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Musicman Amp und diverse Fragen

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Headsurgeon:
Hi DocBlues,

dann werde ich mal das Datenblatt der DSEI12 einer eingehenden Pruefung unterziehen!


--- Zitat von: DocBlues am 16.08.2008 14:04 ---Allerdings muß eine relativ geringe Slew-Rate in einem Gitarrenamp nicht unbedingt nachteilig sein. Auch der 4558, der ja geradezu Kultstatus bei den Bodentretern hat (Ibanez 808, TS-9) ist ja ein eher lahmer Vertreter.

--- Ende Zitat ---

Du sagst slew rate distortion, die ja - weil ein "normales Signal" in der Regel die schnellste Spannungsaenderung im Nulldurchgang hat - so aehnlich wie eine Uebernahmeverzerrung klingen duerfte, ist ein positiver klingender Effekt?
Die slew rate Verzerrung war mir bisher nur im Zusammenhang mit der Ratte (LM308) bekannt.
Aber Du hast recht, der 4558 ist auch nicht schnell!
Gibt's eigentlich auch Roehrenverstaerker die so langsam sind? Soweit ich weiss, sind die (aelteren) OpAmps
so lahm, weil sie aus Stabilitaetsgruenden (hohe Leerlaufverstaerkung) eine Frequenzgangkompensation
enthalten muessen. Dies wird in der Regel durch Erhoehung der Millerkapazitaet (zusaetzlicher C vom Kollektor zur Basis)
erreicht. Das ist bei Roehrenamps IMHO kaum zu finden.



--- Zitat von: DocBlues am 16.08.2008 14:04 ---Im MusicMan von FXFXFX kommt nun noch hinzu, daß die OP-Amp-Stufe vor der Triode auch massiv übersteuert wird, d.h. dort haben wir OP-Amp-Clipping in Reinkultur (ohne antiparallele Dioden oder ähnliche Maßnahmen).

--- Ende Zitat ---

Da lohnt es sich mal spaetere Music Man Amps anzuschauen (BB3, GB2 2275/2475 GD2A, GP3A) : dort sorgen zwei antiparallele Vbe Multiplier in der Gegenkopplung der Op Amps fuer weicheres clipping.

Gruesse!

DocBlues:
Hallo Headsurgeon,

die Sache mit der Slew-Rate und dem resultierenden Sound scheint mir ziemlich komplex zu sein. Die Slew-Rate characterisiert ja nur den linearen Anstiegsbereich und nicht den unteren und oberen Übergangsbereich. Mir scheint, daß aber gerade diese Bereiche für die Übertragung der Transienten des Signals mit entscheidend sind. Da die Transienten und das Einschwingen maßgeblich den Klang beeinflussen, liefert die Slew-Rate keine vollständige Erklärung oder Beschreibung.

Nach meiner Einschätzung tendieren langsamere OP-Amps dazu, die transienten Peaks im Signal nicht vollständig wiederzugeben, sondern zu komprimieren und damit auch zu verzerren. Ich denke es geht hier nicht um eingeschwungene Vorgänge. Das ist ja auch ein Problem bei der messtechnischen Erfassung , den die Frequenzanalyse nach Fourier funktioniert ja nur, wenn es sich um ein quasistationäres Frequenzspektrum handelt und sie funktioniert umso besser, je länger der der Beobachtung/Messvorgang bei quasistationärem Frequenzspektrum ist. Transienten kann man damit also nicht oder nur sehr begrenzt erfassen. Das wir leider häufig bei den Diskussionen und Argumentationen vergessen.

Von der empirischen Seite ist es wohl so, daß langsamere OP-Amps tendenziell den Punch reduzieren und die transienten Peaks reduzieren, was im Klangeindruck dazu führt, daß die Feinauflösung der Obertöne reduziert wird und der Klang etwas weicher aber auch lebloser wird. Bei erwünschten Distortion-Effekten - hat das aber die positive Seite, daß der Sound etwas weniger kratzig und scharf ist.

Du hast recht: Spätere MM-Amps hatten meist keine Triode, sondern einen integrierten Verzerrer mit antiparallelen Dioden, die über Transistoren angesteuert werden. In meinem MM 150 HD Topteil habe ich genau diese Schaltung.

Für den älteren MusicMan Amp von FXFXFX sehe ich aber keine Möglichkeit, diese Schaltung zu reduzieren - es sei denn, man baut eine kleine Zusatzplatine ein. Ich würde aber die Finger davon lassen. Interessanterweise klingt das OP-Amp-Clipping gar nicht so schlecht, da dahinter die Triode folgt und diese zuerst begrenzt - sprich die Transienten und anschließend das ganze Signal komprimiert. Im MM liefert der OP-Amp vor der Röhre rund +/+ 14 Volt (ohne Clipping), d.h.  die Röhre dominiert den Binn der Zerrung. Das Ganze verhält sich so ähnlich wie ein voll ausgesteuerter Treble-Booster (der ja auch heftig im Transistor Clipping ist) vor einem Röhrenamp.

Gruss,

DocBlues

DocBlues:
Hallo - sorry für die Schreibfehler - ich schreibe manchmal zu schnell und lese nicht immer zur Korrektur.

Hier nochmal der letzte Absatz korrigiert:

Für den älteren MusicMan Amp von FXFXFX sehe ich aber keine Möglichkeit, diese Schaltung zu verwenden - es sei denn, man baut eine kleine Zusatzplatine ein. Ich würde aber die Finger davon lassen. Interessanterweise klingt das OP-Amp-Clipping gar nicht so schlecht, da dahinter die Triode folgt und diese zuerst begrenzt - sprich die Transienten und anschließend das ganze Signal komprimiert. Im MM liefert der OP-Amp vor der Röhre rund +/- 14 Volt (ohne Clipping), d.h.  die Röhre dominiert den Beginn der Zerrung. Das Ganze verhält sich etwa so ähnlich wie ein voll ausgesteuerter Treble-Booster (der ja auch deutlich im Transistor Clipping ist) vor einem Röhrenamp. Bekanntlich kann man damit ja recht nette Sounds erzeugen (Brian May, Rory Gallagher zu Zeiten von Taste und "Live in Europe") - jedenfalls solange die Röhren massiv in die Zerrung getrieben werden und nicht nur der Treble-Booster "bräzt".


Im MusicMan von FXFXFX gibt es einige sehr gute Mods ohne die Platine zu beschädigen.

Ich bin gespannt, ob wir gelegentlich ein Feedback mit Erfahrungsbericht von FXFXFX bekommen.

Gruss

DocBlues

P.S.
Übrigens hat ja Eric Clapton die gesamte "461 Ocean Boulvard" mit "I shot the sheriff", "Lay down Sally", Wonderful Tonight" und "Motherless Child" mit dem MusicMan eingespielt. Auf der bald danach folgenden Live Platte ist mit Albert Lee ein zweiter MusicMan Amp Player zu hören. Für prägnante Clean Sounds und Crunch sind die Amps also gar nicht so schlecht - besonders wenn man sie etwas modifiziert und Bauteile-Upgrade durchführt.

Zum Thema Lautsprecher empfehle ich für MusicMan Amps, die Finger von Speakern zu lassen, die einen ausgeprägten Peak in den oberen Mitten (1800 - 2500 Hz) wie z.B. der Celestion Greenback haben. Das macht die Amps zu nasal und hart. Celestion Vintage 30 sollte funtionieren, gleichfalls Celestion Blue und Alnico Gold. Ansonsten würde ich eher nach einem Jensen Speaker mit etwas ausgeglichenerem Frequenzgang und mehr Leistung (mehr dB) schauen.

FXFXFX:
Hallo zusammen,

möchte mal kurz berichten was sich bis jetzt so getan hat.

Hab letzte Woche erstmal die Elkos getauscht und bei anschließender Probe und den Gigs am Wochenende den Amp nochmal richtig ausprobiert. So richtig zufrieden war ich allerdings noch nicht.  :laugh:

Hab seitdem die Sockel für die Opamps durch DIL Sockel ersetzt. Drin sind jetzt - bis auf den Reverbteil - TL071. Dazu habe ich die Eingangsimpedanz auf 1M erhöht.

Die 0,047 auf dem Treiberboard hab ich nach DocBlues empfehlung bestückt. Danke nochmal für die vielen Tips!

Die Kondensatoren an den Endröhren habe ich entfernt.

Das ganze hat sich definitiv gelohnt. Der Amp klingt viel frischer und reagiert besser ("hängt besser am gas").

Werde noch die FRED Dioden und die Widerstände an der Triode ausprobieren, werde dann nochmal berichten...

Gruß!




DocBlues:
Hallo FXFXFX,

das hört sich ja schon mal gut an und geht offensichtlich für Dich in die richtige Richtung.
Ich weiß allerdings nicht so ganz, warum Du die Hochvolt-Kondensatoren an der Endstufe rausgenommen hast. Ich habe die nie als Problem und Soundmindernd eingestuft.

Zu den OP-Amps: Da Du ja nun schon mal die anderen Sockel drin hast, würde ich auch ein paar Texas Burr Brown OP-Amps testen - OPA 134, OPA 604 ggf. auch Analod Deviices AD820 für den OP-Amp vor der Triode. Ich finde die TL071 etwas metallisch steril im Vergleich zu den Burr Brown Alternativen.

Noch wichtig: Tausch die 150 µ Elkos (50V) aus der Stromversorgung für die OP-Amps gegen Panasonic FC oder etwas Passendes von Rubycon. Das mach die ganze Vorstufe noch deutlich lebendiger und runder. Ggf. gehen auch die axialen Elkos von BC Components. Die Elkos an dieser Stelle sollte man nicht unterschätzen.

Freue mich auf Dein nächstes Feedback mit Testerfahrungen.

Was für einen Verzerrer benutzt Du denn zum Vorschalten ?

Gruss,
DocBlues

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