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Volksbassverstärker: Die Vorstufe

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SvR:
Salü,
So, nach dem Bea und Martin schon fleissig mit den Endstufen beschäftigt sind, wirds mal Zeit das sich auch mal bei der Vorstufenschaltung was tut.
Ich hab mal zwei Schaltungsvorschläge unten angehängt, zu den ich gern eure Meinung hätte.

* ich denke Nummer 2 ist für die Verzerrung besser oder?
* ich hab mal grob die Verstärkung überschlagen und glaube wir müssten mit einer ECC82 für V2a/b hin kommen oder?
* wo sollte man den Rk mit nem Kondensator überbrücken?
* die EF86 könnte man evtl auch durch eine ECC83 in SRPP ersetzen -> Vor- und Nachteile?
* mit einer ECC83 für V2a/b könnte die Verstärkung auch ausreichen um V2b vor dem Klangregler als Kathodenfolger zu schalten -> Sinnvoll?
* total andere Schaltungsvorschläge?mfg sven

Edit: soll P1 vor die beiden Trioden oder dazwischen?

trial and error:
Hallo Sven,

ich würde die 1. Schaltungsauslegung bevorzugen, weil die in Richtung Hiwatt geht. (Die besonderen Vorstufen für "The Who" >Townshend, Entwistle< haben auch nur 2 Knopf- Klangregelung). Der "Master" ist dann direkt hinter der Klangregelung.

MfG
Bernd

SvR:
Salü,
Für die Dimensionierung der Widerstände in der Vorstufe hat Martin in Nachbar-Thread schon was geschrieben.
Ich will das grad hier noch mal zitieren:

--- Zitat von: Kpt.Maritim am 10.02.2011 00:04 ---Heute gehen wir an das letzte größere Planungskapitel im Signalpfad. Es soll um die beiden Eingangsstufen mit der ECC83 gehen. Zumindest die zweite Stufe kann mit einem Booster oder aktivem Bass zum Zerren gebracht werden. Wir müssen uns also Gedanken über ihre Beschaltung machen. Wir können für die erste Stufe wohl noch das Datenblatt heranziehen, für die zweite geht das nicht mehr. Denn dort findet man Hifiarbeitspunkte,a lso einen möglichst großen verzerrungsfreien Aussteurbereich.

Der Aussteuerungsbereich wird an zwei Stellen begrenzt. Einmal durch den Einsatz von Gitterstrom und zum Anderen durch die abnehemende Steilheit und Verstärkung einer Röhre zu negativerere Ug und kleinerem Strom. Das Diagramm unten zeigt das. Wir sehen hier das Kennlinienfeld der ECC83. Der grüne Arbeitspunkt ist ein Hifiarbeitspunkt. Die postive und die negative Halbwelle können gleich weit aussteuern. Eine Begrenzung findet bei bei Ug=0V (rot) und rechts bem Abtauchen der Lastgerade (schwarze Diagonal) in den Bereich kleinen Anodenstroms statt.

Würde man eine so ausgelegte Hifistufe übersteurn, dann werden beide Halbwellen ziemlich gleichmäßig beschnitten. Eine Beschneidung beider Halbwellen ist aber im ungeradzahlige Klirr. Der klingt eher rauh und im Extremfell (bei höherer Ordnung) kratzig. Beschneidet man nur eine Halbwelle, dann ensteteht geradzahliger Klirr. Der klingt eher schöngefärbt und macht den Ton dick, wird aber bei höherer Ordnung glasig.

Ich hasse diese Klangmetaphorik. Sie suggeriert nämlich auch immer positive oder negative Gefühle. Vielleicht ist das der Grund, dafür, dass sie geradzahligen Verzerrungen immer als die guten und die ungeradzahligen als die bösen hingestellt werden. Gerade der Bass verträgt auch ein paar mehr ungeradzahlige eher, als z.B. eine Gitarre. Das liegt daran, dass im Bassbereich das menschliche Ohr sehr viel weniger klirrempfindlich ist, als bei höheren Frequenzen. Die tiefen Bassfrequenzen sind zudem solche, die den größten Pegel haben und darum auch am ehesten verzerrt werden. Meiner Erfahrung nach klingt ungeradzahliger Klirr bei den sehr tiefen Frequenzen knurrig und gar nicht kratzig. geradzahliger macht ihn runder und wärmer. Eine gute Mischung mach den schönen Ton. Aristoteles hat schon gewust, dass Eigenschaften nur im Koontrast des Gegenteils wahrgeommnen werden können und die Schönheit und das gute  als Ausgleich in der Mitte liegt.

Nun wollen wir aber nicht nur ungeraduzahligen Klirr, also legen wir den Arbeitspunkt so, dass eine Halbwelle etwas früher beschnitten wird, als die andere. So entsteht erst etwas geradzahliger Klirr und wenn man weiter assteuert auch ungeradzahliger. Damit wird der Übergang zwischen verzerrtem und unverzerrtem Ton breiter auseinander gezogen und damit beherrschbarer. Gerade diese Zwischengrenze ist soundlich besonders attraktiv. Denn hier wird lauteres Zupfen an den Saiten sofort mit einem anderen Ton belohnt. Das ist es, wenn wir sagen der Verstärker reagiere dynamisch.

Nun gut, wenn wir eine Halbwelle etwas früher als die andere begrenzen wollen, welche denn?

Wenn wir die positive zuerst begrenzen wollten, dann müssten wir den blauen Arbeitspunkt wählen. Hier wird durch den Einsatz von Gitterstrom das Signal beschnitten. Wollen wir die negative zuerst beschneiden, dann müssen wir den orangen Arbeitspunkt wählen. Hier wird die Halbwelle durch die abnehmende Värstärkung zu kleinerem Anodenstrom hin begrenzt.

Gitterstromeinsatz begrenzt effektiver. Er führt durch Umladen des Koppelkondensator zwischen unseren Stufen aber auch leicht zu Blocking Distortion. Aber beim orangen Arbeitspunkt würde bei völliger Übersteurung also wenn es auch noch zusätzlich in den Gitterstrombereich geht die Blocking Distortion noch größer werden. Er setzt nur später ein. Der Grund ist, dass der Arbeitspunkt weiter recht liegt, Die mittlere Ug ist darum niedriger und der Koppelkondensator muss um einen größeren Spannunsgbetrag umgeladen werden, wenn Gitterstrom durch die hohe Aussteuerung einsetzt. Blocking Distortion ist als Nadel auf der psotiven Halbwelle mit dem Oszilloskop zu sehen. Im Orangen Arbeoitspunkt werden durch den größeren Abstand zum Gittterstrombereich die Nadeln länger. Dieses Problem hatte ein Freund mal in einem Amp und konnte es such sichtbar machen, er nannte es Farting-Distortion, nach der Art wie es klang,

Toll, und wie nun? Guckt man sich typische Amps für Vorstufenzerre an, dann findet man eher kleinere Werte (z.B. 820Ohm) für den Kathodenwiderstand Rk der verzerrenden Stufen. Da Rk=Betrag(Ug)/Ia ist also bei kleinem Rk der Stronm größer und die Ug dem Betrag nach kleiner. Also wird eher der blaue Arbeitspunkt gefahren.

Am Ende ist es totale Geschmackssache. Hier Experimente durchzuführen lohnt sich allemal. Sie sind auch leicht zu haben. Wir werden nähmlich von einem Hifiarbeitspunkt ausgehen. Den entnehmen wir dem datenblatt oder berechnen ihn selbst nach irgendeinem der vielen Bücher, die es dazu gibt. Machen wir den Rk kleiner als so berechnet, dann landen wir eher richtung blau, machen wir ihn größer dann orange. Wieder ein Ansatz für Modifikationen nach Klangeschmack, die nahezu keinen Aufwand machen, aber viel bringen.

Manche bitterböse Booster schaffen es sogar die Eingangsstufe zu übersteuern. Demnach sollten wir hier wohl auch richtung blau oder gelb gehen. Egal wohin, wir sollten es nicht wie in der zweiten Stufe machen. Denn dann wird z.B. im Falle blau erst die postive Halbwelle beschnitten. Nun dreht die Stufe aber die Phase. Die Negative Halbwelle wird darum zur postiven und in der zweiten Stufe nochmals beschnitten. Ergo: Beide halbwellen sind beschnitten und statt geradzahligen Klirrs entsteht insgesamt ungeradzahliger. Also müssen wir es in der ersten Stufe genau anders machen, als in der zweiten. Machen wir die erste blau, dann die zweite orange und umgekehrt.

Mir scheint die Kombi: Orange->Blau klugt zu sein. Denn zuerst wird die negative Halbwelle etwas beschnitten und zwar ganz ohne Blocken. Dann geht sie als positive Halbwelle in die nächste blaue Stufe. Hier müsste sie nun der Gitterstromeinsatz beschneiden. Da sie aber schon etwas angeschnitten ist, greift der nicht mehr so stark. Blocking Distortion wird also eher gemieden. Bei extremen Aussteurungen hat die blaaue Stufe wegen ihres dicheter am Gitterstromgebiet gelgenen Arbeitspunktes sowieso etwas weniger Umladeschwierigkeiten. da die zweite Stufe aber viel weiter ausgesteurt wird als die erste, egal wie sehr wir boosten muss hier auch Blocking Distortion am ehesten gemieden werden.

--- Ende Zitat ---
mfg sven

trial and error:
Hallo noch einmal,

das ist eine sehr interessante Argumentation. Vielleicht könnte man ja auch in die Richtung gehen, wie es seinerzeit der  MB Mark I  und die Marshall Mastervolume Amps boten: wahlweise in die  "verzerrende" oder in die "klare" Vorstufe "einstöpseln". Bei 3 hintereinander geschalteten Verstärkerstufen einen stufenlosen Übergang von "superclean" über "Oberton" zu "Overdrive" mit dem Poti 1 einstellbar zu bekommen dürfte doch wohl nicht so leicht werden, oder?

mfg
Bernd

Grooverock:
Hi!

Das mal grob überschlagen produziert mit der EF86 doch viel zu viel Gain. Da müssten man wieder mit Spannungteilern arbeiten und das sorgt wieder für Rauschen. Ich halte das nicht für praxisnah.
Lieber ein System einer ECC83 am Eingang, dann kommt das schon eher hin... Die Frage ist nur, was mit dem übrigen System passieren soll...
Ansonsten haben beider Varianten ihre Vor- und Nachteile.
Die 1. Variante hätte deutlich weniger Gain. Was dann aber auch abhängig von der Klangeinstellung ist. Das KANN gewollt sein. Allerdings hat man bei einer Baxandall-Regelung dann nur die Möglichkeit den Bass stärker zu verzerren, was sicherlich nur wenigen Leuten gefällt oder eben die Höhen.
Die 2. Variante fände ich aus zwei Gründen besser: Die Klangregelung formt den Sound am Ende ohne die Verzerrung in der Vorstufe zu beeinflussen. Man kann also wieder ordentlich Tiefen reindrehen ohne das es matscht. Zusätzlich ist der Störspannungsabstand größer.
Wenn man nun noch einen "Ultra-Lo"-Schalter integriert, der bei bedarf den Tiefbass senkt, dann kann man den Matsch wirkungsvoll bei Verzerrung im Zaum halten. Die Verstärkung würde ich aber insgesamt gering halten, damit das Ding auch richtig Clean kann. Und Higain wird wohl niemand wollen. Dafür gibts noch den BigMuff  ;D

Beide Möglichkeiten haben Vor- und Nachteile...
@Bernd: So wirst du aber keine Vorstufenverzerrung bekommen. Ich würde einen bestimmten Sound aber nicht nur nach Lage des EQ beurteilen.

So, nur meine Gedanken dazu.  ;) Schön, dass ihr alle noch so kräftig dabei seid!  :bier:
Kim

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