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Jukebox Mono-Röhrenamp AMI R2017 + L2156B - Bauteile-Beschaffung
julius:
Hey! Vielen lieben Dank für die Erklärung @Helmholtz.
Ich bin auch noch dabei den Signalfluss zu verstehen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir da auch nochmal auf die Sprünge helfen könntet.
Vielleicht hat jemand auch einen Link mit einer umfassenden Erklärung des Signal- und Stromflusses in einem Röhrenamp.
Über die 4 Siebelkos (40, 20, 20, 10 uF) werden die positiven Halbwellen geglättet (sie füllen im Idealfall die Lücken zwischen den Halbwellen aus),
die dann die Anodenspannung von ca. +345 VDC bilden, die an der Anode (Pin 1 und 6) anliegen. Das vorverstärkte Phonosignal liegt am Steuergitter (PIN 2) an der V1 an und blockiert/öffnet den Eletronenfluss der Kathode zur Anode. Das Audiosignal ist ein schwaches (hier vorverstärktes) AC Signal, das über das Steuergitter Einfluss auf den Stromfluss hat. Je höher die negative Steuergitterspannung, desto weniger Elektronen können von der Kathode zur Anode ungehindert angezogen werden. Je niedriger die negative Steuergitterspannung, desto ungehindeter können die Elektronen von der Kathode zur Anode angezogen werden. Das Gitter hat eine negative Vorspannung durch die sich um die Kathode sammelnden Elektronen. Der 1 M Ohm vor dem Steuergitter sorgt dafür, dass die Elektronen, die es nicht zur Anode schaffen bzw. von dem Steuergitter abgefangen werden abgeleitet werden. Ohne den 1 M Ohm würden sich die Elektronen am Gitter sammeln und kaum noch zur Anode durchkommen.
Das Audiosignal moduliert nun die negative Gittervorspannung. Eine positive Amplitude von z. B. 0,5 V des Audiosignal führt bei einer Gittervorspannung von -1 V zu einer Gittervorspannung von -0,5 V und damit zu einem ungehinderten Elektronenfluss. Eine negative Amplitude von 0,5 V des Audiosignals würde zu einer Gittervorspannung von -1,5 V führen und damit zu einem gehinderten Elektronenfluss (in diesem Moment). An der Anode ist neben der Anodenspannung ein stärkeres AC-Signal (moduliert durch das Audiosignal) messbar. Der Koppelkondesator von 0,047 uF blockiert die DC und das verstärkte AC Audiosignal liegt an dem Steuergitter der V2 an. Die Anodenspannung und das verstärkte AC Audiosignal (?) der Anode der Endstufenröhren liegen am Ausgangsübertrager an. Der AÜ transformiert die Hochspannung runter und passt die Induktivität für die Lautsprecher an.
Wie kann innerhalb der Röhre neben den DC auch AC übertragen und verstärkt werden? Ich hatte etwas davon gelesen, dass die AC-Spannung auf der DC-Spannung reitet? Vielleicht kann mir das nochmal jemand erklären. Wäre echt dankbar! :topjob:
Helmholtz:
--- Zitat von: julius am 4.09.2023 21:28 ---Wie kann innerhalb der Röhre neben den DC auch AC übertragen und verstärkt werden? Ich hatte etwas davon gelesen, dass die AC-Spannung auf der DC-Spannung reitet? Vielleicht kann mir das nochmal jemand erklären.
--- Ende Zitat ---
Die Signalspannung am Steuergitter addiert sich zu der negativen Vorspannung.
Die resultierende Gitterspannung (exakter die Spannungsdifferenz zwischen Gitter und Kathode) ist also mit der Signalspannung moduliert, bleibt hierbei aber im linearen Betrieb immer negativ.
julius:
Danke für die Erläuterung. :topjob:
Haben sich in meiner "Erklärung" denn irgendwelche Fehler eingeschlichen? Würde mich freuen, wenn ihr mich darauf hinweisen könntet. Danke!
Welche Bauteile sollte ich austauschen? Der Amp ist über 60 Jahre alt und im Originalzustand. Die Siebelkos weichen ja schon bis zu ~ 30 % von den Sollwerten ab. Die Widerstände in der Siebkette weisen noch gute Werte auf.
Was ist mit den Koppelkondensatoren? Die Chinaböller, klar, die werde ich definitiv austauschen. Was ist mit den Anoden- und Kathodenwiderständen? Worauf sollte ich noch definitiv schauen?
Helmholtz:
--- Zitat von: julius am 5.09.2023 16:23 ---Haben sich in meiner "Erklärung" denn irgendwelche Fehler eingeschlichen? Würde mich freuen, wenn ihr mich darauf hinweisen könntet. Danke!
--- Ende Zitat ---
Die "Erklärung" ist ein langer,wenig strukturierter Text.
Vieles klingt richtig, anderes weniger.
Ich kann hier nicht auf jedes Detail eingehen.
Dazu fehlen mir Geduld, Zeit und Motivation.
Grundlagen sollte man sich selbst anhand von guter Literatur erarbeiten.
Das deutsche Standardwerk ist Heinrich Schröder: "Elektrische Nachrichtentechnik", II. Band 1963.
Sehr gut sind auch die englischen Bücher von Merlin Blencowe, sowie seine Valvewizard Website.
Nur so viel:
1) Der 1M Widerstand an der V1 vom Gitter nach Masse sorgt dafür, dass das Gitter für DC auf Massepotential liegt. Er heisst Gitterableitwiderstand (grid leak resistor).
Die wirksame Vorspannung (Bias) ist aber immer die Differenz zwischen Gitter- und Kathodenpotential.
Letzteres ergibt sich aus Spannungsfall am Kathodenwiderstand.
Ist also die Kathodenspannung z.B. 1.5V, ergibt sich die Vorspannung als 0V-1,5V= -1,5V.
(Merke: Eine Röhre kann nicht "wissen", wo die Masse ist. Sie "sieht" nur die Spannungsdifferenzen zwischen ihren Stiften.)
2) Der Ausgangsübertrager hat (neben anderen Funktionen) die Hauptaufgabe, die niedrige Lautspecherimpedanz auf eine für die Endröhren günstige Lastimpedanz hochzusetzen.
Hierbei geht es nicht um eine Impedanzanpassung zwischen Röhren und Last, sondern darum, den Endröhren eine Last zu bieten, die maximale Ausgangsleistung unter Wahrung der Grenzdaten ermöglicht.
Ansonsten werde ich gelegentlich einzelne, konkrete Fragen beantworten, sofern es meine Zeit erlaubt und mich das Thema interessiert.
Stahlröhre:
@Helmholtz hast du dir die Schaltung überhaupt angeguckt? Die Kathode der Eingangstufe liegt direkt auf Masse, es gibt garkeinen Kathodenwiderstand an dieser Stufe.
@julius
Grundsätzlich kann man eine Röhre schon so verschalten, solange die Anodenspannung eher gering ist und die maximale Verlustleistung nicht überschritten wird. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit die benötigte Gittervorspannung über sog. Gitteranlaufstrom zu erzeugen. Der verwendete 1M in der Schaltung ist dafür jedoch eher klein gewählt. Im Anhang befindet sich ein Artikel, der näher auf diese Thematik eingeht. Bedenke auch, dass die Eingangsignalspannung dieser Stufe sehr gering ist (wenige mV).
Bezüglich der Bauteile: Grundsätzlich gilt, alles was noch alte Teerkondensatoren sind sollte raus, denn diese Bauteile werden über die Jahrzehnte undicht, nehmen Feuchtigkeit auf und verursachen dann Leckströme. Bei Elkos sollte man messen und schauen ob sie wirklich schrott sind. Teils kann man auch versuchen zumindest die Becherelkos zu formieren und sich so den eher schwierigen Tausch sparen. Keramiken dürfen grundsätzlich bleiben.
Ich würde hier Nägel mit Köpfen machen und die ganzen alten Koppelkondensatoren rausschmeißen. Auf dem 3. Bild sieht man auch einen sog. Bumblebee Kondensator. Dieser schaut aus wie ein großer Widerstand und sollte nicht übersehen werden.
Die alten Kohlepresswiderstände können durchaus driften, müssen es aber nicht. Da alles anlasslos zu tauschen wäre meiner Meinung nach übertrieben. Am Ende sollten alle Spannungen und Arbeitspunkte überprüft werden und dann gegebenfalls ausgetauscht werden.
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