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Reduzierung der Spannung an Endstufenröhren bei MusicMan Amp
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Hallo DocBlues,
vielen Dank für die Anregungen. In beiden Amps sitzen noch die runden IC. Seinerzeit in den achtziger Jahren hatte der 2. Gitarrist einen 130er Kombo (maximale Ausstattung) mit 2 mal 12 Zoll Music Man Speakern (eckige Magnete). Jener Kombo hatte schon die Halbleiterversion der Phasenspalterstufe. Der Sound war härter und nicht mehr so warm wie beim Amp meines Bruders. Allerdings hat mein Bruder wie ich EV- Speaker hinter den Amps!
Was mich reizen würde, wäre ein totaler Neuaufbau der Vorstufen, ohne den Sound zu verlieren. Die Probleme der Eingangsstufe "loswerden". So wie sie ist, kommt nur mit "Vintage- Stil" Tonabnehmern ein guter Sound, oder mit Vorverstärker im Instrument. Bei meinem Fender Precision Special sorgt die Impedanzwandlung für deutlichen Gewinn. Der Sound wird viel klarer und voller. Ähnlich ist es bei der Gitarre (Active Strat), der Sound wird weicher und wärmer. Doch ist der Effekt bei der Strat nicht so groß. Der 2. Gitarrist spielte seinerzeit häufig eine Tele, die passte sehr gut zum Kombo. Aber sämtliche High-Gain Tonabnehmer brachten nur Enttäuschung. Ob Dimarzio DualSound oder Gibson (ES 335 Solidbody) - nee, dafür sind die MusicMan Amps nicht gut.
Für den Gitarrenamp statt des zweiten parallelen Kanals eine Overdrivestufe mit Röhre, das würde den MusicMan meiner Meinung nach perfect machen.
MfG Bernd
DocBlues:
Hallo Bernd,
ein Problem der meisten MM-Schaltungen ist, daß der Eingangswiderstand zu gering ist. Wenn man auf 1 MegOhm gehen will, geht das aber nicht mit den LM307H OP-Amps, da deren Eingangswiderstand schon zu gering ist. Es gibt einzelne FET-OP-Amps auch mit dem runden Gehäuse.
Die ersten Serien hatten zudem als Signalbegrenzer Dioden zwischen positivem und negativem Eingang des ersten OP-Amps. Das hat zwar eine Übersteuerung des ersten OP-Amps verhindert, gleichzeitig aber auch die Transienten des Gitarren-/Basssignals abrasiert.
Aus diesen Gründen passen die Amps auch nur zu ganz bestimmten Tonabnehmern. Fette Humbucker überfahren einseits zu Dioden am Eingang und verlieren andererseits durch den geringen Eingangswiderstand ihren Charakter.
Ich habe zwei MM-Amps modifiziert bzw. neu aufgebaut:
1. 150W Topteil - Schaltungswerte etwas verändert aber vor allem Bauteileupgrades eingebaut. Zusätzlich habe ich die Clipping-Stufe etwas modifiziert und hinter der Klangregelung ein Soft-Clipping mit Dioden eingebaut, um die zweite OP-Amp-Stufe nicht in die Zerrung gehen zu lassen.
Das ist der Amp, der auf dem obigen Soundclip zu hören ist. Eigentlich ist das mein Bass-Amp aber ich habe mir den einen Kanal für die Gitarre modifiziert.
Den Amp fahre ich leicht angecruncht und habe für Lead-Sounds ein Overdrive-Pedal, daß auch den Amp noch etwas anpowert.
Der Bass-Kanal ist so modifiziert, daß er weniger Gain bringt, dafür aber die Bässe deutlich besser durchläßt.
2. 212-65 Combo - nach verschiedenen Zwischenbastelstufen habe ich die gesamte Vorstufe rausgenommen und 3 zusätzliche ECC83 eingebaut. Ich hatte den Amp als Röhren-2-Kanaler schon vor einigen Jahren fertiggestellt. Nachdem ich dann irgendwann auf den immensen Klangeinfluß von Bauteilen gekommen bin, habe ich die ganzen Vorstufen wieder herausgenommen und baue den Amp komplett bauteiloptimiert neu auf. Der Overdrive-Kanal ist praktisch fertig und der Clean-Kanal weitgehend fertig. Es fehlen noch die Schaltlogik und der Effektweg.
Der Amp hat natürlich nur noch sehr wenig mit einem MusicMan zu tun. Das ist mein ganz persönliches Baby.
Aus verschiedenen Gründen habe ich aber längere Zeit nichts mehr daran gemacht. Es gab einfach zu viele andere Prioritäten und ich kam mit dem 150 W Top für die Gitarre auch ganz gut klar.
Gruß,
DocBlues
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Hallo DocBlues,
alles was Du zu den Eigenschaften des MusicMan schreibst stimmt genau. Naja, seinerzeit gab es halt keine besseren OP-Amp als dem LM 307H. Die Dioden sind halt ein muss für die Dinger. Seinerzeit habe ich auch einmal überlegt, den Amp (Gitarre) komplett auf Röhre umzubauen. Heute bin ich froh, dass nicht getan zu haben. Reverb und Vibrato (Tremolo) Effekt sind wirklich Klasse beim MusicMan! Die möchte ich nicht verlieren. Ziel wäre eine Platine, die eine "zeitgemäße" OP-Amp Bestückung ermöglichen würde, ohner den MusicMan Sound zu verändern.
Zu den Bauteileeigenschaften: da kann ich nur 100 prozentig zustimmen! Ich habe vor ein paar Jahren einen "PA"Amp umgebaut (verschiedene Vorstufen probiert). Ich hatte mich dann für die MB Mark1 entschieden (mit Modifikation der ersten Stufe). Zuerst mit Metallschicht- Widerständen, WIMA MKP10 Kondensatoren und Keramikkondensatoren. Naja, nicht schlecht ... aber - dann mit Kohlepress- Widerständen, Orange- Drop Kondensatoren und Silva-Mica Caps- hatte ich den Sound des Original MB im Ohr (den konnte ich einmal aus nächster Nähe längere Zeit bei einem Konzert hören). Da war die Wärme, diese ganz speziellen brillianten aber nicht harten Höhen - die Klangregler sprachen sehr feinfühlig an ... so macht das Spaß! Ich hatte den Amp noch gar nicht ganz fertig gestellt (Testaufbau), da wurde mir das Ding schon von meinem Neffen für einen Gitarristen seiner Band weggeschleppt. Und das Teil musste sich mit cleanem Sound in einer ansonsten an Heavy- Sounds orientierten Besetzung behaupten.
Zum HD 150: den konnte ich auch mal live hören. Allerdings bei einer Jazz- orientierten Darbietung. Der Gitarrist spielte dabei entwender Akustikgitarre unverstärkt (entsprechend leise der Bass), oder eine sehr stark verzerrte Halbakustik, da kam der Bass nicht mehr sauber ans Ohr. Aber ich denke schon, dass der Amp guten Sound abliefern kann.
Sollte ich irgendwann mal einen MusicMan billig bekommen können, dann würde ich Dir nachfolgen: Versuch eines Totalumbaus, reiner Röhrenamp. Aber bis zum Sommer geht bei mir gar nichts in dieser Richtung.
MfG Bernd
DocBlues:
Hallo Bernd,
für die runden IC-Sockel bekam man zumindest früher auch den TL072. Andere - bessere Typen - sollten auch in "rund und Metall" erhältlich sein.
Damit hast Du dann einen FET am Eingang und kannst Die Eingangsbeschaltung auf 1 MOhm modifizieren. Als OP-Amp für die letzte Stufe vor der Röhre paßt z.B. ein LM1458 oder LM4558 ganz gut. Beide Typen gab/gibt es auch für die runde Fassung. Die Dioden würde ich gegen "FET-Dioden" tauschen. Nimm gute FETs (z.B. J202 von Vishay Siliconix) und verwende den Drain/Gate Übergang als Diode. Zwei davon gegensinnig ergeben ein besseres Dioden-Paar (smooth, weniger knarzig). Ich habe das gerade in einem Overdrive mit verblüffendem Ergebnis durchexerziert - dort im Gegenkopplungszweig des OP-Amps).
Unterschiedliche FETs ergeben klanglich unterschiedliche Dioden. Selbst der Unterschied zwischen J201 von Vishay Dale und J201 von Fairchild ist deutlich - wie der zwischen unterschiedlichen Röhren. (Vishay Dale J201 oder besser J202 ergeben einen weicheren Sound). Carl Martin verwendet im AC-Tone-Overdrive BF256C FETs als Diden. Die tun es also auch.
Wenn Du die Dioden mi den FETs modifizierst, solltest Du die Verstärkung der ersten Stufe auf etwa Faktor 17 bis 18 reduzieren (von 23). Prüfe die Vorwärtsspannung der "FET-Dioden" vorher. Bei mir lag die etwa 10% höher als bei Standard-Kleinsignal Dioden wie sie im MM verbaut sind.
Man sollte daran denken, daß die Signalspitzen des Gitarrensignals von den Dioden geklippt werden. Das hört man nicht als Verzerrung, sondern als "kantigen" Solid-State-Sound.
Noch ein guter Basis-Mod: Ersetze die Hauptdioden in der Stromversorgung durch FRED-Dioden (mehr Punch, runderer Sound). Aber Vorsicht: Da sind wieder unsere 725 Volt. Bei der Polung der FREDs ganz genau hinschauen !
Gruß,
DocBlues
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Hallo DocBlues,
vielen Dank für die ausführlichen Tips. Werde ich im Sommerurlaub "durchexerzieren". Eins ist noch auffällig bei den Versionen Bass / Gitarren - Amp. Die Schaltbilder zeigen (von Reverb und Vibrato abgesehen) nur einen einzigen Unterschied, nämlich einen Kondensator in der Klangregelung beim "Bass" - Kanal des Bassamps. Der "Normal" Kanal ist also gleich dem Gitarrenamp. Dennoch bringt der Bassamp deutlich hörbar mehr Tiefen als der Gitarrenamp. Äußerlich gibt es keine großen Unterschiede bei den Trafos. Wo also ist das Geheimnis verborgen? Die Auswahl der Lautsprecher wirkt sich beim Bass viel deutlicher aus, als bei der Gitarre. Bassbox hat 2x15" (EV15L), Gitarrenbox 2x12" (EV12L). Den Bass über die Gitarrenbox gespielt, geht das tiefe Fundament verloren. Als zweite Box für "Funk"- Sounds wohl gut geeignet (ist aber nicht mein Fall). Die Gitarre über die Bassbox wirkt natürlich basslastig, für Jazz- Sounds aber zu gebrauchen. (Beide Boxen Bauweise Bassreflex). Überhaupt scheint bei den MusicMan Amps der Einfluss der verwendeten Lautsprecher sehr groß zu sein. Seinerzeitige "Experimente" brachten da überraschende Ergebnisse.
MfG Bernd
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