Tube-Town Forum
Technik => Tech-Talk Design & Konzepte => Thema gestartet von: Banana_Horst am 2.02.2016 10:34
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Jetzt muss ich mal die "alten Hasen" fragen:
Kennt jemand von Euch einen volldifferenziellen Röhrenverstärker für Gitarre (oder allg. Audio)? Mir geistert diese Idee seit ein paar Tagen im Kopf rum: Die Gitarre liefert prinzipiell erstmal ein symmetrisches Signal über den Tonabnehmer (bei entsprechender Beschaltung, Schlagworte sind "balanced" und "differential"). Dieses könnten dann direkt über einen (oder mehrere) Differenzverstärker weiterverstärkt werden, bis man (ohne Phase Inverter, der wird dadurch überflüssig) auf die Endstufe geht. Eventuell gewünschte Verzerrung wird dann halt für jede Halbwelle getrennt erzeugt, so wie man es aktuell über "heißes" oder "kaltes" Bias der Vorverstärkerstufen macht.
Mit ist bewusst, dass dadurch ein wesentlich erhöhter Aufwand hinsichtlich Schaltung, Netzteil (symmetrische Spannungen) und höherer Röhrenbedarf entsteht. Mir geht es erstmal um die Frage, ob es so etwas schon gegeben hat/gibt.
Grüße, Peter
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Jetzt muss ich mal die "alten Hasen" fragen:
Kennt jemand von Euch einen volldifferenziellen Röhrenverstärker für Gitarre (oder allg. Audio)? Mir geistert diese Idee seit ein paar Tagen im Kopf rum: Die Gitarre liefert prinzipiell erstmal ein symmetrisches Signal über den Tonabnehmer (bei entsprechender Beschaltung, Schlagworte sind "balanced" und "differential"). Dieses könnten dann direkt über einen (oder mehrere) Differenzverstärker weiterverstärkt werden, bis man (ohne Phase Inverter, der wird dadurch überflüssig) auf die Endstufe geht. Eventuell gewünschte Verzerrung wird dann halt für jede Halbwelle getrennt erzeugt, so wie man es aktuell über "heißes" oder "kaltes" Bias der Vorverstärkerstufen macht.
Mit ist bewusst, dass dadurch ein wesentlich erhöhter Aufwand hinsichtlich Schaltung, Netzteil (symmetrische Spannungen) und höherer Röhrenbedarf entsteht. Mir geht es erstmal um die Frage, ob es so etwas schon gegeben hat/gibt.
Grüße, Peter
Hallo,
Das Netzteil braucht dafür nicht symmetrisch zu sein, lediglich die Signalführung.
(erweiterbare) Beispiele finden sich unter leslie amp schematic im Netz.
Gruß, loco
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In der Studiotechnik der 50er und frühen 60er Jahre wurde gelegentlich so gebaut.
Was den Bauteilaufwand angeht: so viel ist das gar nicht. Bei einem Vorverstärker benötigst Du halt eine etwas höhere Spannung am Netzteil und symmetrierst mit einem Spannungsteiler. Die 400-500 V üblicher Endstufen sollten locker ausreichen - das entspräche vorstufenüblichen 200-250 V.
Trickreicher wird es allerdings durch die Toleranzen der Bauteile: wirklich gute Symmetrie wird man wohl nur mit (ggf lokal) gegengekoppelten Stufen erzielen. Und das bedeutet mehr oder weniger, dass so ein Verstärker tricky wird, wenn man verzerrt spielen können möchte.
Ach so: viel Spaß beim Aufbau einen FMV-Tonestacks und auch von Lautstärkeregelung, die die mühsam erzielte Gleichtaktunterdrückung bedingt durch Bauteiltoleranzen nicht sofort wieder zunichte machen....
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Trickreicher wird es allerdings durch die Toleranzen der Bauteile: wirklich gute Symmetrie wird man wohl nur mit (ggf lokal) gegengekoppelten Stufen erzielen. Und das bedeutet mehr oder weniger, dass so ein Verstärker tricky wird, wenn man verzerrt spielen können möchte.
Ach so: viel Spaß beim Aufbau einen FMV-Tonestacks und auch von Lautstärkeregelung, die die mühsam erzielte Gleichtaktunterdrückung bedingt durch Bauteiltoleranzen nicht sofort wieder zunichte machen....
Ich dachte gar nicht so sehr an einen symmetrischen Aufbau - in einem "herkömmlichen" Gitarrenamp werden ja auch obere und untere Halbwelle asymmetrisch beschnitten, um den gewünschten Sound zu erzeugen. So ähnlich könnte man das ja auch hier handhaben. Dass damit die Gleichtaktunterdrückung beim Teufel ist, ist klar. Aber spielt Gleichtakt bei nahezu durchweg AC-gekoppelten Verstärkerstufen so eine große Rolle? Man könnte ja auch nur einen (wirklich symmetrischen) Differenzverstärker am Eingang vorsehen und dann "wie gewohnt" mit normalen Röhrenstufen weitermachen. Bitte verzeiht mir eventuelle dumme Fragen/Aussagen, ich denke nur laut ;)
Grüße, Peter
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Aber wieso willst Du überhaupt symmetrisch bauen, wenn es nicht genau werden soll? Dann ist die übliche asymmetrischen Bauweise doch wirtschaftlicher.
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Hi,
das da:
(https://www.ampbooks.com/mobile/amp-technology/balanced-amp/balanced-amp-schematic.gif)
wird da beschrieben:
https://www.ampbooks.com/mobile/amp-technology/balanced-amp/
LG
Kai
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Wuerde mich interessieren, wie der klingt. Ist ein Testaufbau wert.
Gruss,
Laurent
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Wie der klingt?
Volle Pulle.
Potis nur zur Deko, mit genau einem Teilstrich: 11
Mit anderen Worten: um die Probleme, die eine Lautstärkeregelung (ok, läuft hier unter PPIMV), vor allem aber eine symmetrisch ausgelegte Klangregelung aufgrund der Bauteiltoleranzen und erst recht der Verfügbarkeit von Stereopotis in den Werten, die man so in Klangregelschaltungen benötigt, mit sich bringen dürfte, haben sich die Autoren erfolgreich gedrückt.
Überhaupt nicht nachvollziehen kann ich die Entscheidung für Class A. Der Vorverstärker läuft doch zwangsläufig als AB.
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Hallo
Ich schätze mal wenn man wirklich symmetrisch bauen will müsste man statt Potis Drehschalter mit sehr eng Tolerierten Widerständen bestückt verwenden.
Gruß Franz
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... Aber spielt Gleichtakt bei nahezu durchweg AC-gekoppelten Verstärkerstufen so eine große Rolle? Man könnte ja auch nur einen (wirklich symmetrischen) Differenzverstärker am Eingang vorsehen und dann "wie gewohnt" mit normalen Röhrenstufen weitermachen. ...
Meiner Meinung nach wäre das auch wesentlich sinnvoller, sofern es Dir überhaupt um die Unterdrückung von eingestreutem Brumm etc. auf Tonabnehmer und Kabel geht (was ja bei der gezeigten Schaltung gar nicht der Fall ist). Und dafür ist ausreichende Gleichtaktunterdrückung natürlich schon essentiell. Notwendig wären allerdings andere Buchsen, Stecker und Kabel ... ::)
Grüße,
Rolf
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Hallo,
der klassische vollsymmetrische Röhrenverstärker bietet einige Vorteile, hat aber auch seine Eigenheiten. Normalerweise verwendet man einen Eingangsübertrager mit nachgeschalteter Pentodenstufe und Stromgegenkopplung. Die globale Gegenkopplung reicht von den Anoden der Endröhren zu den Kathoden der Pentodenstufe.
Konkret bedeutet dies:
- Erdfreier Ausgang (für Studiotechnik interessant)
- AÜ & EÜ außerhalb der Regelschleife -> nur parasitäre Röhreneinflüsse wirken auf die ÜAGK, dies wiederum bedeutet, dass 1. die ÜAGK bei weitem strammer ausfallen kann, was DF und Klirr zugute kommt und 2. die ÜAGK sehr linear wird.
- geringere Phasenfehler durch wenig Stufen und kein Eisen im Gegenkopplungszweig
- Bandbreite nur durch EÜ/AÜ begrenzt
Dem Gegenüber stehen:
- größerer Schaltungsplanungsaufwand
- teure EÜs (siehe Reinhöfer, die Qualität ist jedoch überragend)
- AÜs müssen bei Weitem eine bessere Fertigungsgüte aufweisen, da sie außerhalb der ÜAGK liegen
- Pässe außerhalb der Regelschleife haben einen größeren Einfluss auf die Gesamtschaltung.
Grüße, Thomas
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Jetzt muss ich mal die "alten Hasen" fragen:
Kennt jemand von Euch einen volldifferenziellen Röhrenverstärker für Gitarre (oder allg. Audio)?
Moin!
ich halte mich nicht für einen alten Hasen, aber der Hamond AO-15 ist so einer und zudem recht günstig, vor allem in den USA zu erwerben. Allerdings wird über eine 57 und 56 in der Orgel (Pre-B3) vorverstärkt und das Signal über einen AÜ weitergeleitet.
Vielleicht eine kleine Inspiration für dich.
Lieben Gruß,
Nigel
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Hallo,
ich finde die Idee cool als Liebhaber der alten Technik : )
Allerdings ist differential mit vielen Tücken der Bauteilgüte verbunden. Ansonsten macht es einfach keinen Sinn.
In dem "hochohmigen" Feld der Röhrentechnik sehe ich keinen Sinn, solange die Quelle nicht ein differential Signal ausgeben kann.
Der Einzige mir ersichtliche Vorteil ist, dass sich Netzteilbrummen (Restwelligkeit) gegeneinander auslöscht.
Dazu bedarf es dann aber viel Tuning, wessen Zeit an anderer Stelle besser aufgehoben ist.
Differential ist zur Signalübertragung gedacht, nicht mehr, nicht weniger.
Selbst semimoderne Studiotechnik (Pulte etc.) sind nur bis zum Preamp Symmetrisch. Die Signalverarbeitung ansich ist auch hier unsymmetrisch.
Pulte mit Inserts können ebenfalls symmetrische Return und Send Wege haben, in diesem Fall ist dann ab "Return" unsymmetrische Verarbeitung.
Es gibt ein paar Exoten, die dann auch die EQ's und sonstiges signalling als fulldifferential ausgeführt haben.
Diese allerdings super Wärmeempfindlich / Störanfällig.
Ich sage mal so: Solange das Gitarrenkabel unsymmetrisch ist, ist das Vorhaben Spielerei. Aber eine Nette : )
Viel Erfolg. Würde mich freuen über den Werdegang zu lesen.
lg
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Hallo,
ginge es um einen HiFi-Amp, gäbe es tatsächlich nichts Besseres! Ich baue grundsätzlich voll differentielle Leistungsverstärker, deren erste Stufe bereits der LTP-PI ist, gefolgt, wenn nötig, von einem spannungsverstärkenden Differenz-Paar. Der Vorteil ist v.a. die bessere CMRR gegenüber der Spannungsversorgung.
Bei einem Gitarren-Amp ist indes zu bedenken, dass ein solcher Verstärker die geradzahligen Harmonischen weitgehend unterdrückt. Und just Selbige sind es, die dem Klang die erwünschte Färbung erteilen, nicht?
Beste Grüße, Uwe
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Hallo,
Ich baue grundsätzlich voll differentielle Leistungsverstärker, deren erste Stufe bereits der LTP-PI ist, gefolgt, wenn nötig, von einem spannungsverstärkenden Differenz-Paar. Der Vorteil ist v.a. die bessere CMRR gegenüber der Spannungsversorgung.
das kann ich so nicht stehen lassen. Die Topologie Differenzverstärker-Differenzverstärker-Endstufe ist kein echter vollsymmetrischer Verstärkeraufbau. Ich habe mich längere Zeit mit dem Vergleich Vorstufe-Differenzverstärker-Endstufe (nachfolgend V-D-E) zu Differenzverstärker-Differenzverstärker-Endstufe (nachfolgend D-D-E) beschäftigt und kam zum Entschluss, dass die Version mit Vorstufe zu bevorzugen ist, dies hat folgende Gründe:
- von vorn nach hinten "abfallende" Spannungsverstärkung bedingt geringere Rauschwerte (bei der Topologie D-D-E bietet die 2. Stufe die meiste Spannungsverstärkung und holt somit das Rauschen der ersten Stufe deutlich gewichtiger auf)
- bessere Gleichtaktunterdrückung der Topologie V-D-E (Versuchsaufbau >58dB über den gesamten Verstärker gemessen)
- bessere PSRR-Eigenschaften
- deutlich größere Spannungsverstärkungswerte möglich
- ÜAGK muss nicht per Spannungsteiler in den Differenzeingang geführt werden
praktisch gesehen konnte ich die besten Ergebnisse mit einer ECC81-Kaskode gefolgt von einem ECC82-Differenzverstärker erreichen. Dem gegenüber hatte ich als D-D-E-Topologie eine ECC83 Differenzverstärkerstufe gefolgt von einem ECC81-Differenzverstärker getestet, beide Varianten mit sehr ähnlicher Spannungsverstärkung an 350V. Auch der Klirrfaktor war deutlich geringer bei der V-D-E-Topologie.
Grüße, Thomas
PS: Ein echter vollsymmetrischer Verstärker könnte so aussehen wie im Anhang gezeigt. Er befindet sich noch in der Planungsphase, in Frage kommt entweder eine ECC88-Kaskode oder eine EF80/E180F-Vorstufe.
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Hallo Thomas,
meine Erfahrungen sind genau gegenteilig! Ich hatte auf demselben Chassis zuerst einen Stereo-Endverstärker gebaut mit einen ECC 82 in Cascode, dahinter DC-gekoppelt eine weitere ECC 82 als LTP, dahinter zwei EL 34. Das Ding war nicht sonderlich stabil, es pumpte des Öfteren niederfrequent (man hörte es nicht, aber man sah s den Endröhren an). Nun habe ich eine ECC 83 als PI im Eingang, eine ECC 82 als differentieller Spannungsverstärker, dahinter wieder die EL 34. Nun ist Ruhe im Karton.
Bei der zweiten Anordnung hat der PI eine höhere Spannungsverstärkung als die zweite Stufe. Das liegt ganz klar daran, dass eine ECC 83 eine größere Leerlaufverstärkung bringt als eine ECC 82. Wahl des Röhrentyps und des Arbeitspunktes haben einen größeren Einfluss auf die Spannungsverstärkung als die hier zur Diskussion stehenden Schaltungstopologien!
Für die Über-Alles-Rückkopplung waren in beiden Fällen Spannungsteiler erforderlich: Im ersten Fall wirkte sie auf die Katode der Cascode-Stufe, im zweiten Fall auf das Gitter (den negativen Eingang) der Gitterbasisstufe im LTP-PI. Wie sonst, als durch einen Spannungsteiler, lässt sich denn der Rückkopplungsfaktor einstellen?
Beste Grüße, Uwe
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Hallo,
dass es mit Kaskode zu Motorboating kam, ist kein Problem der Topologie, sondern von falsch dimensionierten Hochpässen bei einem Übertrager mit (zu) geringer Induktivität. Gerade die Kaskode ist etwas anfälliger für sowas, wobei eine ECC82 auch so ziemlich die ungünstigste Röhre für eine Kaskode ist, die ich mir vorstellen kann. Oder meinst Du eine SRPP-Stufe? Die gibt es sehr oft mit ECC82.
Was du vergisst - ein Dofferenzverstärker, der asymmetrisch angesteuert wird, erzeugt 6dB weniger Gain als einer, der symmetrisch arbeitet.
Mein asymmetrischer ECC82 Differenzverstärker erreicht an 350V etwa 15dB, symmetrisch angesteuert wären das 21dB. Ein ECC83 Differenzverstärker, welchen ich gerade beispielhaft entwarf, welcher mit Ia = 1mA und Ub = 350V arbeitet, erreicht im asymmetrischen Betrieb gerade mal 25dB, symmetrisch wären es demnach 31dB. Das sind nur 4dB mehr als die 2. Stufe, somit wird das von der 1. Stufe erzeugte Rauschen um 21dB statt 15dB verstärkt, was nicht unerheblich ist.
Es ist mir völlig klar, dass man per Spannungsteiler gegenkoppelt. Wenn du aber, wie du schriebst, über einen Spannungsteiler auf den eigentlich asymmetrischen Eingang gegenkoppelst, so vergrößert sich der Faktor der Verstärkungsminderung um den Betrag der Gegenkopplung. Angenommen ich habe 20dB (ein Richtwert für meine Entwürfe) Gegenkopplung auf meinen Differenzverstärker, so müsste ich nicht nur 6dB, sondern 26dB abziehen, bei 31dB symmetrisch würde das noch ganze 5dB Verstärkung der 1. Stufe machen, somit verstärkt bei dieser Topologie die 2. Stufe gezwungenermaßen mehr.
Grüße, Thomas