean-Booster für die Strat?

Gruss

Yves
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Nils H. am 4.11.2014 18:03
Ich schon. Boost für die Strat halte ich für den falschen Ansatz. Wenn ich die Strat per Boost auf den gleichen Pegel bringe, ändere ich doch auch das Zerrverhalten des Amps - und genau da ist es doch, wo sich die Spreu vom Weizen bzw. die Strat von der Paula trennt. Der Clean klingt toll, hat aber soviel Headroom, dass er auf unterschiedliche Gitarren nur mit einem reagiert: Mit Lautstärke. Wenn die Endstufe nix zu arbeiten hat, ist es dem Clean egal, ob der Lautstärkeregler auf 1 oder 10 steht, er klingt immer gleich (gut), nur unterschiedlich laut.
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Athlord am 4.11.2014 18:31
Hi Nils,
mit zwei Mastervolumen bekommt man das hervorragend in den Griff...
Gruss
Jürgen
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Nils H. am 4.11.2014 18:37
Nee, glaube ich nicht. Der Amp hat zwei Master, die nutze ich aber für den Solo Boost etc. Außerdem müsste ich die Masterumschaltung mit dem Clean verknüpfen, aber nur, wenn ich die Gitarre wechsele. Erscheint mir unpraktisch. Die Kanalvolumes der Schmutzkanäle muss ich beim Wechsel nicht nachregeln, die reagieren wie sie sollen auf unterschiedliche Klampfen, nämlich unterschiedlichem Zerrverhalten und unterschiedlicher Kompression. Die empfundene Lautstärke ändert sich kaum. Beim Cleankanal ist der Lautstärkeunterschied eine gefühlte Größenordnung groß.
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Alex78 am 4.11.2014 18:40
Hallo Nils!

Vielleicht könnte es funktionieren, den ersten Koppel C schaltbau zu machen und für die Paula einen richtig kleinen Wert zu nehmen um die fg auf ein paar hundert Hz anzuheben. Beim ausprobieren würde ich mal 1/4 bis 1/10 des "normalen" Wertes anfangen.

Ich praktiziere ähnliches beim meinem Range Master Clones (eigentlich kein Clone wegen der stark verkleinerten Koppel Cs). Ich verwende dort drei verschiedene Werte: einen für Strat Steg PU, halb so groß für Strat Hals PU und LP Steg PU und noch mal halb so groß für LP Hals PU.

Grüße
Alex

EDIT:
Hab gerade gemekt, dass es sich nur um den Clean Kanal handelt. Dort ist "der erste Kppel C" wahrscheinlich eine komplette Dreiband Klangregelung. Das vereitelt dann meinen Plan.
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Nils H. am 4.11.2014 18:45
Damit verändere ich ja aber den Frequenzgang, das will ich nicht. Außerdem: "ersten" Koppel-C gibt's nicht - Fender-Topologie! Input - erste Stufe - Tonestack - Aufholstufe - Auskopplung zur Loop.

Edit: Da war ich zu langsam :)
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Lebkuchen am 4.11.2014 19:13
Vielleicht zu nahe liegend, aber auch die Paula hat ein Volume-Poti. ;) ;D

Warum versuchen weiter hinten zu schrauben, wenn das Problem doch davor liegt.
So zumindest interpretiere ich dein Problem.

Viele Grüße,
Gunter
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Alex78 am 4.11.2014 19:36
Gute Idee.

Vielleicht noch kombiniert mit nem 50s wiring, das senkt noch ganz leicht die Mitten und kommt somit einem schönen Cleansound zugute.
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Holzdruide am 4.11.2014 20:24
Hallo

Nils, Deine Anforderungen schreien nach einem 2. Amp  8)

Gruß Franz
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: schuppimax am 4.11.2014 22:14
Hallo Nils
Eigentlich bin ich mit Franz einer Meinung Aber auf kleinem Raum 2 Amps plus die Schlepperei ! Ich löse das Problem bei mir mit einem Volume pedal im FX Loop mit einstellbarer min Lautstärke. Ist ein Morley mit eingebautem Impedanzwandler.(IC) Single  Coil und Humbuker haben halt immer eine verschiedene Ausgangslautstärke

Gruß Schuppimax
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: kugelblitz am 4.11.2014 22:51
Hallo Nils,

Ich hab ein ähnliches Problem, alle meine Gitarren sind eigentlich auf Wrecks eingestellt, soll heissen Neck PU ziemlich tief drinnen und gerne als single coil. Bei regularen Clean Kanälen hab ich dann das Problem daß der Bridge PU viel zu laut ist... IMo ist das aber alles gewöhnungssache. 50ies Wiring und Spiel mit dem Volume Poti können helfen. Sollte das nicht ausreichen würde ich mir überlegen einen zusätzliches Master (mit Deinem Looper sollte das leicht machbar sein) oder einen Kompressor im Loop zu testen. Dann könntest Du zumindest den Pegelunterschieden entgegenwirken. Den Amp würde ich dafür nicht ändern, IMO liegt es in der natur der Sache daß Clean Kanäle mit Paulas lauter sind als mit den meisten Strats.

Aber IMO ist das alles nur gewöhnungssache. Hab ich gerade einen Wreck gespielt und automatisch meine Potis an der Gitarre für clean eingestellt und wechsel auf einen reinen Clean Kanal wird es recht still :) bzw der Pegel am Eingang ist dann viel zu niedrig.

Gruß,
Sepp
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Robinrockt am 4.11.2014 23:28
Hallo Nils,

evtl. versuchen mit einem Attenuator den Amp ein wenig abzuwürgen :devil: dann dürfte die Kompression wieder stimmen. Wäre vielleicht eh nützlich, gerade für "kleinere" Gigs.
Ich benutze gerade den von JetCity aber Dirk hat ja auch Gutes im Programm.

Viele Grüße,
Robin
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Nils H. am 5.11.2014 00:11
Moin,

Volumen an der Gitarre (die eh 50s wiring hat): Eigentlich richtig, und wenn wir nur geraden Rock'n'Roll machen würden, wäre es damit erledigt. Bei dem Coverkram, den wir machen, ist das bei schnellen Soundwechseln nicht praktikabel.

Powersoak ist 'ne gute Idee, hatte ich gar nicht dran gedacht. Der Amp klingt eb besser, wenn die Endstufe efwas mitarbeiten muss.

Muss mir wohl Dirks Bausatz etwas vorzeitig zu Weihnachten schenken...
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: kugelblitz am 5.11.2014 00:29
Ich wäre mir nicht sicher ob ein Attenuator ausreicht, aber einen Versuch ist es wert. Zuvor würde ich aber ein 3. Master im FX loop probieren mit Deinem Looper sollte es leicht schaltbar zu realisieren sein. Bin gespannt was für Dich funktioniert.

Gruß,
Sepp
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Fwänk am 5.11.2014 12:19
Hallo zusammen,

ich kenne das Thema da ich öfters zwischen Tele und Les Paul wechsle. Wobei ich aber weniger puristisch an das Thema gehe. Ich schalte vor den Amp einfach einen Kompressor/Sustainer und hebe leicht den Pegel der Tele an. Ich spiele in der Les Paul (Kopie) zeimlich Ausgangsschwache Pick Ups das ich nicht soviel schrauben muss.
Ist ein Bausatz von Uwe auf Basis eines optischen DOD Kompressors.
Vorteil: der Soundunterschied bleibt immer noch erhalten, die Tele ist nicht mehr ganz so ein Biest, gerade bei funkigen Sachen ein schöne Unterstützung was Rhythmus angeht. Und ich kenne viele die z.b.: einen Okko CocaComp (mMn. ähnliche Schaltung) als Soundverbesserer einsetzen. Don´t fear the Comp.

Viele Grüße
Frank
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Nils H. am 5.11.2014 12:49
Moin,

der Preis des Tages geht an Robin  ;D . Weil ich eh schon länger drauf schiele hab ich jetzt mal den PoS bestellt. Scheint mir am vielversprechensten, den Amp in dem Arbeitspunkt zu betreiben, in dem er am besten und ausgewogensten klingt (und in dem das oben beschriebene Problem de facto nicht besteht) und die Lautstärke halt am Ende etwas runter zu holen. Wir reden ja nicht von clipping der Endstufe, die soll ja nur etwas mit arbeiten und den Preamp mit etwas Kompression unterstützen. Das am Ende mit dem PoS auf angenehmere Lautstärke runter zu holen sollte eigentlich klappen. Macht nach meinem Kalkül den Amp für unterschiedliche Spielsituationen (kleiner Club vs. Stadtfestbühne) etwas berechenbarer, weil in leisen Spielsituationen die Kompression des Amps nicht plötzlich völlig anders ist, weil's Mastervolume zugekniffen ist.

Wie immer führt hoffentlich die dezente Kombination mehrerer Maßnahmen an mehreren Stellen (ein bisschen MV und ein bisschen Power Sucking stat Mastervolume auf flüsterleise) zum besten Ergebnis. Theoretisch jedenfalls  ;D .

Wir werden sehen. Sonntag ist die nächste Probe, bis dahin ist das Kit ja wohl längst da und hoffentlich zusammengebaut.
Gruß, Nils
Titel: Re: Mehrkanalige Amps - Balance zwischen Clean und Dreck bei verschiedenen Gitarren
Beitrag von: Nils H. am 10.11.2014 08:50
Melde Vollzug. Gestern den PoS im Proberaum erfolgreich ausprobiert. Hat mir wieder mal vor Augen geführt, wie viel lebendiger der Amp klingt und wie viel besser er sich spielt, wenn die Stufen hinter dem Master auch ein bisschen was zu tun haben. Muss jetzt noch die richtige Balance finden zwischen Headroom, Kompression und Drosselung am PoS - was etwas tricky ist, weil sich gefühlt über 3/4 des Regelwegs des Potis gar nix tut, die Majorität der Drosselung findet zwischen 7 und 9 Uhr statt - ist halt dem linearen Rheostat geschuldet.

Die Unterschiede zwischen den Gitarrentypen (Lautstärke, nicht Sound oder Charakter!) verblassen jedenfalls bei einsetzender Kompression (klar). Die LP tut dann auch das, was sie soll, nämlich den Amp schon im Cleankanal zum pumpen und etwas zum Rotzen zu bekommen, wo die Strat noch Ultraclean bleibt. Fein so.

Auf jeden Fall habe ich gestern, glaube ich, schon einen ganz guten Punkt gefunden, an dem ich mit dem Volume Pedal im Loop nicht nur die Lautstärke, sondern weiter "vorne" auch die Kompression des Amps ganz gut regeln konnte.

Ist jetzt natürlich die Holzhammermethode... ändert nichts an der Frage, ob man da konzeptionell irgendwas ändern sollte/könnte, oder ob es halt einfach so ist und man eben doch den Amp ganzheitlich als Instrument betrachten muss... und man eben einfach die richtige Leistung zur richtigen Anwendung wählen muss.

Gruß, Nils