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Lil' Piece o'Crap - Cleaner Einkanaler aus Schrottbauteilen
Laurent:
Habe mal 5 Minuten mit dem Duncan PSU Designer was gemacht.
Trafo-Daten: 220V - 80mA - 5% Reg.
Hier ein Bild mit Einweg-Gleichrichtung und ein Bild mit Graetz-Brücke. Laut Simulation bekommst du da schon ca. 20Vdc mehr und die Siebung ist unheimlich besser, da die Kaps weniger arbeiten müssen als mit der Einweggleichrichtung.
Gruß,
Laurent
ChuckBee:
Hallo,
Ich verfolge diesen interessanten Thread auch schon eine Weile und meine die Ursache für Dein merkwürdiges Enstufenclipping gefunden zu haben. Ich experimentiere sehr viel mit eher ungängigen/"oddball"-Röhren, speziell Fernseh-Röhren mit denen man sehr gute Amps aufbauen kann, sofern man deren Eigenarten berücksichtigt.
Die ECL/PCL82 ist primär eine TV-Röhre und hat wie die allermeisten Horizontal-,Vertikal-,oder Videoendstufenröhren die gleiche Achillesferse und das wird höchstwahrscheinlich die Ursache der bizarren Endstufenverzerrung sein. Diese Röhren sind nämlich auf hohe Anodenströme bei niedrigen G2-Spannungen hin gezüchtet.
Bei Gitarrenamps sollte die Lastgerade entweder bei Ug=0V durch das Knie gehen oder knapp unterhalb des Knies verlaufen.
Von der ECL/PCL82 sind Kennlinienfelder für Ug2=100V/170V/200V verfügbar - hast Du mal versucht die Lastgerade nur bei Ua=Ug2=200V für SE-Class A einzuzeichnen und dabei das Knie bei Ug=0V zu treffen? ;D
Dies ist nicht möglich, da die Gitterspannungskennlinien fast senkrecht aus dem Ursprung hochgehen und extrem hohe Anodenströme erreichen.
Mal überschlägig gerechnet:
Ua=Ug2=200V,Ia=35mA liegt genau auf der 7W-Verlustleistungshyperbel. Maximaler Stromwert bei Class A wäre 2x35mA=70mA. Hier müßte jetzt eigentlich die Lastgerade bei Ug=0V für symmetrische Aussteuerung durchgehen. Tut sie nur leider nicht. Du triffst hier gerade noch die -6V Kennlinie, dann ist Schluß. Das eigentliche Knie liegt viel höher, grob zwischen 150 und 180mA.
Das ist jetzt nur für Ug2=200V gerechnet, Deine Ug2 liegt ja noch viel höher (ca.258V)!! :o
Und hier liegt m.E der Hund begraben; Du hast Dich an Original Datenblatt-Angaben gehalten was ja eigentlich gut ist, aber diese Datenblatt-Vorgaben sind leider nur für Audio-Verstärker entwickelt worden und nicht für Gitarrenamps. Hier wird von vorneherein mit reduzierter Gittervorspannung gerechnet, diese Verstärker sind gar nicht bis Ug=0V aussteuerbar. Wer es trotzdem versucht, wird mit ekligen unschönen Verzerrungen abgestraft, siehe Dein Endstufenclipping. :devil:
Fazit:
Dein gewählter Arbeitspunkt ist für einen Amp, der Endstufenzerre bringen soll und damit auch bis Ug=0V ausgesteuert wird, vollkommen ungeeignet; Du solltest G2 drastisch reduzieren.
Mein Vorschlag:
1) Ua auf 200V reduzieren
2) Ug2 auf 100V reduzieren
Im Kennlinienfeld für Ug2=100V Lastgerade einzeichnen:
Ganz grob gerechnet:
Ia=35mA, maximaler Strom wäre etwa 70mA bei Ug=0V, Ra=5K(+/-1K), Ug1=-5,5V, Rk etwa 130 Ohm
Das müßte eigentlich funktionieren und Du hast eine gut symmetrische Aussteuerung nach beiden Seiten hin.
Grüsse
Alex
*genni*:
Vielen Dank für eure umfangreichen und interessanten Antworten (:
Ich fasse das, was ChuckBee geschrieben hat, mal zusammen mit: Andere Endstufe suchen. Zwar will ich gar kein Endstufenclipping, sondern dieser Amp soll NUR clean können, mal von extremen Einstellungen bzgl. Gain und Klangregelung abgesehen. Insofern wundert es mich doch, daß ich bereits bei 2,6Vrms (entsprechend rund 1,7W an 4 Ohm) diesen Buckel bekomme, denn ansich sollte die Röhre in der Lage sein mit diesen Betriebsparametern etwa 3,5W zu liefern bevor es clippt. Ok sagen wir 3, weil die Anpassung des AÜ's nicht spot-on ist. Aber 1,7W ...
Danke Laurent für deine Simulationen. Du hast mich überzeugt, ich bastel das Ding um auf Graetz-Gleichrichtung und verheize dann in der Siebkette die unnötige Spannung. Ich muss nur noch einmal dusselig nachfragen, auch wenn du mir das eignetlich schon beantwortet hast. Aber das Wort "lediglich" verwirrt mich, deswegen nochmal für doofe:
Mein Netztrafo kann irgend einen Strom liefern den ich nicht kenne, aber der mal ausgereicht hat für eine EL95 und eine ECC83, entsprechend rund 30mA. Die konnte er aufbringen mit EINWEGgleichrichtung. Von der wissen wir dank Hammond-Kochrezept, daß ich nur 28% des AC-Stroms entnehmen kann, sonst überfahre ich den Trafo. 28% haben also für 30mA ausgereicht. Mit Graetz kann ich jetzt 62% von Iac abgreifen. Da ich Iac nicht kenne, interpretiere ich das als 0,62/0,28=2,21 --> Ich kann rund den doppelten Strom abgreifen wie der, der im Originalgerät betriebssicher war. Also 60mA. Ja?
Wenn das so ist, dann würde ich in Summe sagen: EL84.
Ich versuch die Tage mal dazu zu kommen. Bin leider momentan ziemlich eingespannt aber sobald ne Lücke ist stricke ich den Amp mal um ...
Viele Grüße
Carsten
*genni*:
Eine Frage an ChuckBee: Trifft das beschriebene nur auf die ECL82 zu oder auch auf die anderen ECLs? Die ECL86 wäre nämlich ebenfalls interessant. Natürlich nur, wenn ich da nicht dieselben Probleme habe...
Laurent:
Moin Carsten,
Vergiss dann das Wort "lediglich" ;)
Ich stelle vielleicht die Vorteile anders:
1- Der Trafo wird weniger schwitzen, da er mehr DC-Strom liefern kann und dafür weniger arbeiten soll. Wird also besser.
2- Die Siebung wird viel besser werden, da die Kondensatoren "glätten" müssen und nicht mehr eine halbe Welle mit der Versorgung überbrücken müssen. Das ist sehr wichtig bei SE-Schaltungen und um so wichtiger, wenn du Pentoden in der Endstufe hast. Die ganzen Rippeln kommen dann im Lautsprecher.
Der vorherige Amp hatte zwar auch eine Einweg-Gleichrichtung, ist aber auch eine Weile her, dass er produziert wurde. An dieser Zeit waren vielleicht die Dioden noch teuer, keine Ahnung.
Als Fazit zum Umbau auf Brückengleichrichtung: du steigerst somit die Effizienz der Gleichrichtung und entspannst der Trafo.
Eine Sache irritiert mich aber. Du schreibst seit dem Anfang, dass der Trafo eine ECC83 und eine EL95 versorgte. Hast du überhaupt die Heizspannung gemessen? Weiß nicht mehr, ob es gefragt wurde.
ECC83 + EL85 = 600mA Heizstrom bei 6,3VAC. ECC83 + ECL82 = 300mA + 800mA = 1,2A (das Doppelte!). Es ist keine minimale Erhöhung.
Zum guter Letzt wiederhole ich mich gerne und würde vorschlagen, dass du es nicht so früh aufgibst. Versuch mal erst die Gleichrichtung umzubauen und ggf. die Spannung für G2 zu reduzieren, wie ChuckBee es vorschlägt. Ich habe die ECL82 in einem SE-Amp mit 180V und es passt. Ich erhalte ca. 2,5W Leistung. Anbei ist eine Analyse, wie das Biasing errechnet wurde.
Die EL84 wird dein derzeitiges Problem vielleicht lösen, aber anderen werden dafür erscheinen. Die Empfindlichkeit der EL84 ist viel höher als die ECL82. Sie braucht viel weniger Signalpegel am Gitter. Das bedeutet, dass um clean zu bleiben, du musst den Ausgangspegel der Endstufe dämpfen.
Dann liefert dir die EL84 keine Triode für die Endstufe. Das könnte auch ein Problem sein.
Experimentieren mit Röhren erfordert Geduld. Diese Geduld zahlt sich aber mit gutem klang aus. :)
Gruß,
Laurent
PS: Fürs Beispiel gebe ich zu, dass ich keine Oszi-Analyse gemacht habe und die ECL kommt in einem High-Gain Amp drin. Ab -4V wird das Signal laut Diagramm recht komprimiert (abgeflacht). Fürs Clean, sollte man also Vg2 weiter reduzieren, wie von ChuckBee vorgeschlagen.
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