Technik > Tech-Talk Design & Konzepte

Röhrenverstärker, volldifferenziell

<< < (3/4) > >>

Günthergünther:
Hallo,

der klassische vollsymmetrische Röhrenverstärker bietet einige Vorteile, hat aber auch seine Eigenheiten. Normalerweise verwendet man einen Eingangsübertrager mit nachgeschalteter Pentodenstufe und Stromgegenkopplung. Die globale Gegenkopplung reicht von den Anoden der Endröhren zu den Kathoden der Pentodenstufe.
Konkret bedeutet dies:

- Erdfreier Ausgang (für Studiotechnik interessant)
- AÜ & EÜ außerhalb der Regelschleife -> nur parasitäre Röhreneinflüsse wirken auf die ÜAGK, dies wiederum bedeutet, dass 1. die ÜAGK bei weitem strammer ausfallen kann, was DF und Klirr zugute kommt und 2. die ÜAGK sehr linear wird.
- geringere Phasenfehler durch wenig Stufen und kein Eisen im Gegenkopplungszweig
- Bandbreite nur durch EÜ/AÜ begrenzt

Dem Gegenüber stehen:

- größerer Schaltungsplanungsaufwand
- teure EÜs (siehe Reinhöfer, die Qualität ist jedoch überragend)
- AÜs müssen bei Weitem eine bessere Fertigungsgüte aufweisen, da sie außerhalb der ÜAGK liegen
- Pässe außerhalb der Regelschleife haben einen größeren Einfluss auf die Gesamtschaltung.

Grüße, Thomas

Nigel:

--- Zitat von: Banana_Horst am  2.02.2016 10:34 ---Jetzt muss ich mal die "alten Hasen" fragen:

Kennt jemand von Euch einen volldifferenziellen Röhrenverstärker für Gitarre (oder allg. Audio)?

--- Ende Zitat ---

Moin!

ich halte mich nicht für einen alten Hasen, aber der Hamond AO-15 ist so einer und zudem recht günstig, vor allem in den USA zu erwerben. Allerdings wird über eine 57 und 56 in der Orgel (Pre-B3) vorverstärkt und das Signal über einen AÜ weitergeleitet.

Vielleicht eine kleine Inspiration für dich.

Lieben Gruß,

Nigel

Showitevent:
Hallo,

ich finde die Idee cool als Liebhaber der alten Technik : )
Allerdings ist differential mit vielen Tücken der Bauteilgüte verbunden. Ansonsten macht es einfach keinen Sinn.
In dem "hochohmigen" Feld der Röhrentechnik sehe ich keinen Sinn, solange die Quelle nicht ein differential Signal ausgeben kann.
Der Einzige mir ersichtliche Vorteil ist, dass sich Netzteilbrummen (Restwelligkeit) gegeneinander auslöscht.
Dazu bedarf es dann aber viel Tuning, wessen Zeit an anderer Stelle besser aufgehoben ist.

Differential ist zur Signalübertragung gedacht, nicht mehr, nicht weniger.
Selbst semimoderne Studiotechnik (Pulte etc.) sind nur bis zum Preamp Symmetrisch. Die Signalverarbeitung ansich ist auch hier unsymmetrisch.
Pulte mit Inserts können ebenfalls symmetrische Return und Send Wege haben, in diesem Fall ist dann ab "Return" unsymmetrische Verarbeitung.

Es gibt ein paar Exoten, die dann auch die EQ's und sonstiges signalling als fulldifferential ausgeführt haben.
Diese allerdings super Wärmeempfindlich / Störanfällig.

Ich sage mal so: Solange das Gitarrenkabel unsymmetrisch ist, ist das Vorhaben Spielerei. Aber eine Nette : )

Viel Erfolg. Würde mich freuen über  den Werdegang zu lesen.

lg

Vix Noelopan:
Hallo,

ginge es um einen HiFi-Amp, gäbe es tatsächlich nichts Besseres! Ich baue grundsätzlich voll differentielle Leistungsverstärker, deren erste Stufe bereits der LTP-PI ist, gefolgt, wenn nötig, von einem spannungsverstärkenden Differenz-Paar. Der Vorteil ist v.a. die bessere CMRR gegenüber der Spannungsversorgung.

Bei einem Gitarren-Amp ist indes zu bedenken, dass ein solcher Verstärker die geradzahligen Harmonischen weitgehend unterdrückt. Und just Selbige sind es, die dem Klang die erwünschte Färbung erteilen, nicht?

Beste Grüße, Uwe

Günthergünther:
Hallo,


--- Zitat von: Vix Noelopan am 14.02.2016 14:07 ---Ich baue grundsätzlich voll differentielle Leistungsverstärker, deren erste Stufe bereits der LTP-PI ist, gefolgt, wenn nötig, von einem spannungsverstärkenden Differenz-Paar. Der Vorteil ist v.a. die bessere CMRR gegenüber der Spannungsversorgung.
--- Ende Zitat ---

das kann ich so nicht stehen lassen. Die Topologie Differenzverstärker-Differenzverstärker-Endstufe ist kein echter vollsymmetrischer Verstärkeraufbau. Ich habe mich längere Zeit mit dem Vergleich Vorstufe-Differenzverstärker-Endstufe (nachfolgend V-D-E) zu Differenzverstärker-Differenzverstärker-Endstufe (nachfolgend D-D-E) beschäftigt und kam zum Entschluss, dass die Version mit Vorstufe zu bevorzugen ist, dies hat folgende Gründe:

- von vorn nach hinten "abfallende" Spannungsverstärkung bedingt geringere Rauschwerte (bei der Topologie D-D-E bietet die 2. Stufe die meiste Spannungsverstärkung und holt somit das Rauschen der ersten Stufe deutlich gewichtiger auf)
- bessere Gleichtaktunterdrückung der Topologie V-D-E (Versuchsaufbau >58dB über den gesamten Verstärker gemessen)
- bessere PSRR-Eigenschaften
- deutlich größere Spannungsverstärkungswerte möglich
- ÜAGK muss nicht per Spannungsteiler in den Differenzeingang geführt werden

praktisch gesehen konnte ich die besten Ergebnisse mit einer ECC81-Kaskode gefolgt von einem ECC82-Differenzverstärker erreichen. Dem gegenüber hatte ich als D-D-E-Topologie eine ECC83 Differenzverstärkerstufe gefolgt von einem ECC81-Differenzverstärker getestet, beide Varianten mit sehr ähnlicher Spannungsverstärkung an 350V. Auch der Klirrfaktor war deutlich geringer bei der V-D-E-Topologie.

Grüße, Thomas

PS: Ein echter vollsymmetrischer Verstärker könnte so aussehen wie im Anhang gezeigt. Er befindet sich noch in der Planungsphase, in Frage kommt entweder eine ECC88-Kaskode oder eine EF80/E180F-Vorstufe.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln