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PI Beschaltung
frizzy:
Hallo miteinander,
ich bin nach wie vor dabei, mich was Röhrenamps betrifft, weiterzubilden. Ich habe heute meinen MadAmp fertig neu/alt aufgebaut. Im Prinzip wieder in den Urzustand zurückversetzt, allerdings die Cathode-Resistors im Crunchchannel auf originale Marshall Werte geändert (statt 680R 820R und bei V1 switchbar zu 2k7). Habe auch jeweils 690 nF Bypasscaps gesetzt weil mir der Amp immer zu boomig war. Auch den Spannungsteiler hab ich auf 470K/470K mit 500pF geändert.
Klingt auch soweit sehr fein!
Allerdings fällt mir speziell bei Palmmutes auf, dass es so ein nachklingendes fizzeln gibt - hoffe ihr wisst was ich meine.
Das tritt in beiden Channels auf. Bei voll aufgedrehtem Mastervolume ist die (Endstufen)verzerrung auch sehr undefiniert - aber das ist ja gewissermaßen normal.
Amp hat eine cathode-biased Endstufe mit 2 EL84. Kein Negative Feedback.
Meine Frage ist jetzt: Kann das was mit der Beschaltung des PI zu tun haben? Bzw: wie bekomm ich dieses fizzige Nachklingen weg?
Welchen Unterschied macht es 470R bzw 1k2 als Kathode beim PI zu haben? Welchen Einfluss hat der Tail Resistor? (47k vs 27k)? Welchen Einfluss hat der Kondensator (22nF vs 100 nF)
Danke schonmal im Vorraus für die Beantwortung meiner Fragen bzw Empfehlungen wo ich mich weiter einlesen könnte :)
Stahlröhre:
Hallo, meinst du mit "nachklingendem Fizzeln" eventuell eine übermäßige höhenreiche Verzerrung?
Wenn der Verstärker keine Gegenkopplung in der Endstufe besitzt, führt dies dazu das der Innenwiderstand der selbigen sehr hoch ist. Die Endstufe reagiert dann sehr stark auf den Lautsprecher und dessen sich mit der Frequenz ändernde Impedanz. Letztendlich wird dadurch der Höhenbereich und die Resonanzspitze im Bassbereich (70-80Hz) stark betont. Gerade dieser Höhenboost betont insbesondere die sehr fizzeligen Anteile der Vorstufenverzerrung.
Bekanntere Verstärker ohne Gegenkopplung in der Endstufe (z.B. Vox AC30, Mesa Rectifier, Krank-Amps) nutzen desshalb eine Höhenbremse um dem entgegen zu wirken. Statt einer Höhenbremse könntest du natürlich auch den Verstärker auf eine Gegenkopplung umbauen, dadurch wird dann der Innenwiderstand gesenkt und der oben genannte Effekt wird abgemindert.
Jedoch geht dann auch der Schub im Bassbereich verloren. Über eine zusätzliche Resonance und Presence Schaltung kann man dann etwas von der alten Klangcharakteristik zurückholen.
Im Pi selbst wird meist zwischen den beiden Anoden eine kleine Kapazität geschaltet, diese schwächt auch die Höhen ab. An dieser Stelle könntest du auch mal verschieden Werte probieren.
Zu deinen Fragen: Der 470Ohm Widerstand bestimmt den Arbeitspunkt des Pi, mit 1,2k werden die Röhren dann kälter gebiased. Wichtig zu beachten ist hier, dass effektiv der Strom von zwei Systemen fließt. Für das einzelne Röhrensystem "sieht" es also so aus, als wenn der Kathodenwiderstand doppelt so groß ist.
Der Tail Widerstand beeinflusst die Symmetrie des Phaseninverter, je größer er ist desto besser ist die Symmetrie und desto mehr gleicht sich die Verstärkung der beiden Seiten an. Im Optimalfall würde man hier eine Konstantstromquelle einsetzen, die mit ihrem großen Innenwiderstand für perfekte Symmetrie sorgen würde. Aus Aufwands- und Kostengründen wird darauf standardmäßig verzichtet und nur ein einfacher Widerstand eingesetzt. Die schlechtere Symmetrie kann dann durch verschieden große Anodenwiderstände wieder kompensiert werden.
Zu groß darf der Tailwiderstand aber auch nicht sein, da sonst der Headroom des Pi eingeschränkt wird und die Endröhren nicht mehr sauber angefahren werden können.
Der 100nF Kondensator legt das Steuergitter der rechten Röhre wechselspannungsmäßig an Masse, die Kapazität bestimmt dabei die untere Grenzfrequenz. Je größer der Kondensator gewählt wird desto tiefer liegt diese. Grundsätzlich sollte der Wert hier recht groß gewählt werden um eine gute Balance auch bei tiefen Frequenzen zu erhalten und unnötige Phasenverschiebungen zu vermeiden.
Eine detalliertere Beschreibung der Pi Schaltung mit Rechenbeispielen findest du hier: https://www.valvewizard.co.uk/acltp.html
frizzy:
Hallo Stahlröhre,
danke dir wieder mal für deine ausführliche Antwort, du hilfst mir wirklich wahnsinnig weiter!
Also mein beschriebenes Störgeräusch ist tatsächlich ein subtiles NACHklingen. Es erinnert mich daran, als ich einmal ein paar Songs bei einem nicht so guten Mastering Engineer hatte und er meine Mixes viel zu hot durch Röhrenkompressoren gejagt hat. Bei einem Song war ein sehr lautes Solo (ganze Band) und dann sofort leise, nur eine einzelne Gitarre. Die Röhrenkompressoren wurden vom lauten Part davor so hart angefahren, dass man in der ersten Sekunde nach dem Solo gehört hat, wie sie sich „entspannt“ haben, sie haben quasi „nachverzerrt“ obwohl es kein zu lautes Signal mehr gab.
Genau das selbe ist mir jetzt beim Palmmuten aufgefallen. Ich spiele einen tiefen Powerchord gepalmmutet und wenn er schon vorbei ist, gibt es ein relativ hohes (im Sinne von nicht dumpf) Nachfizzeln („grchhhcjchc“).
Mein Verdacht war jetzt, dass das mit der originalen PI-Schaltung zu tun hat, aber offenbar schein die eh Standard zu sein.
Der Amp ist mir auch noch ein bissl zu basslastig. Mir stellt sich jetzt die Frage wo der herkommen soll. Ich habe im crunchchannel 2 röhrenstufen vorm tonestack (100k - 2k7/.68 und 100k - 820/.68). Tonestack mit 33k Slope. Also relativ Standard und auch eher auf mitten getrimmt. Den Spannungsfelder hab ich nach deinem Rat auf 470k/470k mit 500pf.
Da das Phänomen auch im Cleanchannel auftritt (1 Stufe mit 820R/1uF) vermute ich eben den PI oder die Endstufe.
Sollte ich die Coupling Caps beim PI ändern? Oder dich lieber am Long Tail Pair spielen? Ich vermute eben dass da irgendwo noch zu viel Bass ist…
Danke dir schonmal!
frizzy:
Nachtrag:
ich denke also, dass es sein könnte, dass zu viel Bass irgendwo im Bereich PI oder Endstufe das Übersteuern verursacht. Der Preamp ist jeweils sehr auf Höhen und Mitten getrimmt, daher vermute ich das gegen Ende.
Generell kommt mir der Amp noch nicht so straff vor wie ich ihn gerne hätte, er hat ein bisschen zu viel Bass. Nicht direkt muddy, aber einfach sehr "groß". Er spielt sich auch sehr "spongy" wie der Amerikaner sagen würde.
Im MadAmp sind die Spannungen im Vergleich zu den Tubetown Kits niedriger. B+ für V1 ist 250V, beim PI ca. 270V - ist das zu niedrig? Könnte das etwas damit zu tun haben?
Stubenrocker81:
Hallo
Du kannst den Eingangs C vom PI verkleinern.
Kannst du mal ein Bild vom Innenleben schicken.
Es kann auch am Layout liegen.
Gruß Stephan
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