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Mittenreglung Midrange Schaltung bei Bass-Röhrenvorstufe (ECC83)

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12stringbassman:
Hallo Bernhard,

jetzt muss ich wohl noch etwas weiter ausholen:

Die Schaltung des Mitten-EQs des Ampeg V9 basiert auf der Kathodyn-Schaltung und einem Serienschwingkreis.

Ein Serienschwingkreis hat bei der Resonanzfrequenz ein kleine Impedanz (=Saugkreis), drüber und drunter geht die Impedanz hoch.

Die Arbeits-Widerstände der Kathodynschaltung an der Anode und der (zusammengesetzte) an der Kathode sind gleich groß. Die Verstärkung der Schaltung ist ca. 1 (an der Kathode) und -1 an der Anode. Diese Schaltung wird ja auch als Phasendreher zur Ansteuerung von Gegentaktendstufen verwendet.

Der Kathodenwiderstand hier ist zweigeteilt, um dort eine Spannung für das Steuergitter abzugreifen, die um einige Volt niedriger liegt als die an der Kathode. Dies dient der Einstellung des Arbeitspunktes (negative Gittervorspannung, neudeutsch"bias").

Du kannst jetzt diese EQ-Schaltung des V9 zerlegen, indem Du das Poti nur an einer Seite an Kathode oder Anode anschließt.

Zuerst die Kathode:

Durch den RLC-Serienschwingkreis wird der (zusammengesetze) Kathodenwiderstand wechselspannungsmäßig gegen Masse kurzgeschlossen, die Verstärkung steigt, allerdings nur schmalbandig im Bereich von 1kHz (in meinem Bespiel), auf ca. 18dB (ECC82).

Wird das Poti aufgedreht, wird der Serienwiderstand des Schwingkreises (den Du "Rf=Resonanzwiderstand" nennst) größer, somit wird 1.) der Kurzschluss bei 1kHz nicht mehr ganz so kurzschlüssig und die Verstärkung wird weniger. Und 2.) wird die Resonaz stärker bedämpft und die Kurve wird breiter.

Willst Du die Mitten nicht anheben sondern absenken, musst Du den Schwingkreis an die Anode hängen. Jetzt schließt der Schwingkreis das Ausgangssignal (das ich in meinen Simulationen immer von der Anode abgegriffen habe) gegen Masse kurz.

Wenn in der V9-Schaltung das Poti in Mittelstellung steht, bekommt der Schwingkreis kein Signal, denn die Ausgangsspannungen von Kathode und Anode sind gegenphasig und betragsgleich. Also kann der Schwingkreis kein Signal nach Masse kurzschließen.

Der RLC-Serienschwingkreis besteht in meinem Beispiel aus L1 (300mH), C4 (150nF), P1 (50kOhm log bzw. W) und C2 bzw. C3 (jeweils 680nF). Die beiden Kondensatoren liegen in Reihe, die Gesamtkapazität wird wie parallegeschaltete Widerstände berechnet: 1/Cges=1/C1+1/C2 oder kurz C1||C2.

C2 und C3 braucht's nur, wenn das Poti an beiden Seiten an Anode und Kathode angeschlossen ist, denn sonst würde Gleichstrom durch das Poti von der Anode zur Kathode fließen und dann geht gar nix mehr. Will man nur anheben oder absenken, kann man beide Kondensatoren auch in einem zusammenfassen und dann geht auch die Lehrbuchformel wieder auf.

Die 220k-Widerstände in der V9-Schaltung dienen nur dazu, dass es beim Umschalten nicht knackst. Die offenen Anschlüsse der Kondensatoren werden dadurch auf Masse gezogen und hängen nicht gleichspannungsmäßig "in der Luft". Die Wirkung des Schwingkreises beeinflussen sie mit dieser Dimensionierung so gut wie gar nicht, sie sind also vernachlässigbar.

Ich hoffe, dass mein wirres Geschreibsel hilfreich war ;)

Grüße

Matthias

12stringbassman:
Ah, jetzt hab ich doch glatt die beiden Bilder vergessen:

Fody:
Hallo Matthias,

Leck mich fett, bist du schnell. An der gleichen Simulation hab ich auch gerade gebastelt. Aber irgendwie hab ich mich ganz schön von dem Poti aufhalten lassen. Du scheinst da ziemlich fit zu sein. Es gehört zwar nicht hier her, aber könntest du mir zu den Potieinstellungen nen kleinen Crashkurs geben?
Was mach ich denn mit dem Rtap und Tab? Das taucht bei dir garnicht auf?
Welche Poti-Modelle benutzt du von denen dies gibt? Werd aus den Kommentaren in der .lib nicht schlau.

@das börnt

Du musst das nicht unbedingt mit einem Kathodyn machen. Der macht das zwar am besten, da symmetrisch, aber es geht auch mit kleinerem Kathodenwiderstand und oder grösserem Anodenwiderstand. Bedenke aber, je weniger du über die Kathode gegenkoppelst, desto mehr Verstärkung wirst du zwar haben, aber auch weniger mögliche Klangänderung im Boost.
Wenn du die Verstärkung der Stufe wirklich brauchst, wirst du einen Kompromiss finden müssen.

Gruss Casim

das börnt:
Danke Matthias!!!!!!!
Oder wie würde ich Geisteswissenschaftler weniger knapp sagen: Sehr deskriptiv und das wäre als ein Kompliment zu verstehen!
Ich habe zwar den Diciol und nen Frohn zuhause, beides Bücher, die nicht als die Schlechtesten fürs Verständnis gelten aber so kurz und verständlich habe ich dort noch nicht gefunden.

Nun denn, Zwei Fragen noch:
1. Wenn ich den Verstärkungsfaktor der Röhre (ich verwende ECC83) auf mein vorheriges Maß verändern will, also R1=100k, dann muss R2+R3 auch 100k ergeben (bei mir wäre dass dann 2k2+98k)?!

2. Die Resonanzfrequenz für Anhebung und Senkung ist in der Grafik leicht verschoben und die Breite der Resonanzen auch (das ist die Grafik zu Deinem ertsen Schaltbild). Warum ist das so?

Gruß
Bernhard

12stringbassman:
Hallo Bernhard!

zu 1.)
Würde ich nicht machen. Du hättest so eine Anhebung in der Mitte von mehr als 30dB und an den Enden des Spektrums nur so 6-9dB. Die Kurve wird extrem breit. Beides ist nicht Praxisgereccht.
Also ECC82 und 15kOhm oben und unten ist schon gut gewählt; die wussten schon, was sie da taten ;)
Wenn Du für das zweite System der ECC82 keine Verwendung hast in Deiner Schaltung, dann nimm halt eine ECC832 bzw. 12DW7. Da steckt jeweils ein System einer ECC83 und ECC82 drin.

zu 2.)
Keine Ahnung. Könnte was mit unterschiedlichen Quellimpedanzen zu tun haben. In der Praxis wird sich das kaum bemerkbar machen.

Nicht vergessen: das ist eine Simulation mit einem Modell. Normalerweise sind die schon recht gut, aber nicht immer.

Grüße

Matthias

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