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Supro 1695T Black Magick - aktuelle Supros - EH6973

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456Onno456:
Hi,

es ist mal wieder Zeit was zu schreiben, ich wollte das schon länger nachholen, aber die Zeit ist knapp. Ich mach jetzt mal nen Anfang und setzte die, für Schaltplan-Horter interessanten, Informationen rein.

Es geht prinzipiell um Supro-Combos, d.h. kleine push-pull Verstärker mit einem Pärchen 6973, die an einem 1x12 Lautsprecher mit einer Tele dem Page-Ton auf der LZI nahe kommen sollen. Ich habe mich die letzten beiden Jahre intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt, viel gelesen (dirty girl amps, also Erik Kettenburgs homepage sei eindeutig empfohlen. Wertvolle Informationen, Schaltpläne und hilfsbereit ist er auch), zwei Combos desinged und klanglich abgestimmt (1x 5CZ5, 1x 6L6/6V6), wobei speziell letzteres ein langer Kampf war.

Nun sind die aktuellen Supros anscheinend der letzte Schrei und ich muss bekennen, dass mir das immer ein wenig gegen den Strich geht. Der Hype-Zug fährt mit Volldampf und häufig kommen dabei auch so Kleinigkeiten wie Klang unter die Räder (eventuell in einem zusätzlichen post mehr).

Anbei erst mal der Schaltplan des 1695T (ich hoffe es sind nicht zu viele Fehler drinnen, ich habe es mehrfach kontrolliert). Das Tremolo habe ich nicht getraced, das war mir zu viel Arbeit. Das LFO-Signal wird an den Enden von R44 und R45, welche bei mir auf Masse liegen, eingespeist.

Es könnte sein, dass die 1N4004 an den Kathoden der 6973 auch eine 24V Zener Diode ist. Dann würde die Diode an der Stelle Sinn machen (Zener-Noise mal dahingestellt).

Zu den Verstärkern scheint die Electro Harmonix 6973 zu gehören. Ich habe mit meinem µtracer mal ein Kennlinienfeld aufgenommen, als Vergleich auch eine 6CZ5 (ziemlich ident zu einer 6973, wenn man sich die alten Datenblätter ansieht). Zu gehören, da die Röhren auf einen Ruhestrom von 60mA gebiased sind. Wenn ich das richtig sehe, dann sind das 150% der maximalen Dissipation einer NOS 6973. Das sollte auf die Lebensdauer gehen, da aber bis jetzt die Foren nicht von dauerndem Röhrenausfällen berichten, liegt die Vermutung nahe, dass die EH 6973 mehr abkann. Die Physiognomie der Röhre und das Kennlinienfeld unterstützen zumindest die Vermutung, dass die Röhre nicht gerade eine 'faithful reproduction' der alten 6973 ist.

Der Amp ist tadellos verarbeitet (alle Potis sind Stereopotis, wobei nur eine Hälfte genutzt wird. Dafür ist die mechanische Befestigung am PCB deutlich stabiler, da es kein versehentliches 'Abhebeln' gibt - heißt das Knickbruch?) und sieht, wie ich finde extrem gut aus. Wenig überraschend hat der Klang nichts mit einem Supro zu tun. An für sich kein katastrophaler Sound: charakteristisch, wie bei alle neuen Supros, welche ich gespielt habe: der Amp ist hart, stabil und tendenziell auf der sterilen Seite. Das kann in den Höhen unangenehm werden. Beim 1695T kommt noch ein sehr moderner britischer Speaker hinzu. Im Direktvergleich mit einem ET-65 ist der Klang des Speakers stabiler, er hat deutlich mehr Tiefmitten (schiebt, pumpt), dafür fehlen aber die Mitten des ET-65. Sehr weit weg vom Klang 'amerikanischer' Speaker (ein G12Q, G12C und G12C/S waren zum Vergleich da). Ohne PPIMV, VVR, oder eingebautem Attenuator ist der Amp natürlich unpraktisch, da er nur zerrt, wenn es laut wird. Warum man so was heutzutage noch baut ist mir schleierhaft.

Ich habe bestimmt noch ein wenig was vergessen. Wenn Euch noch was interessiert, dann fragt ihr eh.

schönen Abend,

Max


mr.bassman:
Hallo Max,
schön zu lesen, dass es weitere Supro-Amp-Fans gibt! Auch ich beschäftige mich
seit gut einem Jahr mit deren Schaltungen, da ich beabsichtige, einen „1624T“ (Dual Tone) zu bauen.
Schaltungsmäßig unterscheidet dieser sich nur durch zweites Ton-Poti - zumindest nach den alten Schematics…

Ich bin durch YouTube-Clips von „LeonC“ und natürlich auch die von den neuen Supro/Absara-Amps auf den
Geschmack gekommen.
In Deutschland/Europa ist der Name Supro/Valco ja nicht so populär, in den USA hingegen waren diese in den
50er/60er Jahren sehr verbreitet. „Poor Mans Fender“ halt - jedoch mit völlig eigenen Schaltungsideen!


--- Zitat ---Nun sind die aktuellen Supros anscheinend der letzte Schrei und ich muss bekennen, dass mir das immer
ein wenig gegen den Strich geht. Der Hype-Zug fährt mit Volldampf und häufig kommen dabei auch so Kleinigkeiten
wie Klang unter die Räder…
--- Ende Zitat ---
Da hast Du recht - 1700.- Euro für einen China-Platinen-Amp ist völlig überhöht!
Soundmäßig unterscheiden sich diese neuen Amps ja ziemlich von den alten.
Ist ja auch kein Wunder:
1. wurden die Eingangsstufen verändert - Kathodenelkos/Koppel-Cs/der gesplittete Ra (ehemals 100kΩ-47nF-270kΩ),
    zusätzliche Triode
2. Endstufe (jetzt angeblich 25W/Class A)
3. der Paraphase-Inverter wurde modifiziert
4. das Tremolo steuert jetzt die Endstufe - früher Kathode-Bias der 1. Stufe usw…
Weiterhin klingen die neuen 6973 von Electro Harmonix anders als die Original RCA-
Bestückung (sind leider nur noch zu Horror-Preisen zu haben).

Ich nehme an, Du hast den Schaltplan anhand des Prints selbst rausgezeichnet,
denn von Sopro/Absara ist kein Plan erhältlich (reichlich Email-Verkehr mit dem Chef David Koltai endete vergebens).

--- Zitat ---Ohne PPIMV, VVR, oder eingebautem Attenuator ist der Amp natürlich unpraktisch, da er nur zerrt, wenn es laut wird. Warum man so was heutzutage noch baut ist mir schleierhaft.
--- Ende Zitat ---
Daher ist bei meinen Nachbau auch ein Power Sucker/Attenuator eingeplant!
Gibt es Fotos von Deine Nachbauten?

Lieben Gruß
Bernd


456Onno456:
Hallo Bernd,

danke für dein Feedback. Wie angekündigt gehe ich noch ein wenig auf den 1695T und dann später auf deine Fragen ein.

Zur Verortung: Ziel meiner Supro-Eigenbauten war es möglichst viel von den typischen Supro-Sounds abzudecken. Hierbei kamen vor allen der 1624T und der zweite Kanal des 1690T in Frage. Letzterer hat ja 2 kaskadierte Triodenhälften vor dem PI (Schaltpläne gibt es auf der Homepage von Erik Kettenburg). Der Thunderbolt schied aus, da er auf Grund des Tonestacks und des verringerten Preampsignals (durch das Tonestack) doch eine deutlich andere Philosophie verfolgt. Allerdings findet sich die Kathodenbeschaltung des PI (getrennte Kathodenwiderstände) in allen meiner gebauten Supros, da sie besser auf eine Spannungsskalierung mittels VVR reagiert als ein geteilter Kathodenwiderstand. Falls du eine einfache VVR verfolgst: Bei diesem Amps gehören meiner Meinung nach die Vorstufe und der PI mitskaliert. Für die Endstufenröhren empfehle ich die Skalierung der Anoden und Schirmgitterspannung. Nur das g2 zu skalieren führt zu einem unnatürlich schrillen und spitzen Klang bei zurückgedrehter VVR (nicht nur bei den Supros, auch bei meinen Plexis, 18Watter, 5E3 und Ampeg B-15). Ich betone dies, weil es immer wieder andere Ratschläge zu lesen gibt und ich dem, nach eigenem Experimentieren mit über 10 spannungsskalierten Verstärkern, vehement widerspreche.

LG,

Max

PS: Mit LeonC habe ich auch ein wenig geredet und den Eindruck bekommen, dass er eher alte Supros 1 zu 1 kopiert und nicht wirklich selbst die Schaltung kritisch durchleuchtet (nicht böse gemeint). Die Sounds die er erreicht sind teilweise richtig gut, teilweise nicht mein Fall.

456Onno456:
Ich fange mal mit meinem ‚critical review‘ des 1695T an:

Eingangsstufe des 1695T:
Die Gitteranlaufwiderstände (2k in Summe) sind extrem klein, was das Rauschen verringert, aber eben auch die Verstärkung bei Frequenzen, welche jenseits dessen liegen was der Speaker noch wiedergeben kann (wahrscheinlich schneidet der ab spätestens 5kHz ordentlich ab). Im Vergleich mit einem 1624T (Schaltplan Homepage Erik Kettenburg – dirty girl amps) weicht diese Beschaltung deutlich vom Original ab. Der 100k Gitteranlaufwiderstand bei den alten Supros sorgt zusammen mit der Millerkapazität der Eingangsröhre für einen deutlicheren Tiefpass. Dies wird von einem 500pF Kondensator gegen GND noch verstärkt. Vornehmlich unterdrückt dieser aber den Resonanzpeak der Gitarrenpickups. Dies macht einen klanglichen Unterschied, speziell wenn der Peak oberhalb 1,5kHz liegt (Strat, Tele, etc.). Der zweite Eingang der alten Supros ist über einen 4n7 Kondensator angekoppelt. Hierbei wird der erste Eingang über eine geschaltene Buchse nach GND kurzgeschlossen, so dass der 100k Gitteranlaufwiderstand parallel zum Eingangswiderstand liegt. D.h. diese Buchse ermöglicht eine Art Bandpass nach unten durch das RC-Glied 4n7 – 470k || 100k und nach oben durch die 470pF gegen GND beschränkt. Dies funktioniert erstaunlich gut und man kann durch Bauteilevariationen, speziell am 4n7 den ‚Druck des Verstärkers in den Tiefmitten‘ trefflich einstellen. Dies ist eindeutig der von mir präferierte Input, da speziell mit einer potenten Endstufe (6L6) der Amp sonst zu bassig wird. Hilft auch beim ‚Entmatschen‘ von angezerrten Sounds.

Interessant finde ich zwei Dinge:

a)   Der 470pF gegen GND bügelt zwar den Resonanzpeak der meisten Gitarren-PUs (bis auf Metalhumbucker) glatt, dies bedeutet aber nicht, dass diese Beschaltung ein Gleichmacher im Bezug auf den Eigenklang unterschiedlicher Gitarrentypen ist. Eine Tele bleibt eine Tele, eine Strat eine Strat, eine Paula eine Paula. Aber ja, die Angriffslust und das Glitzern gehen ein wenig in die Knie, was dem einen oder anderen single coil nicht schlecht zu Gesicht steht.

b)   Der 470pF gegen GND ist im Allgemeinen nicht geeignet um den Tiefpass, gebildet durch einen Gitteranlaufwiderstand und die Millerkapazität der Röhre, zu ersetzen. Ich hatte diese Empfehlung mal aus einer Diskussion hier im Forum – über high gainer – mitgenommen. Standardwerte wie der 68k, oder 68k || 68k können bei SLO-artigen Verstärkern zu einem hohen Grundrauschen führen. Diese Widerstände kann man getrost verringern, muss dann aber darauf achten, dass der Tiefpass wieder stimmt. Ein pf-Kondensator am Gitter gegen GND bügelt aber den Resonanzpeak des PUs gleich mit weg. Also besser einen pf-cap parallel zum Anodenwiderstand um die Übertragungsbandbreite der Eingangsstufe entsprechend zu begrenzen.


mr.bassman:
Hi Max,

Hut ab, du hast dich ja richtig in die alten Supro-Schaltungen reingekniet!

--- Zitat ---Der 100k Gitteranlaufwiderstand bei den alten Supros sorgt zusammen mit der Millerkapazität der Eingangsröhre für einen deutlicheren Tiefpass. Dies wird von einem 500pF Kondensator gegen GND noch verstärkt. Vornehmlich unterdrückt dieser aber den Resonanzpeak der Gitarrenpickups. Dies macht einen klanglichen Unterschied, speziell wenn der Peak oberhalb 1,5kHz liegt (Strat, Tele, etc.). Der zweite Eingang der alten Supros ist über einen 4n7 Kondensator angekoppelt. Hierbei wird der erste Eingang über eine geschaltene Buchse nach GND kurzgeschlossen, so dass der 100k Gitteranlaufwiderstand parallel zum Eingangswiderstand liegt. D.h. diese Buchse ermöglicht eine Art Bandpass nach unten durch das RC-Glied 4n7 – 470k || 100k und nach oben durch die 470pF gegen GND beschränkt.
--- Ende Zitat ---
Du sprichst jetzt von den Treble/Bass Eingängen der Röhre 1B (1624T), richtig?
Die Schaltung an der Röhre 1A verhält sich ja noch anders, die ist „Grid Leak Biased“ (Kathode auf Gnd/6,8 MOhm „Gitterableitwiderstand“), also noch anderer Grundsound und diesen Eingang sollte man auch nicht mit zu großen Pegeln anfahren.

Ich hänge mal zum besseren Verständnis weiterer Mitleser die Schaltungen der Supro 1624T und 1690T (bzw. 1615T/1695T) an.

Lieben Gruß
Bernd

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