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Das Amperiment

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Fody:
Hallo,

und jetzt zu der komischen Schaltung mit den NE555 und den OPs.
Ich häng am besten mal ein Diagramm an. Da sieht man am besten was passiert.

Plot 1: Ist die gesamte Spannungsversorgung des Amps.
Lo = Powerschalter auf "Aus"
Hi = Powerschalter auf "An"

Plot 2: Ist der Status des Standbyschalters
Lo = Standbyschalter auf "Betrieb"
Hi = Standbyschalter auf "Standby"

Plot 3: Status des Relais R-S2
Lo = Kontakt offen
Hi = Kontakt geschlossen

Plot 4: Status des Relais R-S3
Lo = Kontakt offen
Hi = Kontakt geschlossen

Plot 5: Status des Muting-Ausgangs
Lo = kein Muting
Hi = Endstufe wird gemutet

Plot 6: Betriebsanzeige / Beleuchtung...was auch immer

Wenn der Amp eingeschaltet wird (1s) geht der Ausgang von IC1 sofort auf Hi und der Timer fängt an zu zählen. Nach der vorgegebenen Zeit (12s) geht der Ausgang auf Lo. In Wirklichkeit wird die Zeit dann irgendwo zwischen 30s und 1min einstellbar gemacht. Der invertierende OP1a geht somit auf Hi und schaltet das Relais R-S2. Dadurch wird die Anodenspannung erst nach einer gewissen Aufwärmzeit freigegeben.
Etwas verzögert schaltet auch OP1b das Relais R-S3 (13s). Dadurch wird der grosse Ladeelko erst über R3 geladen. Das schont das Material und die Sicherung kann wesentlich kleiner gewählt werden. Danach wird R3 überbrückt und somit aus der Schaltung genommen.
Der invertierende OP2a war die ganze Zeit auf Hi und hat damit die Endstufe gemutet. Etwas verzögert (14s) gibt dieser letztlich die Endstufe frei.
IC2 ist ein einfacher Blinkgeber. Dieser hängt mit dem Reset-Eingang an der Muting Schaltung. D.h. er blinkt nur wenn das Muting aktiv ist. Ist die Endstufe auf Normalbetrieb ist der Ausgang des NE555 auf Lo. Daher arbeitet der nachgeschaltete
OP2b invertierend. An diesem hängt dann die Betriebslampe, LED, Verstärkerinnenbeleuchtung...was auch immer... Als rein optische Spielerei hab ich den OP2b als Integrierer geschaltet. Dieser macht dann aus dem Rechtecksignal eine mehr oder weniger Dreiecksspannung. Ich erhoffe mir dadurch, dass die Lampe nicht nur hart blinkt, sonder eher pulsierend leuchtet. Mal schauen ob das funktioniert.

Trotz Einschaltverzögerung wollte ich aber aus praktischen Gründen nicht auf den klassischen Standby-Schalter verzichten. Den habe ich hinter den Ausgang von OP1a gehängt. Dort zieht er die Eingänge der nachfolgenden Schaltung auf Masse.
R-S2 bleibt dabei angezogen. Sofort wird aber der Eingang von OP2a über D10 runtergezogen, was augenblicklich das Muting der Endstufe aktiviert (20s). Etwas verzögert geht auch der Eingang von OP1b auf Masse, was R3 wieder in das Netzteil schaltet (21s). Die Spannung am Ladeelko sinkt dadurch um ca. 40V. Dadurch geht der Ruhestrom der Endröhren auf einige mA zurück. Beim zurückschalten in den Normalbetrieb (25s), wird R3 wieder überbrückt (26s) und anschliessend das Muting wieder deaktiviert (27s).

So, viel Spass beim nachvollziehen ;). Hoffe ich konnte es einigermassen verständlich erklären.

Gruss Casim

12stringbassman:
Danke für die Erklärung. Das muss ich mir mal genauer reinziehen....

Zum Thema Schirmgitterspannung:

--- Zitat von: Fody am 31.12.2012 22:02 ---In meiner Ausbildung fragte ich meinen Meister mal warum man etwas so und so macht, anstatt so wies eigentlich besser wär...Da sagte er mir: "Weil wir das schon immer so gemacht haben"  :facepalm:
In diese Richtung soll sich das ganze natürlich nicht bewegen.
--- Ende Zitat ---


--- Zitat von: Fody am 31.12.2012 22:02 ---Mhhh...mag sein. Ich müsste mal in den Datenblättern rumschmieren. Ich hab mir das ehrlich gesagt noch garnicht genau angeschaut. Ich benutz den Trafosatz vom JCM800 100W. Diese Endstufen sind auch so aufgebaut. Trafo-Gleichrichter-Ladeelko(Anode)-Drossel(Schirmgitter). Bin immer davon ausgegangen, dass das schon so passt.
--- Ende Zitat ---
Merkst D' was? ;)  ;D

Die verschiedenen Datenblätter zur EL34 widersprechen sich allerdings, was die max. zulässige Schirmgitterspannung angeht. Mal sind's 500V (Philips), dann 450V (JJ) oder gar nur 425V (Telefunken 1955). In den Schaltungsvorschlägen in letzterem Datenblatt gibt es eine Variante mit Va=500V und Vg2=400V, Vg1=-36V, Raa=4kOhm, P=70W. Die werden sich schon was dabei gedacht haben ;)
Man darf auch nicht vergessen, dass diese Lehrbuch-Schaltungsdimensionierungen für HiFi-Amps gedacht waren. Der übersteuerte Betriebszustand kam dort nicht vor.

Das, was wir mit unseren Gitarren-Amps machen, war für die Ingenieure damals undenkbar.

So, und nun kommen Mr. Fender und Mr. Marshall und bauen ihre Amps im Prinzip nach genau diesen Schaltungsvorschlägen nach, die kleinen Schirmgitterwiderstände werden beibehalten oder vorsichtshalber gleich ganz weggelassen und die Schirmgitterspannung wird der Einfachheit halber gleich nach der Drossel abgegriffen. Dann läuft die Röhre zwar knapp außerhalb der Maximalwerte, aber mei, solang sie nicht gleich kaputt geht isses ja gut. 'Naus damit, nächster Amp....

Leistungsröhren waren damals übrigens für eine Lebensdauer von mehreren 1.000h bis 10.000h ausgelegt. Komischerweise regt sich niemand darüber auf, wenn sie in einem Marshall nach viel kürzerer Zeit schon verschlissen sind ("It's only rock'n'roll, but I like it....").

Also wenn man sich heutzutage schon mal seinen eigenen Kopf zerbricht und einen Amp von Grund auf neu entwickelt und dimensioniert, dann würde ich da erstens nicht auf's Geld schauen und zweitens die Röhren so betreiben, dass Lebensdauer und Betriebssicherheit gewährleistet ist.

Grüße

Matthias

Fody:
Hallo Matthias,


--- Zitat ---Merkst D' was?   

--- Ende Zitat ---

 ;D Eiskalt erwischt! Aber ich geb dir da vollkommen recht! Nicht alles was irgendwie funktioniert, ist auch technisch ideal. Und es ist ja allgemein bekannt, dass vieles in den kommerziellen Amps, va den begehrten Vintage-Teilen nicht ganz in Ordnung ist.
Werd aufjedenfall mal Daten zum Übertrager und Röhren ausfindig machen und schauen was man da optimieren kann.

Wie wirkt sich eigentlich die harte Übersteuerung der Endstufe auf die Anodenverlustleistung aus? Was passiert da genau? Eigentlich müsste man das doch berücksichtigen...aber wie? ???

Hab mir übrigens die Kondensatoren vor den Spannungsreglern nochmal angeschaut.
Ich glaube so verkehrt lieg ich mit den 4700µF garnicht. Ich habs mal so gerechnet:
(15V - 5% Netzschwankung) x 1.4 = 19.95V
19.95V - 1V Spannungsagfall überm Gleichrichter - 2.5V Dropout vom Spannungsregler - 1V Sicherheit - 12.6V Ausgangsspannung = 2.85V

Mit den 2.85V Brummspannung, 100Hz Netzfrequenz und 1050mA Heizstrom lässt sich die Kapazität ausrechnen.
(0.01s / 2.85V) x 1.05A = 0.003684F = 3684µF. Der nähste verfügbare Wert wären dann 3300µF. Da ich aber lieber aufrunde und zudem noch ein paar davon rumliegen hab, nehm ich die 4700µF.
Stimmt das so, oder hab ich was falsch gemacht?

Gruss Casim

12stringbassman:
Die Rechnung könnte so stimmen. Ich hatte auch gar nix zu dieses Ladeelkos gesagt ;)

Zur Belastung von Anode und Schirmgitter einer übersteuerten Endpentode hat Manfred Zollner was geschrieben ( http://homepages.fh-regensburg.de/~elektrogitarre/ Kapitel 10, ab Seite 112).
 
Fazit:
Bei ansteigender Aus- bzw. Übersteuerung nimmt die Verlustleistung der Anode ab und die des Schirmgitters zu. => Schirmgitterwiderstände größer machen, ggf. Schirmgitterspannung reduzieren.

Wird die Steuerspannung abgeschaltet, kommt es durch Umladevorgänge in den durch Gitterstrom polarisierten Koppelkondensatoren wiederum zu einer kurzzeitigen Überlastung der Anode (aber das hast Du ja in Deinem Amp durch die Kathodenfolger schon verhindert ;) )

Grüße

Matthias

Fody:
Hallo,

Danke für den Link...sehr interessant!!!
Ich müsst mir mal etwas Zeit nehmen das gesamte Werk zu lesen, ist aber teils schwere Kost.

Ich hab mal kurz nach den Endröhren geschaut. Ich benutze in dem Amp Ruby Tubes EL34B-STR. Leider finde ich keine Datenblätter für die. Kann ich davon ausgehen, dass diese baugleich mit den TAD EL34B-STR sind? Bei denen steht im Datenblatt eine max Vg2 von 500V. Ich glaube Dirk müsste die unter eigenem Lable auch im Programm haben. Vielleicht kann er ja was zu den Betriebsdaten sagen ???

Gruss Casim

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