Hallo,
Ich verfolge diesen interessanten Thread auch schon eine Weile und meine die Ursache für Dein merkwürdiges Enstufenclipping gefunden zu haben. Ich experimentiere sehr viel mit eher ungängigen/"oddball"-Röhren, speziell Fernseh-Röhren mit denen man sehr gute Amps aufbauen kann, sofern man deren Eigenarten berücksichtigt.
Die ECL/PCL82 ist primär eine TV-Röhre und hat wie die allermeisten Horizontal-,Vertikal-,oder Videoendstufenröhren die gleiche Achillesferse und das wird höchstwahrscheinlich die Ursache der bizarren Endstufenverzerrung sein. Diese Röhren sind nämlich auf hohe Anodenströme bei niedrigen G2-Spannungen hin gezüchtet.
Bei Gitarrenamps sollte die Lastgerade entweder bei Ug=0V durch das Knie gehen oder knapp unterhalb des Knies verlaufen.
Von der ECL/PCL82 sind Kennlinienfelder für Ug2=100V/170V/200V verfügbar - hast Du mal versucht die Lastgerade nur bei Ua=Ug2=200V für SE-Class A einzuzeichnen und dabei das Knie bei Ug=0V zu treffen?
Dies ist nicht möglich, da die Gitterspannungskennlinien fast senkrecht aus dem Ursprung hochgehen und extrem hohe Anodenströme erreichen.
Mal überschlägig gerechnet:
Ua=Ug2=200V,Ia=35mA liegt genau auf der 7W-Verlustleistungshyperbel. Maximaler Stromwert bei Class A wäre 2x35mA=70mA. Hier müßte jetzt eigentlich die Lastgerade bei Ug=0V für symmetrische Aussteuerung durchgehen. Tut sie nur leider nicht. Du triffst hier gerade noch die -6V Kennlinie, dann ist Schluß. Das eigentliche Knie liegt viel höher, grob zwischen 150 und 180mA.
Das ist jetzt nur für Ug2=200V gerechnet, Deine Ug2 liegt ja noch viel höher (ca.258V)!!
Und hier liegt m.E der Hund begraben; Du hast Dich an Original Datenblatt-Angaben gehalten was ja eigentlich gut ist, aber diese Datenblatt-Vorgaben sind leider nur für Audio-Verstärker entwickelt worden und nicht für Gitarrenamps. Hier wird von vorneherein mit reduzierter Gittervorspannung gerechnet, diese Verstärker sind gar nicht bis Ug=0V aussteuerbar. Wer es trotzdem versucht, wird mit ekligen unschönen Verzerrungen abgestraft, siehe Dein Endstufenclipping.
Fazit:
Dein gewählter Arbeitspunkt ist für einen Amp, der Endstufenzerre bringen soll und damit auch bis Ug=0V ausgesteuert wird, vollkommen ungeeignet; Du solltest G2 drastisch reduzieren.
Mein Vorschlag:
1) Ua auf 200V reduzieren
2) Ug2 auf 100V reduzieren
Im Kennlinienfeld für Ug2=100V Lastgerade einzeichnen:
Ganz grob gerechnet:
Ia=35mA, maximaler Strom wäre etwa 70mA bei Ug=0V, Ra=5K(+/-1K), Ug1=-5,5V, Rk etwa 130 Ohm
Das müßte eigentlich funktionieren und Du hast eine gut symmetrische Aussteuerung nach beiden Seiten hin.
Grüsse
Alex